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Gemeinde will attraktiver werden

Weisenbach laufen die Einwohner davon

Die Einwohnerzahl der Gemeinde Weisenbach ist rückläufig. Vor allem junge Menschen verlassen den Ort. Aber auch ältere Menschen gehen, weil es an seniorengerechten Wohnungen mangelt. Nun will die Murgtalgemeinde gegensteuern und attraktiver werden. Eine Baustelle ist der Durchgangsverkehr auf der B462.

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Malerische Lage: Viel Grün prägt das Erscheinungsbild der Gemeinde Weisenbach. Das Schwarzwald-Idyll hat aber auch seine Schattenseiten. Foto: Körner

Weisenbach leidet unter einem überdurchschnittlichen Bevölkerungsrückgang. Vor allem junge Menschen kehren der Gemeinde den Rücken. Zu diesem Ergebnis kommt die Steg Stadtentwicklung GmbH in einer Untersuchung. Um sich für die Zukunft besser aufzustellen, reagiert die Kommune mit der Fortschreibung ihres Entwicklungskonzeptes. Es sieht unter anderem eine Lärmminderung an der Ortsdurchfahrt, betreutes Wohnen auf dem Hirsch-Areal und einen Treffpunkt für Jugendliche vor. Der Ortskern soll weiter saniert werden.

„Wir müssen eine hohe Lebensqualität in Weisenbach sicherstellen“, erklärt Bürgermeister Daniel Retsch am Mittwoch bei einem Pressegespräch im Rathaus. Wie in der Vergangenheit, sollen auch die Bürger zu Wort kommen: „Wir wollen eine Mitmach-Gemeinde sein.“ Eine hohe Priorität räumt Retsch der Realisierung von betreutem Wohnen auf dem Hirsch-Areal ein. Für dieses Projekt sucht die Gemeinde einen Investor. Die Steg GmbH, die landesweit Kommunen berät, hatte bei ihrer Analyse in Weisenbach einen Mangel an altersgerechten Wohnungen ausgemacht. Auffällig ist: Neben Rentnern verlassen auch viele junge Menschen den Ort.

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Gemeinde will Verkehrslärm reduzieren

Dieser Entwicklung will die Gemeinde mit mehr Wohnraum begegnen. Für die Jugend soll ein zentraler Treffpunkt entstehen. Sie wünscht sich ein Fußball-Kleinfeld oder einen Kraftraum. Als Standort sind der Bereich am Festplatz und Privaträume im Gespräch. Ab 2025 will die Gemeinde ihre Ortsdurchfahrt aufwerten. Um den Verkehrslärm zu reduzieren, soll dort Flüsterasphalt eingebaut werden. Eine Alternative, wenngleich weniger wirkungsvoll, ist für den Gemeinderat die Ausweisung einer Tempo-30-Zone zu bestimmten Tageszeiten. Auch eine Verengung der Fahrbahn ist eine Option.

Ortskernsanierung wird fortgesetzt

Die Gemeinde strebt ferner eine Fortsetzung der Ortskernsanierung an. Zu diesem Zweck soll in den kommenden acht bis zwölf Jahren ein weiteres Gebiet links der Murg ausgewiesen werden. Seit der Verabschiedung des Entwicklungskonzepts durch den Gemeinderat 2013 sind rund 5,7 Millionen Euro in das Sanierungsgebiet „Ortsmitte I“ geflossen – mehr als zwei Millionen davon aus kommunalen Mitteln.

Hintergrund: Steg Stadtentwicklung GmbH

Die Steg Stadtentwicklung GmbH hat sich auf die Bereiche Stadtplanung, Baulandschaffung, Projektentwicklung und Immobilienbewertung spezialisiert. Das Unternehmen hat nach eigenen Angaben 115 Mitarbeiter, 450 Kunden und operiert mit Schwerpunkt in Baden-Württemberg und Sachsen.

Unter anderem wurden die Wendelinus-Brücke und die Jahnstraße saniert. Die Weinbergstraße wurde neu gestaltet. Weitere Projekte sind die Sanierung der Festhalle und die Entwicklung des Zimmerplatzes. Dort gibt es unbebaute Flächen, die indes nicht im Gemeindebesitz sind.

Ohne Konzept keine Fördermittel

Das Wortungetüm Gemeindeentwicklungskonzept hat für die Kommunen einen hohen Stellenwert, wie Steg-Mitarbeiter Frank Frieseke erklärt: „Es ist die Voraussetzung, um in viele Förderprogramme aufgenommen zu werden.“ Heißt also: Nur wenn dem Land eine ausgearbeitete Zukunftsplanung vorliegt, fließen die Mittel aus Stuttgart. Und auf die sind gerade kleine Gemeinden angewiesen: „Sonst könnten wir viele Vorhaben nicht umsetzen“, betont Daniel Retsch.

Kommentar
Kommentar Foto: N/A

Langer Atem

Kleine Kommunen fernab der suburbanen Speckgürtel kämpfen gegen die Landflucht – Weisenbach ist da keine Ausnahme. Zu lange hat sich der ländliche Raum auf die Treue Alteingesessener verlassen. Zu spät haben viele Gemeinden erkannt, wie sich die Welt ihrer Bürger gewandelt hat: schneller, offener, größer – im Zweifel reicht sie nicht mehr von Gaggenau bis Forbach, sondern von Hamburg bis nach München.

Blick voraus

Was also tun, um für die Mitglieder einer mobilen Gesellschaft attraktiv zu sein? Freilich: Das Potenzial einer kleinen Murgtalgemeinde ist endlich. Weisenbach kann nicht mit städtischem Charme, Einkaufsmeilen und der großen Kultur um die Gunst der Menschen werben. Muss es aber auch nicht. Gemeindeentwicklungskonzept – das klingt wenig sexy, kann Kommunen aber dazu bewegen, sexier zu werden. Schließlich bleibt Gemeinden ohne Zukunftsplanung der Zugang zu fetten Fördertöpfen verwehrt.

Veränderung tut not

In Weisenbach hat man erkannt, dass Veränderung not tut. Betreutes Wohnen, ein durchdachtes Verkehrskonzept und die Schaffung von Wohnraum sind Standortfaktoren, die über Zu- und Wegzug entscheiden. Allein: Für ihre Realisierung braucht es einen langen Atem.

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