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Ettlingen-Bruchhausen

Zwischen Hühnerstall und Uni: Marius Papp aus Ettlingen ist Feierabendlandwirt

Morgens in den Hühnerstall, dann ab an die Uni, abends wieder in den Stall: Marius Papp aus Ettlingen-Bruchhausen schafft diesen Spagat. In spätestens zwei Jahren will er Doktor der Agrarwissenschaften sein, seine Hühnerfarm aber weiter betreiben.

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Hahn im Korb: Der 29 Jahre alte Feierabendlandwirt Marius Papp aus Ettlingen-Bruchhausen, der eine Hühnerfarm hat und gleichzeitig an seiner Doktorarbeit schreibt. Foto: Bentz

„Frische Ettlinger Freilandeier“ steht in großen Buchstaben auf dem Kundenstopper bei der Christkönigkirche in  Karlsruhe. Dort verkauft Marius Papp jede Woche Ware vom Geflügelhof Günth – Hähnchenfleisch, Entenbrust, Teigwaren. Nicht nur das : Der 29-Jährige hat immer auch Paletten mit Hunderten von Eiern dabei, die von seinen eigenen rund 1.200 Hühnern stammen. Seit eineinhalb Jahren betreibt der junge Feierabendlandwirt eine Hühnerfarm in Ettlingen-Bruchhausen. Und hat noch einen weiteren Beruf: Doktorand an der Uni Hohenheim.

Montags bis freitags tauscht Pappdie morgendliche Stallkluft zügig in gepflegtes Bürooutfit und fährt an die Uni Hohenheim, wo er als wissenschaftlicher Mitarbeiter tätig ist und in Agrarwissenschaften promoviert. Um was es in seiner Doktorarbeit geht? Kurz zusammengefasst um eine spezielle Getreidezüchtung, bei der durch ein Enzym Phosphor freigesetzt wird, das man dem Tierfutter dann nicht mehr mineralisch zusetzen muss, erzählt  Marius Papp. Der Vorteil: „So lässt sich der lebenswichtige Rohstoff Phosphor einsparen.“ Denn der wird weltweit immer knapper.

Die Idee einer eigenen Hühnerfarm kam Marius Papp, nachdem er in Hohenheim sein Studium mit dem Master beendet hatte. Schon zu dem Zeitpunkt verband ihn mit Sabine Günth, Tochter von Haupterwerbslandwirt Thomas Günth in der Nachbarschaft, eine persönliche Beziehung. Vater Günth stand dem Junglandwirt entsprechend beratend zu Seite.

Ackerland angepachtet und gekauft

Um das Projekt zum Laufen zu bringen, pachtete Papp zunächst mal zwei Flurstücke an und kaufte eines dazu: ein halber Hektar reine Fläche für die Hühnerfarm und neun Hektar Ackerland. Letztgenanntes braucht er, weil „ich die Hälfte meines Futters für die Hühner selbst erzeugen muss“. Also baut Marius Papp auch noch verschiedene Getreide an, die an die Zentralgenossenschaft (ZG) in Malsch gehen.

Die Gespräche mit der Bank waren nicht einfach.
Marius Papp

Für den geplanten Stall mussten Strom- und Wasserleitungen gelegt werden, hinzu kamen die Kosten für die eigentliche Hühnerherberge, die aus Fertigteilen errichtet wurde und neben dem Stall einen großen Wintergarten umfasst. „Die Gespräche mit der Bank über eine Finanzierung waren nicht einfach“, erzählt Marius Papp und „ohne die Unterstützung meiner Eltern wäre es nicht gegangen“.

Die sprangen in die Bresche, so dass der Sohn die 100.000 Euro teure Investition stemmen konnte. Auch so manche bürokratische Hürde auf dem Weg zum Hühnerhof überwand man gemeinsam. Aber: „Das war keine leichte Zeit“.

Das war keine leichte Zeit.
Auf dem Weg zum eigenen Hühnerhof musste Papp einige bürokratische Hürden überwinden.

