Was wäre wenn ...? Das Gedankenspiel drängt sich geradezu auf, als SAP-Mitbegründer Hasso Plattner am Karlsruher Institut für Technologie (KIT) die Auszeichnung als Ehrendoktor entgegennimmt. Was wäre passiert, wenn der begabte Student Plattner nicht mit seinem Karlsruher Professor Karl Steinbuch über Speicherbauteile gestritten hätte? Wäre Plattner dann Assistent des Informatik-Pioniers Steinbuch geworden? Gäbe es den Software-Konzern SAP heute überhaupt?
Holger Hanselka, Präsident des KIT, ist sich zumindest sicher, was passiert wäre, wenn die Uni damals schon die gleichen Starthilfen für junge Unternehmer gehabt hätte wie heute: „Dann hätten wir Sie in Karlsruhe angesiedelt“, meint er zu Hasso Plattner, als er dem erfolgreichen Unternehmer „höchste Anerkennung“ für seine Verdienste um Wissenschaft und Wirtschaft zollt.
Vordenker der Digitalisierung
Hanselka nennt Plattner einen Vordenker der Digitalisierung. Dass Plattner und seine vier Mitstreiter den Software-Konzern SAP in Walldorf gegründet haben, ist bekannt. Weniger bekannt ist, dass Plattner zunächst durchaus mit einer Uni-Karriere und einer Promotion liebäugelte. Aber da war Steinbuch.
Meinungsverschiedenheit mit Professor
„Er hat mir eine schlechte Prüfungsnote gegeben“, erinnert sich Plattner am Rande des KIT-Festaktes an die Meinungsverschiedenheit mit dem streitbaren Professor anno 1968. Nachdem er sein Diplom in Nachrichtentechnik in der Tasche hat, wird Plattner also nicht Doktorand, sondern heuert sofort in der Wirtschaft an, bei IBM. Wer den jungen Ingenieur dort einlernt? Dietmar Hopp höchstpersönlich. Und er ist es auch, der am Montag am KIT die Lobrede auf den Ehrendoktor hält. „Mein erster Eindruck von meinem neuen Assistenten war hervorragend“, erinnert sich Hopp. „Wir waren schnell per Du.“
Alte EDV-Hasen haben uns damals für verrückt erklärt.Dietmar Hopp, SAP-Mitbegründer
Von nächtlichen Programmier-Aktionen bei Pizza und Cola erzählt Hopp – und von der hohen Intelligenz des „lieben Hasso“: „Er hat den technischen Wandel sehr viel früher erkannt als andere.“ Hopp erinnert an den Sprung in die Selbstständigkeit, den die beiden 1972 gemeinsam mit den IBM-Kollegen Klaus Tschira, Hans-Werner Hector und Claus Wellenreuther wagen. Es ist die Zeit der Lochkarten und der Großrechner. Die SAP-Gründer versprechen ihren Kunden ein System, das enorme Arbeitserleichterungen beschere. „Alte EDV-Hasen haben uns damals für verrückt erklärt“, sagt Hopp schmunzelnd. Die verrückte Idee machte die SAP-Begründer zu Milliardären.
Wie Plattner seine Programmierer zu Höchstleistungen antrieb? Hopp zeigt ein altes Foto aus der SAP-Zentrale: Eine „Countdown-Uhr“ zeigt an, wie wenige Tage, Stunden, Minuten und Sekunden noch bleiben, ehe eine neue SAP-Software auf den Markt muss. Glücklicherweise habe er damals noch einen Betriebsrat verhindert, scherzt Hopp von Unternehmer zu Unternehmer. Und er rühmt den Weggefährten nachdrücklich dafür, dass dieser Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) einst davon überzeugt habe, eine Vermögenssteuer sei kontraproduktiv: „Kompliment dafür, noch heute!“
Im Freibad Rüppurr habe ich mit Dietmar Hopp Fußball gespielt.Hasso Plattner, SAP-Mitbegründer
Die Laudatio und auch den gebastelten Doktorhut, den KIT-Professor Eric Sax überreicht, nimmt Plattner mit einem Anflug von Rührung entgegen. „Es war eine tolle Zeit in Karlsruhe“, sagt er über die Studentenjahre. Woran er sich besonders gut erinnert? „An die Studenten-Bar Tangente“, sagt Plattner, „an das Wildparkstadion und die junge Bundesliga – und ans Freibad Rüppurr, da habe ich schon mit dem Dietmar Hopp Fußball gespielt.“ Hopp machte zwei Jahre vor Plattner sein Diplom in Karlsruhe. Man kannte sich aber nur flüchtig. „Als wir uns bei IBM trafen, fiel uns ein: Mensch, wir kennen uns doch vom Fußballspielen“, erzählt Plattner. Ach ja, an den geringen Frauenanteil an der Technischen Uni erinnert er sich auch: „Da musste man schon kämpfen ...“
Zur Person
Der 76-jährige Hasso Plattner kam 1944 in Berlin zur Welt. Er studierte von 1963 bis 1968 Nachrichtentechnik an der Universität Karlsruhe. Seinen ersten Job trat er bei IBM in Mannheim an – und traf dort auf Dietmar Hopp, der heute auch als Mäzen des Fußballbundesligisten Hoffenheim bekannt ist. Gemeinsam mit drei Kollegen gründeten sie 1972 das Software-Unternehmen SAP. Plattner ist heute Aufsichtsratsvorsitzender des weltbekannten Walldorfer Konzerns. Sein Vermögen investiert der verheiratete Vater zweier Kinder auch in Kunst und Wissenschaft. An seinem Wohnort Potsdam ließ er das Museum Barberini erbauen. An der Uni Potsdam stiftete er das Hasso-Plattner-Institut für Software-Systemtechnik – dort kitzelt er auch als Professor den Erfindergeist junger Leute.