Die Nachricht sorgte für große Aufregung, und die Carsharing-Anbieter reagierten außerordentlich gereizt. Der Süddeutschen Zeitung wurde eine Studie der Unternehmensberatung A.T. Kearney zugespielt. Angeblich soll sich das „Geschäftsmodell mit rasierklingendünnen Margen“ in den allermeisten deutschen Städten überhaupt nicht rechnen. Stattdessen würden die Carsharing-Autos das Verkehrsproblem verschärfen und für Staus und übervolle Parkplätze sorgen. Keine Spur also von einer sinnvollen Verkehrswende.
Die Studie ist sachlich falsch
Auch in Bühl gibt es Carsharing. Die Stadtmobil Südbaden AG mit Sitz in Freiburg hat mit Unterstützung der Stadt für ihre Kunden ein Auto am Bahnhof bereitgestellt. „Die Studie ist ärgerlich, und sie ist sachlich falsch“, erklärt Geschäftsführerin Monika Schwinkendorf auf Anfrage dieser Zeitung.
„Zu unserem großen Leidwesen wurde sie publiziert. Es ist eine Katastrophe, dass die Presse das Thema aufgegriffen hat. Unser Bundesverband hat mit einer Pressemitteilung reagiert, um die Fehler richtig zu stellen.“
Schwinkendorf bezieht sich auf diese Pressemitteilung, wenn sie betont, dass das Papier der Unternehmensberatung keine Darstellung des deutschen Carsharing-Marktes sei. „Es handelt sich vielmehr um eine Auseinandersetzung mit ShareNow, dem Carsharing-Angebot der beiden Automobilkonzerne Daimler und BMW, sowie den ähnlich gelagerten Nachfolgeprodukten der Konzerne Volkswagen (WeShare) und Sixt (Sixt share)“, zitiert sie.
Carsharing-Auto in Bühl ist stationsgebunden
Die von A.T. Kearney gezogenen Schlüsse bezüglich der Entlastungswirkung des Carsharing würden auf diese Anbieter möglicherweise zutreffen, räumt sie ein, nicht aber auf die übrigen rund 170 Carsharing-Anbieter in Deutschland.
„Im Gegensatz zu uns sind diese Freefloating-Carsharer nicht stationsgebunden“, berichtet Schwinkendorf. Die Autos bleiben dort stehen, wo der letzte Kunde sie abstellt. „Die Anbieter müssen die Fahrzeuge anschließend einsammeln“, sagt Schwinkendorf. „Das kann nicht wirtschaftlich sein. Wir werden auch nicht reich, aber wir arbeiten wirtschaftlich und nachhaltig.“
In der Großstadt funktioniert das selbstverständlich besser
Jörg Zimmer ist innerhalb der Stadtverwaltung Bühl für den öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) und die Kontakte zum Freiburger Carsharinganbieter zuständig. „Die Zusammenarbeit ist gut“, sagt er. „Das Unternehmen erhält aber keine kommunalen Subventionen.“
Im Hinblick auf den flächendeckenden Erfolg des Carsharings im ländlichen Raum ist Zimmer aber skeptisch. „In der Großstadt funktioniert das selbstverständlich besser“, erklärt er. „Wegen der geringen Nachfrage gibt es in Bühl auch nur ein Carsharing-Auto, in kleineren Gemeinden steht gar keines.“
Im ländlichen Raum fehlen die Nutzer
Carsharing und ÖPNV haben aber im ländlichen Raum nach Ansicht von Zimmer dasselbe Probleme. „Ein großstädtisches System lässt sich bei uns nicht wirtschaftlich aufbauen, weil schlichtweg die Nutzer fehlen“, meinte er. „Selbst wenn wir beispielsweise für Neusatz sehr eng getaktete Citylinien nach Bühl anbieten würden, kämen die Leute nicht nach Rastatt oder Offenburg, wenn sie dort Dinge erledigen müssen. Also brauchen sie ein Auto, und das nutzen sie dann auch für die Fahrt nach Bühl.“
Dennoch ist Carsharing nach Auffassung von Zimmer sinnvoll, allerdings nur für ein bestimmtes Publikum. Aus seiner Sicht ist es seriös und wirtschaftlich, dass Stadtmobil Südbaden in Bühl nur ein Fahrzeug anbietet. „Den besten Blick auf die Nachfrage haben die Anbieter selbst“, meint er.