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Arsen und Quecksilber im Boden

Abriss auf dem Pfleiderer-Areal in Gernsbach vor dem Start

Die Abriss-Arbeiten auf dem Pfleiderer-Areal in Gernsbach steht offenbar kurz bevor. Bis März soll die Maßnahme beendet sein, heißt es beim Rastatter Naturschutzamt. Unterdessen veranschlagen Experten Kosten von bis zu 25 Millionen für Entgiftung des Bodens. Der Investor will dafür aber nur einen Bruchteil in die Hand nehmen.

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Gernsbacher Zankapfel: Die Neugestaltung des Pfleiderer-Areal sorgt seit Jahren für Diskussionen in der Papiermacherstadt. Naturschützer und eine Bürgerinitiative kritisieren das Vorgehen der Stadt. Auf dem mit Chemikalien belasteten Gelände sollen Wohnungen und zwei Einkaufsmärkte entstehen. Foto: N/A

Die artenschutzrechtlichen Untersuchungen für die Neugestaltung des Pfleiderer-Areals in Gernsbach sind abgeschlossen. Die Untere Naturschutzbehörde hat die naturschutzrechtliche Genehmigung zum Abriss der Gebäude erteilt. Wie aus einem Schreiben des Rastatter Naturschutzamtes an CDU-Stadtrat Stefan Eisenbarth hervorgeht, sollen die Arbeiten bereits im März beendet sein.

Beim Abbruch der Verschalung in den alten Hallen habe man keine Fledermaus-Spuren entdeckt . An dem Bauvorhaben war in den vergangenen Monaten wiederholt Kritik laut geworden. Auf dem Pfleiderer-Areal, einer Industriebrache an der Murg, sollen Wohnungen und zwei Einkaufsmärkte entstehen.

Und was ist mit dem Hochwasserschutz?

Um dem Artenschutz gerecht zu werden, habe man geregelt, dass der Abbau der Verschalungen an den Gebäuden vor Beginn der Winterruhe bis Ende Oktober beendet werden müsse, heißt es aus dem Landratsamt.

Stefan Eisenbarth (CDU) wirft der Stadtverwaltung eine intransparente Planung vor. In einer E-Mail an die BNN schreibt er: „Haben die Gernsbacher Bürger und der Gemeinderat nicht das Recht, zu erfahren, wann die Abrissarbeiten auf dem Pfleiderer-Areal beginnen?“

Die Fragen des CDU-Rates nach dem Zeitplan für den Abriss der Gebäude und die anschließenden Bauarbeiten hatte Bürgermeister Julian Christ in der vergangenen Sitzung unbeantwortet gelassen – mit dem Verweis, dass es um den Hochwasserschutz, nicht um das Pfleiderer-Areal gehe.



Allerdings sind beide Themen durchaus miteinander verwoben. So bringt ein von der Stadt beauftragtes Ingenieurbüro als kurzfristige Hochwasserschutz-Maßnahme eine Aufweitung der Murg im Bereich des Pfleiderer-Areals ins Gespräch.

Mögliche Sichtung eines Eisvogels am Murg-Ufer

Eisenbarth hatte sich unter anderem um den Baumbestand am Uferbereich gesorgt. Dort hat der Gernsbacher laut eigener Aussage den streng geschützten Eisvogel gesichtet. Würde an dieser Stelle Gehölz entfernt, verliere das Tier Ansitzmöglichkeiten für die Jagd, kritisiert Eisenbarth.

Dazu teilt die Naturschutzbehörde mit: „Wir können Ihnen zusichern, dass wir sowohl im erforderlichen Wasserrechtsverfahren als auch im Bebauungsplanverfahren auf die Einhaltung der Natur- und Artenschutzbelange achten.“

Und weiter: „Sollten im Zuge dieser Verfahren Ausgleichsbäume wegfallen, sind diese selbstverständlich zu ersetzen beziehungsweise dort angebrachte Ausgleichskästen an anderer Stelle anzubringen.“ Dabei handelt es sich um Nistkästen für Fledermäuse, die den Tieren nach dem Abriss der Industriehallen als alternative Geburtsstätte zur Verfügung stehen sollen.

Bislang ist unklar, ob auf dem Pfleiderer-Areal überhaupt Fledermäuse ihren Nachwuchs gebären. Bei einer Aufzeichnung mit einem sogenannten „Batcorder“ waren zwischen August und Oktober 2018 insgesamt 54 000 Rufe erfasst worden. Nach Auskunft des zuständigen Gutachters bedeutet das nicht, dass so viele Tiere auf dem Gelände leben. Aber man wisse, dass sie dort vorkommen. Beim Abbruch der Verschalungen in den Hallen wurden laut Naturschutzbehörde indes keine Fledermaus-Spuren gefunden.

Vollständige Dekontaminierung vs. „weitgehende“ Entgiftung

Wie die Behörde weiter informiert, fanden im August auf dem Pfleiderer-Areal Schürferkundungen statt. Sie dienten demnach zur Beurteilung der möglichen Murg-Verbreiterung und zur Untersuchung der auch künftig unversiegelten Fläche des Grundstücks. In das Ufergehölz habe man dabei nicht eingegriffen. Die ehemalige Industriefläche ist mit Chemikalien belastet.

Im Boden befinden sich unter anderem Arsen, Quecksilber und Teeröle. Die Bürgerinitiative Giftfreies Gernsbach (BiGG) setzt sich für eine vollständige Dekontaminierung ein. Der Investor hat dagegen nur einer „weitgehenden“ Entgiftung für maximal 4,5 Millionen Euro zugestimmt. Eine vollständige Sanierung würde nach Experteneinschätzungen zwischen 15 und 25 Millionen Euro kosten.

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