Von Stefan Friedrich
„Es war schon immer so, dass unsere Branche von Krisen profitiert“, sagt er: Boomt die Wirtschaft, dann leisten sich die Menschen eher ein neues Auto oder einen ausgedehnten Urlaub, als Pflanzen zu kaufen und sich um den eigenen Garten zu kümmern.
„Wenn das nicht geht und die Leute zuhause bleiben müssen, dann wollen sie es sich dagegen schön machen“, so Krieger. Genau dann schlage die Stunde der Pflanzenfachgeschäfte. So auch in diesem Jahr unter dem Eindruck von Corona. Nicht nur das Interesse an Hochbeeten ist groß. Er habe auch schon gehört, „dass die Nachfrage nach kleinen Schrebergärten gestiegen ist“.
Ein Grund, weshalb Setzlinge aktuell so begehrt sind, dass Gärtner sie schon viel früher verkauft haben, als eigentlich üblich. „Normalerweise wartet man schon, bis sie eine bestimmte Stärke und Größe haben“, erklärt Krieger.
Es war schon immer so, dass unsere Branche von Krisen profitiert.Helmut Krieger, Betreiber eines Pflanzenfachgeschäfts
Für Pflanzenfachgeschäfte bedeutet das: mehr Arbeit bei gleichem Personal, aber auch mehr Umsatz. Bei ihm liegt das Plus bislang „im deutlich zweistelligen Bereich“, so Krieger. Die andere Seite der Medaille ist aber: Nicht nur bei ihm, sondern auch auf den Großmärkten, von denen die Setzlinge bezogen werden, gibt es kaum noch Ware.
„Wir haben uns sonst immer so eingedeckt, dass man auch im Juni noch einzelne Sachen verkaufen konnte“, verrät Krieger; in diesem Jahr sei es selbst für ihn schwierig geworden, frische Ware zu beschaffen. Was derzeit überhaupt noch an Setzlingen verfügbar ist, das sei eher „kleine Ware“, die die Großhändler früher lieber als Kommissionsware herausgegeben hätten, „bevor sie sie ganz wegwerfen müssen“.
Nun bestimmt auch hier das Angebot den Preis. Vor allem bei den Gemüsesetzlingen gebe es in diesem Frühjahr einen deutlichen Nachfrageüberhang: Setzlinge von Gurken, Tomaten oder Auberginen seien besonders rar geworden. Anders als beispielsweise Kürbisgewächse oder Zucchini – „da kann man relativ schnell noch Samen legen und die kommen dann auch innerhalb von ein oder zwei Wochen“ – benötigen solche Setzlinge eine gewisse Zeit, soweit heranzuwachsen, dass sie in den Garten gepflanzt werden können.
Gärtner haben viel früher verkauft, als eigentlich üblich
Meist beginne die Aussaat schon im Februar, übrigens nicht nur bei den Fachleuten, sondern oft auch zuhause auf der Fensterbank, wenn die Leute ihre Pflanzen selbst ziehen, weiß Krieger. Wer also denkt, dass aktuell noch Setzlinge wie Gurken oder Tomaten nachproduziert werden, um die hohe Nachfrage bedienen zu können, der irrt. „Das Risiko ist zu hoch“, so Krieger. „Das geht keiner mehr ein.“ Zumal die Pflanzen schon jetzt gesetzt werden sollten.
Nach den Eisheiligen sei dafür der perfekte Zeitpunkt. „Bei uns am Ort war das früher sogar so, dass vor den Eisheiligen eigentlich gar keine Ware herausgegeben wurde.“ Erst, als Baumärkte und branchenfremde Anbieter auf den Markt kamen, hat sich das geändert.
Nicht immer zum Vorteil der Kunden: Wer sich zu früh mit Setzlingen eingedeckt und diese längst gesetzt hat, wird womöglich eines schon bemerkt haben: „Die Pflanzen stehen nur da und kämpfen ums Überleben.“ Krieger findet das bedauerlich, weil sich viele Hobbygärtner in solchen Momenten fragen, was sie falsch gemacht haben und ob sie das Gärtnern besser lassen sollten.