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100.000 unterzeichnen Petition

Auch in Ettlingen fordern Friseure wegen Corona die Schließung von Salons

Abstandhalten ist in ihrem Job unmöglich: Friseure kommen ihren Kunden bei der Arbeit so nah wie nur wenige andere Berufsgruppen. Deshalb fordern Friseure in einer Online-Petition die Schließung von Friseursalons. Inhaber fürchten um ihre Existenz.

Ob beim Waschen, Schneiden oder auch beim Föhnen: Die Einhaltung des in Zeiten von Corona empfohlenen Mindestabstands von 1,5 Metern zu den Kunden ist im Friseurberuf unmöglich.
Ob beim Waschen, Schneiden oder auch beim Föhnen: Die Einhaltung des in Zeiten von Corona empfohlenen Mindestabstands von 1,5 Metern zu den Kunden ist im Friseurberuf unmöglich. Foto: None

Abstand zum Kunden halten ist in ihrem Job unmöglich. Deshalb fordern Friseure in einer Online-Petition die Schließung von Friseursalons. Inhaber fürchten um ihre Existenz.

Ob beim Haare waschen, beim Augenbrauen zupfen oder beim Bartschneiden: Friseure kommen ihren Kunden bei der Arbeit so nah wie nur wenige andere Berufsgruppen. Als umso größeren Hohn empfinden es deshalb viele von ihnen, dass die Bundesländer als Maßnahme zur Eindämmung des Coronavirus die Schließung der meisten Geschäfte angeordnet haben, die Friseursalons aber als Einrichtungen des täglichen Bedarfs weiter geöffnet bleiben.

Verdi fordert Schließung von Friseursalons wegen Corona

Sie müssen weiter arbeiten, obwohl der von den Gesundheitsämtern empfohlene Mindestabstand von eineinhalb Metern zu anderen Menschen dort bei Weitem nicht eingehalten werden kann. Mit einer Online-Petition, die bis Freitagabend schon knapp 100.000 Menschen unterzeichnet haben , wehren sie sich. Auch die Gewerkschaft Verdi fordert inzwischen die Schließung der Salons und gleichzeitig finanzielle Hilfen für die selbstständigen Ladenbesitzer.

Wenn ich schließe, habe ich
überhaupt keine Einnahmen mehr.Andy Brädle, Inhaber eines Ettlinger Friseursalons

Mundschutz und Desinfektionsmittel sind kaum zu bekommen

Gerade für Inhaber kleinerer Salons würde eine mehrwöchige Schließung den Ruin bedeuten, macht Nicola Ciaccio aus Ettlingen deutlich. Seit sechs Jahren betreibt der 52-Jährige seinen Friseursalon in der Thiebauthstraße zusammen mit seiner Frau und seiner Tochter.

Er habe selber Angst vor dem Virus, sagt Ciaccio, „aber ich will auch mein Geschäft nicht verlieren“. Gerne würde er sich und die Kunden besser schützen, aber Mundschutz und Desinfektionsmittel habe er nirgends bekommen.

Landtag macht Weg frei für finanzielle Hilfen

„Zum Glück haben wir die Handschuhe“, sagt er. An seinem Betrieb hänge das Einkommen der ganzen Familie, die schwangere Tochter eingeschlossen. „Ich muss mein Haus abbezahlen“, erklärt Ciaccio, „wenn ich jetzt zumache, kriege ich keine Hilfe vom Staat.“

Tatsächlich hat der baden-württembergische Landtag am Donnerstag den Weg frei gemacht für ein milliardenschweres Corona-Soforthilfeprogramm, das auch einen Härtefallfonds für kleine Unternehmen und Selbstständige umfasst. Inwiefern und ob sie am Ende davon profitieren, ist den Friseuren aber noch nicht klar.

Wir werden wie Kanonenfutter verheizt.
Friseurin aus dem Raum Ettlingen

Während die Inhaber der Salons zwiegespalten sind zwischen der Angst vor dem Virus und der Furcht, ihre einzige Einnahmequelle zu verlieren, fühlen sich die Angestellten machtlos. „Wir werden wie Kanonenfutter verheizt“, sagt eine Friseurin aus dem Raum Ettlingen, die namentlich nicht genannt werden möchte.

Bis vor wenigen Tagen hat sie in einem Salon gearbeitet, in dem in diesen Tagen sogar noch mehr los war als sonst – als sie ihren Unmut ihrer Chefin gegenüber äußerte, wurde sie gefeuert.

Verständnis für Situation der Selbstständigen

Die Existenzängste der Selbstständigen kann sie verstehen, dennoch sieht sie keine andere Möglichkeit, als die Salons zu schließen. Aus Rücksicht auf die Angestellten und die Kunden, die dort einer hohen Ansteckungsgefahr ausgeliefert seien.

Viele Kunden hätten den Ernst der Lage noch nicht erkannt. „Da kamen Mütter mit ihren Kindern, ältere Menschen, als ob nichts wäre“, sagt sie.

Zur Übertragung des Virus braucht
es ja nur ein Husten, ein Niesen.

„Man sollte sich mal in unsere Lage versetzen“, fordert ein Angestellter aus einem anderen Ettlinger Friseursalon. Alle seine Kollegen hätten sich schon der Online-Petition der Friseure angeschlossen. Verschärfte Hygienemaßnahmen, wie sie die meisten Salons ergriffen haben, seien zwar schön und gut, „aber zur Übertragung des Virus braucht es ja nur ein Husten, ein Niesen. Ich finde, wir sollten schnellstmöglich schließen.“

überhaupt keine Einnahmen mehr.

Kurzarbeit als Übergangslösung für Ettlinger Friseure

Patrick Reiser, der einen Salon in der Albstraße betreibt, bietet aus Vorsicht keine Handmassagen mehr an, außerdem werden keine Bärte mehr geschnitten und Wimpern gefärbt: „Alles, was den Schleimhäuten zu nah kommt, fällt weg.“

Der Kundenbetrieb sei in den vergangenen zwei Wochen ohnehin zurückgegangen: „Wir haben 50 bis 60 Prozent weniger.“ Wenn das noch zwei Wochen so weiter gehe, müsse er Kurzarbeit beantragen und im nächsten Schritt Fördergelder. „Man weiß nicht, wie es weitergeht, weil die Bundesregierung von Tag zu Tag entscheidet“, kritisiert er.

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