Die Gemeinden Gaggenau, Kuppenheim und Bischweier wollen das „eWayBW“-Projekt im Murgtal in seiner jetzigen Planungsform verhindern. Das geht aus einer gemeinsamen Pressemitteilung ihrer Bürgermeister hervor. Das Konzept für den Test von Oberleitungs-Lkw kritisieren die Rathauschefs als „nicht akzeptabel“.
Sie werfen dem Regierungspräsidium Karlsruhe mangelnde Absprachen vor. Kern ihrer Kritik ist die voraussichtliche Bauzeit von 33 Wochen. Die betroffenen Kommunen rechnen mit massiven Verkehrsbehinderungen. Das Projekt mit Oberleitungen zwischen Kuppenheim und Gernsbach ist im Murgtal hoch umstritten.
Am Dienstag hatten sich Vertreter des Regierungspräsidiums, der Gemeinden und der beteiligten Firmen zum Austausch getroffen. Im Anschluss gab die Karlsruher Behörde eine Pressemitteilung heraus. Demnach sollen die Oberleitungen ab Juni in zwei Bauabschnitten installiert werden. Gesamtdauer: 33 Wochen. So lange wird in beide Richtungen nur eine Fahrbahn offen sein.
Kommunen kritisieren Regierungspräsidium
Die Kommunen sind darüber entsetzt. „Es ist für uns unerklärlich, wie unmittelbar nach einem nicht-öffentlichen Treffen ohne Absprache mit uns als Betroffene die Öffentlichkeit einseitig informiert werden konnte“, heißt es in der Mitteilung.
Die Bürgermeister Christof Florus (Gaggenau), Karsten Mußler (Kuppenheim) und Robert Wein (Bischweier) betonen darin, sie hätten erst bei dem Treffen mehrere neue Fakten erfahren.
Es sei „nicht akzeptabel, dass im gleichen Zuge auch eine Presseberichterstattung folgt.“ Dies suggeriere, „dass wir als Verantwortliche die Bauplanungen mitragen.“
Bauzeit von 33 Wochen
Bis Dienstag rechneten die Rathauschefs nach eigenen Angaben mit einer Bauzeit von 20 Wochen. Nun geht es um 33 Wochen – obwohl der Streckenabschnitt verkürzt worden war. Der Gaggenauer Gemeinderat hatte das Projekt abgelehnt .
„Erstmals war am Dienstag davon zu hören, dass die Bauarbeiten mit Vollsperrungen verbunden sind“, teilen die Gemeinden mit: „Auch davon war bislang nie die Rede.“
Gemeinden vermissen Absprache
Ferner hätten die Bürgermeister in der Sitzung kritisiert, dass die Auftragsvergabe mit definiertem Baubeginn im Juni 2020 „ohne ein durchdachtes Umleitungskonzept und klare Absprachen mit den betroffenen Kommunen nicht hätte erfolgen dürfen.“
Zudem fänden zahlreiche bereits heute bekannte Baustellen in Kuppenheim, Muggensturm, Rastatt und Haueneberstein in den Planungen keine Berücksichtigung.
Massive Verkehrsbehinderungen
„Ebenso inakzeptabel ist die Vollsperrung am neuralgischen Punkt in Höhe des Unimog-Museums“, heißt es weiter. Man könne Bad Rotenfels und Kuppenheim nicht über zwei Wochen die Durchfahrt des Lkw-Verkehrs aus dem Murgtal zumuten.
Konzeptwettbewerb
Batterie gegen Oberleitung: Unter dieser Überschrift steht der Konzeptwettbewerb zweier Antriebsarten für Lkw, der im Murgtal stattfinden soll. Dazu will das Land zwischen Kuppenheim und Gernsbach das „eWayBW“-Projekt mit Oberleitungs-Lkw realisieren. Die Lastwagen können über die Oberleitungen Strom beziehen. Gleichzeitig lädt eine Batterie, die dem Lkw eine emissionsfreie Weiterfahrt nach Beenden der Oberleitung ermöglicht. Bereits seit 2019 setzt die Firma Logistik Schmitt einen Benz eActros im Pendelverkehr ab ihrem Lager in Ötigheim ein. Der batteriebetriebene 25-Tonner fährt täglich 168 Kilometer. Beim Be- und Entladen im Lager hängt er rund 30 Minuten am Strom. Seine Reichweite beträgt laut Daimler ohnehin bis zu 200 Kilometer.
Bereits am 12. Februar habe man bei einer Besprechung im Landratsamt festgestellt, dass das Land parallel Arbeiten an möglichen Umleitungsstrecken plane: „Dies würde die verkehrliche Situation noch weiter verschärfen.“
Wenn die bisherigen Zusagen nicht mehr gelten, sehen wir keine Möglichkeit mehr, das Projekt zu unterstützen.
Bislang hatten die Gemeinden das Projekt mitgetragen – nun nicht mehr. „Die neue Faktenlage und vor allem, wie wir darüber informiert wurden, ist für uns nicht akzeptabel“, schreiben die Rathauschefs.
Diese Verkehrsbehinderungen könne man den Bürgern nicht zumuten – „zumal das Projekt in der Bevölkerung sehr kritisch gesehen wird.“ Wenn die bisherigen Zusagen nicht mehr gelten, „sehen wir keine Möglichkeit mehr, das Projekt zu unterstützen.“
Kommunen stellen Forderungen
Weitere Gespräche mit den zuständigen Behörden seien vorstellbar. Man erwarte dabei aber „fundierte Ausarbeitungen“ zu Bauzeitverkürzungen und einem Umleitungskonzept.
Andernfalls, teilen die Kommunen mit, „sehen wir uns leider gezwungen, das Projekt mit den uns zur Verfügung stehenden Mitteln zu verhindern.“
Das Regierungspräsidium Karlsruhe war für eine Stellungnahme bislang nicht zu erreichen.