Skip to main content

Erdgas-Kreuzfahrtschiffe

Flüssiggas LNG: Mit der Aida Cosma ein weiteres Küsschen für die Umwelt

Seit Putins Angriffskrieg auf die Ukraine reden Politik und Wirtschaft über flüssiges Erdgas (LNG) als Alternative. Die deutsche Kreuzfahrtreederei Aida Cruises setzt bereits seit Ende 2018 mit der Weltpremiere eines Flüssiggas-Kreuzfahrtschiffes – der Aida Nova – auf den relativ umweltfreundlichen Treibstoff. Neuerdings ist zusätzlich das Schwesterschiff Aida Cosma unterwegs. Den Treibstoff hat sich die Reederei dank langjähriger Geschäftsbeziehungen gesichert.

None
GUTEN GEWISSENS AUF SEE: die Aida Nova. Der deutsche Marktführer preschte mit diesem Schiff 2018 weltweit voran. Die 83.970-PS-Maschinen werden mit Flüssiggas angetrieben. Nun ist mit der nahezu baugleichen Aida Cosma ein weiteres LNG-Mega-Schiff dazugekommen. Foto: Aida Cruises

Die westliche Welt spricht neuerdings intensiv über LNG – Flüssigerdgas. Damit wollen Länder wie Deutschland von Putins klassischem Erdgas unabhängiger werden. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) reiste dafür extra nach Katar, einem der weltweit größten Exporteure von Flüssiggas.

Lange bevor Russlands Machthaber Wladimir Putin die Energie-Welt auf den Kopf stellte, setzte die Rostocker Kreuzfahrtreederei Aida Cruises bereits auf Flüssiggas. Weil es erheblich umweltfreundlicher als Marinediesel ist, schickte der deutsche Marktführer Ende 2018 das Mega-Schiff Aida Nova auf Reisen – was weltweit Beachtung und Lob fand, unter anderem beim Naturschutzbund Nabu. Neuerdings ist zudem die Aida Cosma unterwegs – das fast eine Milliarde Euro teure neue Schwesterschiff der Aida Nova.

Wegen der LNG-Versorgung braucht sich Aida Cruises aktuell keine Sorgen zu machen. Die Rostocker pflegen seit Jahren eine strategische Partnerschaft mit dem Shell-Konzern und haben sich vorsorglich Einkaufspreise gesichert. Aida-Chef Felix Eichhorn hofft mit Blick auch auf die Investitionssumme für das Schiff, dass die von Corona gebeutelte Kreuzfahrtbranche mit Abklingen der Pandemie zur alten Stärke gelangt.



Die Schiffe kosteten jeweils eine Milliarde Euro

Aida Cruises gehört zur amerikanischen Carnival Corporation. Ursprünglich sollte es noch ein drittes LNG-betriebenes Schiff der sogenannten Helios-Klasse für die Tochtergesellschaft Aida Cruises geben. Doch das geht nun an die Schwesterreederei Carnival Cruise Line, ebenfalls gebaut in der Papenburger Meyer-Werft, die weltweites Renommee für ihre Kreuzfahrtschiff-Expertise genießt.

None
FLÜSSIGGAS-NACHSCHUB: Alle 14 Tage kommt das Tankschiff zur Aida Nova. Foto: Aida Cruises

Schon die Aida Nova fiel 2018 als schwimmende Kleinstadt auf: Sie hat 23 Bars und 17 Restaurants, darunter sogar eine Hausbrauerei, die täglich 1.200 Liter Bier ausschenken lässt. Der 337 Meter lange, 42 breite und 63 Meter hohe Ozeanriese hat ein Hospital, eine Wäscherei – unter anderem für allein 36.000 Beach-Handtücher – und eine Bäckerei an Bord. Zu ihm gehören ein Minigolfplatz, ein Fitnessstudio, ein Klettergarten, 3.500 Quadratmeter Wellnesslandschaft, ein Schwimmbad mit 14 Pools und drei Riesenrutschen – und bei schlechtem Wetter wird an der überdachten „Beach“ gebadet, wo abends bereits Sänger wie Sasha („If You Believe“) oder Nico Santos („Rooftop“) aufgetreten sind. Wer will, der geht shoppen, schlendert durch die Kunstgalerie, in der ein Rizzi, Lindenberg oder Miles für Tausende Euros verkauft wird. Oder er schaut im TV-Studio vorbei, im Theater, im Spielcasino und tanzt danach bis spät in der Nacht in den Discotheken.

Die Aida Cosma ähnelt der Nova sehr. Sie unterscheidet sich vor allem, weil sie keinen überdachten sogenannten Four Element-Bereich mit einem Klettergarten hat – dafür zusätzliche Flächen auf den Außendecks samt Infinity-Pool und Skywalks. Auch einige Restaurants sind neu. Die Cosma bietet in der Vollbelegung – wenn Corona erst einmal vorbei ist – Platz für knapp 5.500 Passagiere und 1.500 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.

Es ist eines der größten Kreuzfahrtschiffe weltweit – und eines der grünsten, wie der Naturschutzbund Deutschland sagt: Die 83.970 PS-Maschinen werden so gut wie ausschließlich mit Liqueified Natural Gas (LNG) angetrieben. Die Reederei mit dem Kussmund gibt der Umwelt also einen Schmatz – obwohl sie die seit 2020 geltenden Umweltauflagen der IMO – sie ist Teil der UNO – auch günstiger hätte erreichen können. „LNG ist der sauberste fossile Brennstoff“, sagt Aida Cruises-Pressechef Hansjörg Kunze, „vergleichbar mit einem Erdgasauto.“

Bereits die Nova kostete rund eine Milliarde Euro. In wie vielen Jahren sich so ein Schiff amortisiert? „Die meisten sagen nach 20 Jahren“, so Aida-Produktentwickler Michael Stendebach seinerzeit kurz nach Inbetriebnahme der Nova.

Als Mehrkosten für die Maschinen in der Aida Nova nannte er 30 Millionen Euro. Bis zu 300 Millionen Euro seien es, wenn man die LNG-Entwicklungskosten mit einkalkuliere – Aida Cruises ist bereits seit 13 Jahren am Thema LNG dran.

Ein Blick in den Bauch der Aida Nova: Dort lagern drei U-Boot-große Tanks mit zusammen 3.650 Kubikmetern auf 163 Grad Celsius abgekühltem LNG. Die werden alle 14 Tage von einem Tankschiff des Aida-Partners Shell aufgefüllt.

Anders als beim billigen Schweröl, einem Abfallprodukt der Raffinerien, können bei LNG die Stickoxidemissionen um bis zu 80 Prozent und der CO2-Ausstoß um weitere 20 Prozent reduziert werden. Emissionen von Feinstaub und Schwefeloxiden werden nach Aida-Angaben nahezu vollständig vermieden. „Kucken Sie sich nur mal den Schornstein an“, fordert Sven Blohm, der Chef im Maschinenkontrollraum der Aida Nova, auf.

„Ich muss die Maschinen etwas sanfter fahren“, erklärt Kapitän Vincent Cofalka den Unterschied zum klassischen Antrieb. Der Österreicher war bereits auf der Nova Kapitän und bringt nun seine Erfahrungen beim Steuern eines LNG-Kreuzfahrtschiffes auf der Cosma ein.

(Dieser Artikel erschien erstmals im März 2019 und wurde im Mai 2022 aktualisiert.)

nach oben Zurück zum Seitenanfang