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Stornierungen im Minutentakt

Waldbronner Hotels hoffen auf finanzielle Hilfen und die Zeit nach Corona

So etwas habe sie noch nie erlebt. Genau ein Gast tauchte heute Morgen im Frühstücksraum auf. Ein Bild, an das sich nicht nur Stefanie Müller vom Weinhaus Steppe in Waldbronn gewöhnen muss – und das wahrscheinlich über Wochen. Auch andere Hotels in Waldbronn, Ettlingen und Karlsruhe sind besorgt, wie sie die gästefreie Phase überstehen sollen.

Die hellen Räumlichkeiten bieten sich ideal als Veranstaltungsort für unvergessliche Feierlichkeiten an.
Die hellen Räumlichkeiten bieten sich ideal als Veranstaltungsort für unvergessliche Feierlichkeiten an. Foto: Privat

Von Klaus Müller

Da mögen die Appelle der Politik noch so gut gemeint sein. Da mag die Aussicht nach finanzieller Unterstützung, das Jonglieren mit Milliardenbeträgen, wie es derzeit so manche Politiker gerne tun, noch so wohlwollend gemeint sein, am Ende – um das reale Bild wieder aufzugreifen – werden die Frühstücksräume vorerst leer bleiben.

Absagen im Minutentakt

Längst nehmen die Verantwortlichen in den Hotels und im Gastronomiegewerbe kein Blatt mehr vor den Mund, wenn sie über Corona und dessen Auswirkungen auf ihre Branche sprechen. So jedenfalls lässt sich das Ergebnis einer BNN-Befragung bei Hotelbetrieben in der Region zusammenfassen.

Das nicht gebuchte Zimmer bekommen wir nie wieder zurück.
Stephan Bode, Hotel Schwarzwald Panorama

Den Ernst der Lage fasst Stephan Bode, Geschäftsführer vom Hotel Schwarzwald Panorama in Bad Herrenalb, zusammen: „Wir können unser Produkt nicht einfach an einem anderen Tag verkaufen. Was weg ist, ist weg. Das nicht gebuchte Zimmer, die nicht gebuchte Veranstaltung bekommen wir nie wieder zurück.“

Von Absagen fast schon im Minutentakt, von Stornierungen von Tagungen, Betriebsfeiern oder Familienfesten (und das jetzt schon bis in den Mai hinein) sprechen nicht nur Bernhard Zepf, Chef des Ettlinger Erbprinz, und Johannes Rupp, Geschäftsführer im Schwitzer’s Hotel am Park in Waldbronn.

Kompensieren ließen sich die damit verbundenen und für immer verlorengegangenen Umsätze nicht. „Wir laufen mit halber Kraft – noch“, meint Zepf. Und über eines sind sich die Hotelbetreiber auch im Klaren: Es könnte noch heftiger kommen, spätestens dann, wenn von der Regierung aus jedwelches öffentliche Leben – zum Beispiel der Besuch einer Gaststätte oder der Urlaub in einem Hotel – untersagt wird. Entsprechende Überlegungen hat die Landesregierung übrigens schon konkretisiert.

Kündigungen vermeiden

Die Einschnitte werden heftig, meint Bode. Mehr noch. Der Hotelier rechnet sogar mit einem „Sterben kleinerer Betriebe“. Wichtig, und darüber sind sich alle einig, ist es, das vorhandene Personal, wenn irgendwie möglich – vielleicht auch mit Abstrichen – zu halten . Alles andere wäre ohnehin kontraproduktiv.

Eins dürfte sicher sein: Bei der Coronakrise handle es sich um kein „Endzeitszenario“. Das alles werde vorbeigehen und dann „brauchen wir wieder unsere guten Leute“, so Bode. Genauso sieht es Stefanie Müller vom Weinhaus Steppe.

Die gegenwärtigen Sorgen bleiben dennoch – verbunden mit Hoffnung. „Auf die Zeit nach Ostern“, sagt Rupp vom Schwitzer’s. Irgendwann müsse es wieder besser werden. Zudem gebe es unterm Dach von Schwitzer’s ja noch das Bistro und die Brasserie. Hier hielten sich die Rückgänge in Grenzen.

Und wenn nun von politischer Seite alles dicht gemacht wird? Vieles ist möglich. Fast stündlich ändern sich die von der Politik gemachten Vorgaben. Für Stefanie Müller und viele andere in ihrer Branche ein Unding. „Was wir jetzt brauchen, sind klare Vorgaben und nicht irgendwelche allgemeinen Äußerungen und Forderungen, die sich in der nächsten Stunde schon wieder ganz anders anhören.“

Flexible und schnelle Lösungen

Die Branche braucht klare Zusagen – nicht „milliardenschwere Versprechen“ vor laufenden Kameras und in Polittalkshows. „Wie wird uns konkret geholfen? Wie läuft das ab? An wen können wir uns wenden? Greifen Hilfen, zum Beispiel die Stundung von Steuern, die flexible und schnelle Umsetzung von Kurzarbeit, auch wirklich schnell und unbürokratisch? “ Im Nachhinein, Monate später, ließe sich eben nicht mehr viel regeln – da könne es oftmals zu spät sein.

Auf Zusammenhalt, wie immer der aussehen mag, setzt die Hotelbranche. Vielen geht es jetzt schon schlecht. Und sie sprechen darüber.

Andere Hotels halten sich – warum auch immer – bedeckt, wie die Antwort auf eine entsprechende BNN-Anfrage beim Radisson Blu Hotel Karlsruhe Ettlingen ergab: „Die Radisson Hotel Group gibt grundsätzlich keine Bewertungen zu einzelnen Häusern oder Märkten über Buchungsstände und kommerzielle Folgen der Covid-19 Erkrankungen ab. Wir verfügen über ein engagiertes globales Team, das regemäßig die Situation zur Entwicklung von Covid-19 überwacht“, lässt die Pressestelle der Hotel-Kette verlauten.

Hoffnung auf einen Boom nach Corona

Bei all den dunklen Coronawolken, die den Frühlingshimmel verdunkeln, könnte es einen kleinen Hoffnungsschimmer geben: Nach Corona, so die Hoffnung nicht weniger Hotels, wollen die Deutschen ja wieder echten Urlaub machen – am besten im eigenen, dann hoffentlich wieder „Corona-freien Land“. Davon könnte die Branche profitieren – vielleicht.

Vorhersagen, so der Tenor unter den befragten Hotelchefs, ließe sich derzeit nichts. Was bleibt, ist abzuwarten und zu hoffen, dass die Politik ihre vollmundigen Versprechen hält. Sonst wird es demnächst nicht nur leere Frühstücksräume geben, sondern auch solche, die für immer geschlossen bleiben.

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