In der Nacht auf Pfingstsamstag wird die Polizei zu einem Einbruch nach Ottenau gerufen. Die Streifenbeamten überprüfen die Personalien der mutmaßlichen Einbrecher und lassen sie dann gewähren. Die Besitzer der Gaststätte sind außer sich. Sie legen Dienstaufsichtsbeschwerde ein.
Die Recherche der BNN zeigt: Bei dem nächtlichen Einsatz lief einiges schief. Die Polizei räumt das Fehlverhalten der Beamten mittlerweile ein. Strafrechtliche Ermittlungen laufen.
Polizei lässt mutmaßliche Einbrecher gewähren
Kurz nach Mitternacht hört ein Nachbar auffällige Geräusche am leer stehenden Restaurant Fratelli, dem früheren Gasthaus Adler. Von seinem Balkon aus sieht er zwei Männer, die sich an der Gaststätte zu schaffen machen. Vor dem Gebäude steht ein großer Lieferwagen. Der Nachbar ruft die Polizei.
Kurz darauf trifft eine Streife ein. Die Polizisten nehmen die Personalien der Männer auf. Die behaupten, sie kämen im Auftrag des ehemaligen Pächters, um dessen Küchengeräte abzuholen. Belegen können sie das nicht.
Dennoch und obwohl sie sich gewaltsam Zutritt zum Restaurant verschafft haben, dürfen sie ihren ungewöhnlichen Einsatz fortsetzen. Einbruchsspuren und Beschädigungen entdecken die Polizisten, obwohl vorhanden, nicht. Die Besitzer des Gebäudes werden nicht informiert.
Zwei Stunden später kommen die Männer zurück, nehmen weitere Geräte mit. Der Nachbar ist fassungslos. „So etwas habe ich noch nie erlebt“, sagt er. Die Beamten hätten ihn darüber informiert, „dass alles rechtmäßig ist.“
Eigentümer entdecken Einbruchsspuren
Das war es offenbar nicht. Am nächsten Morgen entdecken die Eigentümer die Einbruchsspuren: Ein Scheunentor wurde gewaltsam aufgebrochen, die Innenverkleidung und Gardinenstangen wurden abgerissen.
Für mich ist das Vorgehen der Polizei ein Skandal.Der Ehemann der Hauseigentümerin
Mehrere Geräte sind verschwunden. „Das war ein ziemlicher Schock“, sagt der Ehemann der Besitzerin. Er ärgert sich über die Polizei: „Für mich ist ihr Vorgehen ein Skandal.“
Polizei räumt Fehler ein
Am Samstag kommen die Beamten noch einmal. Sie nehmen die Anzeige auf, Fotos vom Tatort machen sie nicht. Laut dem Geschädigten geben sie an, „viel zu tun“ zu haben.
Immerhin hätten sie eingeräumt, das Vorgehen ihrer Kollegen in der Nacht sei „unüblich“ gewesen. „Ihre Aussage war, dass sie sich das nicht erklären könnten“, erinnert sich der Geschädigte.
Besitzer reichen Dienstaufsichtsbeschwerde ein
Das Ehepaar reicht eine Dienstaufsichtsbeschwerde ein. Am Mittwochvormittag sucht Hauptkommissar Harald Dieterle vom Gaggenauer Revier das Gespräch mit dem Paar – wohl, um die Wogen zu glätten.
Der rechtliche Hintergrund der mutmaßlichen Tat ist komplex. Nach Aussage der Eigentümer verlässt der Pächter die Gaststätte zum Jahresende 2019, obwohl der Pachtvertrag noch mehrere Monate läuft. Miete habe er nicht mehr gezahlt, die Schlüssel nicht zurückgegeben.
„Für uns kam das völlig überraschend“, berichtet der Ehemann der Besitzerin. „Wir hatten den Eindruck, dass das Restaurant gut lief. Es war fast immer voll.“ Laut den Besitzern bricht der Kontakt zum Pächter im Februar ab. Sie hätten die Geräte deshalb als Pfand für die ausstehende Miete einbehalten. Schließlich tauschen sie die Schlösser. Der frühere Pächter war für eine Stellungnahme nicht zu erreichen.
Wir werden das Vorgehen der Beamten intern erörtern.Jörn Hinrichs, Polizeichef von Gaggenau
Die Auseinandersetzung zwischen beiden Parteien ist undurchsichtig. Dass es sich bei der nächtlichen Tat um einen Einbruch handelte, ist nach aktueller Sachlage indes wahrscheinlich. „Es laufen strafrechtliche Ermittlungen“, bestätigt der Gaggenauer Polizeichef Jörn Hinrichsen auf BNN-Anfrage. Den Polizisten sei nicht klar gewesen, dass die Küchengeräte Gegenstand einer Pfandrechtssache sind. Hinrichsen räumt ein Fehlverhalten indirekt ein: „Wir werden das Vorgehen der Beamten intern erörtern.“