Papp hält seine Hühner artgerecht. Legebatterie? Fehlanzeige. Jedes Tier hat mehr als die vier Quadratmeter vorgeschriebenen Auslauf in einem eingezäunten Freigelände. Seine Junghennen bekommt er im Alter von 18 Wochen von einem Erzeuger. Wenn sie 20 Wochen alt sind, legen sie die ersten Eier. Auf den „Hahn im Korb“ verzichtet der Jungunternehmer ganz bewusst: „Hähne sind eher stressig, nicht nur, weil sie krähen“. Er orientiere sich hier an Profi Günth, der auch keinen einzigen Hahn im Bestand habe.

Am Ende landen die Hühner im Suppentopf

Die Hennen bleiben etwa ein Jahr auf der Bruchhausener Farm und jede von ihnen legt in dieser Zeit rund 300 Eier. Dann ist der Stall dreckig, die Herde kommt raus und wird nach einer Generalreinigung durch eine neue Herde ersetzt.Das Schicksal der „Alten“ ist besiegelt: Sie werden abgeholt und zu Suppenhühnern verarbeitet.

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Damit hat Papp nichts zu tun, wohl aber mit dem Reinemachen und Desinfizieren – eine Kärrnerarbeit. Mit zwei Traktoren verzieht er regelmäßig den mobilen Stall auf dem Gelände, lädt Kot aus der Grube auf und bringt ihn als Dung auf seinen Ackerflächen aus. Papps Hühner, die sich tagsüber gern im Freien oder im Wintergarten aufhalten und dort Abwechslung an Picksteinen, Tränken und im Sandkasten finden, gehen, sobald es dunkel wird, in ihren Stall zurück.

Der war wie in einem Blutrausch.
20 Hühner riss ein Fuchs im vergangenen Jahr.

Die Belieferung der Tiere mit Futter erfolgt genauso automatisch wie das Einsammeln der ins Nest gelegten Eier. Bevor die den Hof verlassen, werden sie durchleuchtet, gewogen und gestempelt: Auf jedem Ei steht für eine mögliche Rückverfolgung die Betriebsnummer und die Zahl 08 für Baden-Württemberg. Morgens und abends schaut Marius Papp im Stall nach dem Rechten „Ich klopfe vorher immer an, um die Tiere nicht zu erschrecken“, erzählt er. Die Hühner kommen dann angeflattert, neugierig auf den Gast. Jedes Vierteljahr macht der Tierarzt „Hausbesuch“, um beispielsweise Salmonellenproben zu nehmen.

Der Fuchs riss voriges Jahr 20 Hühner

Voriges Jahr bereitete dem jungen Landwirt vor allem einer Kummer: ein Fuchs, der 20 seiner Hühner riss. „Der war wie in einem Blutrausch“. Ein Elektrozaun habe den Räuber nicht abgeschreckt, so dass Marius Papp eine weitere Absperrung ums Gelände errichten musste. „Jetzt herrscht Ruhe“.

Mit dem Verkauf von Eiern – egal ob an einen größeren Hof oder direkt auf dem Markt – „kann man nicht reich werden“, meint der Doktor in spe. Weil der Verbraucher zwar umdenke und danach frage, wie die Tiere gehalten würden, „aber nicht jeden Preis bezahlt“.

Mit dem Verkauf von Eiern kann man nicht reich werden.
Papp

Auch deshalb strebt Papp zur Tätigkeit in der Landwirtschaft eine Festanstellung an, beispielsweise in einer Behörde oder Forschungsanstalt, sobald er sich „Dr. sc.agr.“ nennen darf. Also bis in spätestens zwei Jahren. Den Hühnerstall will er auf jeden Fall behalten, „auch wenn’s schwierig ist, mal spontan einen freien Tag zu machen“. Zum Glück habe er die Hilfe von Freundin Sabine, die ebenfalls im Geflügelgeschäft bleiben und den elterlichen Hof übernehmen will.

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