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Urteil am Freitag

Mordprozess Bühlertal: Staatsanwalt fordert Verurteilung wegen vorsätzlichen Mordes

Im Mordprozess Bühlertal vor dem Landgericht Baden-Baden haben Staatsanwaltschaft und Verteidigung am Donnerstag ihre Plädoyers gehalten. Die Anklage fordert eine Verurteilung wegen vorsätzlichen Mordes. Die Verteidigung sieht das Mordmerkmal der Heimtücke nicht als gegeben an.

Unter großem Publikumsinteresse hat am Montag vor dem Landgericht in Baden-Baden der Mordprozess gegen einen 24-Jährigen begonnen. Er soll in Bühlertal seine Ex-Freundin ermordet haben.
Unter großem Publikumsinteresse hat am Montag vor dem Landgericht in Baden-Baden der Mordprozess gegen einen 24-Jährigen begonnen. Er soll in Bühlertal seine Ex-Freundin ermordet haben. Foto: pr (Archiv)

Im Saal des Landgerichts Baden-Baden rollten die Tränen. Der Mord an einer jungen Frau wurde verhandelt, die im vergangenen September von ihrem Exfreund in Bühlertal erwürgt wurde. Lebenslänglich forderten der Vertreter der Staatsanwaltschaft und die Anwältin der Nebenkläger, weil sie die Voraussetzungen für Heimtücke als gegeben ansahen.

Bevor die Plädoyers erfolgten, hatte das Gericht den Hinweis gegeben, dass auch eine Verurteilung wegen Totschlags in Frage komme. Doch Staatsanwalt Michael Leber argumentierte dagegen. Er forderte am Donnerstag eine Verurteilung wegen vorsätzlichen Mordes.

Schriftliche Einlassungen bleiben Leber zufolge immer etwas farblos. Darum bedauerte er, dass der Angeklagte sich der Befragung vor Gericht nicht persönlich gestellt hatte. Auch die Untersuchung durch den Sachverständigen habe eher gewirkt, als habe sich der junge Mann „alles aus der Nase ziehen lassen“.

Staatsanwalt kann sich Schulterverletzung des Opfers nicht erklären

Insgesamt schien ihm wenig glaubwürdig, was als Schilderung der Tat präsentiert wurde. Die körperliche Auseinandersetzung, bei welcher das 20-jährige Opfer zu Tode kam, sei nicht stimmig.

Der Angeklagte will das Mädchen aufs Bett geschleudert haben, wobei sie mit dem Kopf gegen die Wand schlug und nicht bewusstlos gewesen sei. Im Anschluss habe er sie gewürgt. Das alles, so der Staatsanwalt, erklärt nicht die Widerlager-Verletzung der Schulter, welche das Opfer hatte.

Obendrein sei die Frau völlig arglos gewesen, als sie kurz vor Beginn ihrer Schicht bei dem Ex vorbeischaute, um dort vereinbarungsgemäß ihre persönlichen Dinge abzuholen. Der Angeklagte, so die Einschätzung des Staatsanwalts, soll zu diesem Zeitpunkt längst den Entschluss gefasst haben, sie zu töten.

Angeklagter recherchierte auf Google nach Haftstrafen für Mord

Dafür sprachen unter anderem drei Google-Recherchen des Angeklagten, in denen er sich darüber kundig gemacht hatte, welche Haftstrafe für Mord drohe. Vor, nach und während dieser Recherchen habe er mit Freunden und seiner Schwester gechattet. Thema war dabei wohl immer die gescheiterte Beziehung mit der Getöteten.

Insofern hält Staatsanwalt Leber die Angabe des Angeklagten, er habe eine Fernsehsendung über Inhaftierte in den USA gesehen und sich deshalb für das gesuchte Strafmaß interessiert, für nicht glaubwürdig.

Weder an den Namen des Formats noch an den Sender habe er sich erinnern können. Um diese Einlassung zu belegen beziehungsweise zu entkräften, hatte das Schwurgericht rückwirkend das damalige Fernsehprogramm überprüfen lassen. Dabei kam nur eine Sendung auf dem Sender Welt in Frage, die vor der Internet-Recherche ausgestrahlt wurde.

Mit dieser während des Verfahrens erlangten Erkenntnis habe er sich gegenüber dem hinzugezogenen Sachverständigen schließlich konkret geäußert, so dass der Staatsanwalt hierin ein abgestimmtes Einlassungsverhalten sah. Nur sei der eigentliche tiefe Beweggrund nicht klar geworden.

Verteidiger sieht keine Heimtücke

Der – so argumentierte Nebenklagevertreterin Katrin Behringer – liege für sie auf der Hand. Das Opfer sei ein außergewöhnlicher Mensch gewesen, wie die Zeugen bestätigt hatten. Auch der Angeklagte hatte sie als „cooles Mädchen“ beschrieben. Sie zu verlieren, habe er offenbar nicht ertragen können. Seiner Schwester soll er geschrieben haben, dass er bald wieder mit seiner Ex vereint sei.

Strafverteidiger Gerhard Bräuer sah das Mordmerkmal der Heimtücke allerdings nicht als erfüllt an. Er verwies auch auf den vom Angeklagten angestrebte Täter-Opfer-Ausgleich, der jedoch gescheitert war.

Das Urteil wird an diesem Freitag um 15 Uhr im Landgericht Baden-Baden, Saal 118, erwartet.

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