Disneys Aladdin, das sind natürlich solche Ohrwürmer. „Arabische Nächte“, „Prinz Ali“ oder „So ’nen Kumpel hattest Du noch nie“ – kennt fast jedes Kind aus dem Zeichentrickfilm und von den Paraden in Disneyland. Das Musical, das nach drei Erfolgsjahren in Hamburg ins Schwäbische wechselte, versetzt Stuttgart vor allem aber in einen Farbenrausch. Die Kulissen, die 350 Kostüme, die 140 Kopfbedeckungen, das ist Opulenz, die das Auge verzaubert. Es ist, als würde man von einem orientalischen Basar alle bunten Gewürze nehmen und kräftig ins Musicaltheater pusten. Ja, auch das ist Magie.
Die Handlung spielt mit Gut und Böse: Aladdin, der Gauner mit Gewissen, lebt in Agrabah, verguckt sich in Prinzessin Jasmin, die auf der Suche nach der wahren Liebe ist. Der Großwesir des Sultans, Dschafar, will selbst auf den Thron, heckt mit seinem Gehilfen Jago Böses aus. Doch dank Flaschengeist Dschinni siegt Aladdin und somit das Gute. Das hört sich kinderleicht an, braucht aber schauspielerisches Vermögen. So begeistert beispielsweise Eric Minsk als liebenswert-böser Quatsch-Knirps Jago – eine ganz und gar widersprüchliche Charakterrolle.
Aladdin in Stuttgart bedeutet auch herzerfrischenden Klamauk. Da ist nichts angestaubt bei dieser Neuauflage des Stücks, das bereits Generationen verzaubert hat. Dschinni (Maximilian Mann), Stuttgarts Meister Proper mit Glatze und Ohrring, ist herrlich durchgeknallt. Er zeigt kurz den Ententanz, macht den Glööckler und tanzt zu „Let’s dance“ – fehlt eigentlich nur noch der Joachim Llambi auf der Bühne. Schließlich schwäbelt der Flaschengeist zeitweise sogar, etwa, wenn er seine Zauberkünste lobt. „Glernt isch halt glernt.“ Das freut den stolzen Schwaben in diesem Stuttgarter Theater – zumal der mit ihm fleißig interagierende Dschinni zu Beginn sogar einen echten Mercedes-Stern in die Höhe gerückt hat. „Hammer“, würde Christian, der Jüngere von den Ehrlich Brothers dazu sagen. Denn Dschinni zaubert auch Haremsdamen aus dem Nichts und zündet Pyros, dass es nur so raucht.
Es passiert ohnehin unwahrscheinlich viel so ungewöhnlich rasant – ganz gleich ob in Agrabah, in der Wunderhöhle oder im Sultanspalast. Der Besucher ist geflasht, wie es neudeutsch so heißt. Apropos: Ältere Besucher nehmen zu diesem Musical am besten gleich ihre Enkelkinder als Übersetzer mit, so viel wie die Protagonisten hier übers „entertainen“, „chillen“ und „brainstormen“ plappern. Selbst die Prinzessin ist emanzipiert, will einen Gemahl, der auch einmal „königliche Windeln“ wechselt. Der gute alte Walt Disney, ja, der würde da staunen.
Beim Stuttgarter Aladdin schwäbelt der Dschinni
Beim Musical voller Magie verraten die Bühnentechniker immerhin eines: In den verzierten Häusern der Stadt Agrabah stecken Motoren, Schaltkreise, Führungsschienen. Sie können fahren, sich drehen, aus dem Inneren ein zweites, drittes Stockwerk bilden – per Funk.
Aber, mal ehrlich: Will man wirklich noch mehr technische Details wissen? Nee, denn dann wäre ja der Zauber verflogen. Und man würde die Magie dieses Musicals nicht mehr erleben. Die Realität des Alltags hat uns ohnehin schon morgen wieder. Leider! Nach knapp zweieinhalb Stunden steigen Aladdin und Jasmin noch einmal auf ihren fliegenden Teppich. Winke, winke und Abflug bis zum nächsten Auftritt. Ja, es stimmt schon: „It’s magic!“