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Redakteur am Limit in Bermersbach

Ziegen haben keinen Bock auf Pediküre

In der neuesten Folge von "Redakteur am Limit" hilft Dominic Körner den Bermersbacher Ziegenfreunden beim Klauenschneiden. Zunächst müssen die störrischen Ziegen aber erst einmal gefangen werden. Keine ganz leichte Aufgabe, denn die Geißen lassen den Redakteur ziemlich alt aussehen.

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Einsatz im Stall: Bevor die Bermersbacher Geißen zur „Winterpediküre“ im Klauenstand landen, müssen sie zunächst gefangen werden. Foto: Collet

Raus aus dem Alltag, auf ins Abenteuer lautet das Motto bei „Redakteur am Limit“. Für einen Tag, einige Stunden oder nur wenige Minuten schlüpft BNN-Redakteur Dominic Körner in für ihn ungewohnte Rollen. Am Boden, zu Wasser und in der Luft geht er bis an seine Grenzen. Heute: Klauenschneiden bei den Ziegenfreunden in Bermersbach. Schon bei der Begrüßung wird mir klar, auf was ich mich eingelassen habe: Als ich mit Sneakern zum Arbeitseinsatz bei den Bermersbacher Ziegenfreunden auftauche, werde ich erst einmal ausgelacht. Es sollte nicht das letzte Mal an diesem Tag sein. Fünf Minuten später, mittlerweile habe ich auf Stiefel umgerüstet, erklärt Vorsitzender Hans-Jörg Wiederrecht, was er von mir erwartet. Im Hintergrund läuft bereits das Klauenschneiden, die Winterpediküre für 86 Ziegen, die darauf überhaupt keinen Bock haben.

Redakteur bekommt die Härtefälle

Eine Handvoll Viecher hat man für den Redakteur im Winterstall gelassen und meine Befürchtung, dass es sich dabei um die störrischsten Exemplare handelt, bestätigt sich. „Jetzt sind noch die übrig, die bisher nicht wollten“, feixt Wiederrecht und gibt mir meinen Auftrag mit auf den Weg: „Einfangen, am Klauenstand abliefern, Klauen schneiden.“ Furchtbar schwer klingt das nicht.

Ist es aber. Weil die Ziegen wendiger sind als erwartet – und ich weniger. Und weil meine Fangtechnik, wie die Experten vor Ort kritisieren, zwar unterhaltsam, aber reichlich uneffektiv ist. Mit Elan stürze ich mich auf die bockigen Ziegen, die sich jetzt vermutlich wünschen, sie hätten sich früher ihrem Schicksal gefügt. Nachdem ich eine Minute orientierungslos durch den Stall gehechelt bin, packe ich einen Kandidaten am Halsband. Warum ich dann allerdings versuche, die Ziege zu Boden zu bringen, weiß ich selbst nicht. Unter dem Gelächter der Ziegenfreunde entwischt sie mir einmal mehr.

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Redakteur_am_Limit Foto: None

Jetzt ist mein Ehrgeiz geweckt: Unter Anfeuerungsrufen meiner Mitstreiter packe ich kurz darauf eine andere Ziege. Da sie sich weder aus dem Stall eskortieren noch an den Hörnern ziehen lässt, greife ich zu einem unorthodoxen Mittel und trage die verdutzte Geiß aus ihrer Komfortzone. Mit Menschen, die wissen was sie tun, lege ich sie rückwärts in den Klauenstand. Kollege Horst erklärt mir, wie man die Klauen schneidet: „Erst außen, dann innen und an der Spitze. Und immer vorsichtig: Nicht zu tief, das tut der Ziege weh.“

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Winterpediküre im Klauenstand Foto: Collet

Widerwillig lässt das Tier die Pediküre mit der Gartenschere über sich ergehen. Sie ist alternativlos: „Sonst würden die Klauen durchwachsen und sich entzünden“, erklärt Wiederrecht. Der Fresserherde, die heute an der Reihe ist, gehören 86 überwiegend weibliche Tiere an. Während sie zur Landschaftspflege eingesetzt werden, dient die 20-ziegige Mutterherde der Zucht. Von den elf Männchen darf sich nur ein einziges mit den Damen vergnügen. Die zehn sogenannten Beistellböcke haben weniger Glück: Sie leisten dem Deckbock lediglich Gesellschaft und landen früher oder später beim Ziegenfest auf dem Grill.

Hechtsprung ins Leere

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An den Hörnern wird diese Ziege aus dem Stall geführt. Foto: Collet

April bis November verbringen die Tiere auf 20 Koppeln rund um Bermersbach, im Winter kommen sie in den Stall. Um ihre Haltung zu finanzieren, greifen die Ziegenfreunde auf ein kreatives Modell zurück: Jedes Tier hat einen Paten außerhalb der aktiven Gruppe, der es für 50 Euro gekauft hat. Weitere 50 Euro jährlich bringen das Patengeld und der Mitgliedsbeitrag ein. „So kann jeder seinen Beitrag zur Landschaftspflege leisten“, sagt Wiederrecht. Dann bin ich wieder dran. Im Stall gucke ich mir eine weiße Ziege aus, die einen ziemlich sportlichen Eindruck auf mich macht. Schnell entwickelt sich ein ungleiches Duell, und ich fühle mich wie ein Kreisliga-Kicker, der Messi stoppen soll. Um Luft ringend, stelle ich den weißen Blitz in einer Ecke des Stalls. „Das war’s für dich“, denke ich mir – und irre. Urplötzlich schlägt die Ziege Haken: Links, rechts, links, wieder rechts. Als sie schließlich zum Sprint an mir vorbei ansetzt, erinnere ich mich an die Tacklings im American Football und hechte hinterher. Ein Griff ins Leere. Abermals werde ich düpiert und lande unsanft auf dem Stallboden. Die Ziege triumphiert meckernd.

Zeugnis fällt mäßig aus

„Um Himmels Willen“ und „So könnte der nie 86 Ziegen fangen“ höre ich aus dem Off. Entsprechend gemischt fällt später mein Abschlusszeugnis aus. „Eine Fünf von Zehn“, urteilt Hans-Jörg Wiederrecht schmunzelnd: „Sehr talentiert, sehr motiviert – aber ich würde eine ruhigere Herangehensweise empfehlen.“ Immerhin: Als im Hintergrund nun auch mein weißer Problemfall in den Klauenstand muss, empfinde ich etwas Genugtuung.

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