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Bürger fühlen sich unsicherer

Beim "Sicherheitsspaziergang" benennen Karlsruher Brennpunkte in der Innenstadt

Karlsruher fühlen sich in der Innenstadt unsicherer als noch vor einigen Jahren – trotz eines Rückgangs der registrierten Straftaten. Bei einem Sicherheitsspaziergang haben die Teilnehmer beschrieben, wo es ihrer Meinung nach besonders gefährlich ist.

Der Europaplatz ist einer der Orte, an denen sich die Karlsruher eher unsicher fühlen.
Der Europaplatz ist einer der Orte, an denen sich die Karlsruher eher unsicher fühlen. Foto: Jörg Donecker

Karlsruher fühlen sich in der Innenstadt unsicherer als noch vor einigen Jahren – trotz eines Rückgangs der registrierten Straftaten. Die Stadt hat reagiert und will ein neues Sicherheitskonzept erarbeiten, zusammen mit den Bürgern. Bei einem Sicherheitsspaziergang haben die Teilnehmer beschrieben, wo es ihrer Meinung nach besonders gefährlich ist.

Wenn Hans Trey in den Abendstunden mit seinem Fahrrad in die Innenstadt fährt, lässt er Handy und Portemonnaie meistens zu Hause in seiner Wohnung in Daxlanden und hat nur ein bisschen Bargeld in der Hosentasche mit dabei. Grund für diese Vorsichtsmaßnahme ist die Angst vor einem Überfall. „In der Dunkelheit fühle ich mich an manchen Plätzen in der Innenstadt einfach nicht sicher“, sagt Trey. Außerdem sei er ein gebranntes Kind. In Prag wurde Trey vor mehreren Jahren bereits Opfer eines Raubüberfalls und im Einkaufszentrum „Ettlinger Tor“ wurde ihm einmal der Geldbeutel aus dem Rucksack geklaut. Von Polizei und Stadtverwaltung wünscht sich Trey mehr Kontrollen und eine bessere Ausleuchtung von dunklen Ecken in der Innenstadt. Auch Martina Olbricht fühlt sich im Dunkeln teilweise unwohl.

„Gerade als Frau will man auf dem Kronenplatz in der Nacht keinen fremden Leuten begegnen“, sagt die Karlsruherin. Bisher habe sie zwar noch keine Probleme mit der Straßenkriminalität gehabt. „Aber um laute Gruppen mache ich auch einen großen Bogen“, sagt Olbricht.

Kronen- und Europaplatz besonders unsicher?

Am Mittwochabend fanden Trey und Olbricht mit ihren Sorgen die richtigen Ansprechpartner. Beide gehörten nämlich zu den 15 Teilnehmern bei einem Sicherheitsspaziergang über Kronenplatz und Europaplatz. Weil die beiden weitläufigen Plätze am östlichen und westlichen Ende der Fußgängerzone beim städtischen Sicherheitsbericht im vergangenen Jahr als besonders unsicher eingestuft wurden, konnten die Bürger mit mehreren Mitarbeitern vom Ordnungs- und Bürgeramt und vom Amt für Stadtentwicklung über ihre Sorgen und Ängste sprechen und Verbesserungsmöglichkeiten ausloten.

„Beim Thema Sicherheit sind wir immer auf Impulse aus der Bevölkerung angewiesen“, sagt Ordnungsamtsleiter Björn Weiße.

Kriminologe erarbeitet Gutachten

Die Ergebnisse aus dem Vor-Ort-Termin werden dann ebenso wie das Gutachten des Kriminologen Dieter Hermann und die Erkenntnisse von Polizei und Kommunalem Ordnungsdienst in ein städtisches Sicherheitskonzept einfließen. Im kommenden Frühjahr soll der Gemeinderat über das Konzept abstimmen. Anschließend könnten die ersten baulichen und infrastrukturellen Weichen zur Erhöhung der Sicherheit im Stadtgebiet gestellt werden.

Ein Grund für die Erstellung eines stadtweiten Konzepts waren die Ergebnisse der Sicherheitsumfrage. Trotz eines Rückgangs der registrierten Straftaten in der Innenstadt fühlten sich zahlreiche Bürger deutlich unsicherer als noch vor einigen Jahren.

Bauliche Veränderungen sollen befrieden

„Die Sicherheit der Bürger genießt innerhalb der Stadtverwaltung schon immer eine hohe Priorität“, stellt Bürgermeister Albert Käuflein klar. Allerdings stellten die zahlreichen Umbauarbeiten in der Innenstadt derzeit eine besonders große Chance für eine generelle Verbesserung der Situation dar. Dafür müssten die Stadtplaner bei sämtlichen Bauprojekten aber eng mit Polizei und Ordnungsamt zusammenarbeiten.

Für Ordnungsamtsleiter Weiße liegt in der Neugestaltung des Europaplatzes ebenfalls eine große Chance zur Befriedung der derzeit angespannten Situation. „Wenn die Aufenthaltsqualität eines Platzes dauerhaft erhöht wird, sinkt gleichzeitig dessen Attraktivität für Problemklientel“, so Weiße. Deshalb sei die bauliche Aufwertung von Brennpunkten wie dem Werderplatz oder dem Europaplatz auch ein wirkungsvolleres Instrument für die Steigerung des Sicherheitsempfindens als regelmäßige Kontrollen.

Betrunkene Jugendliche am Europaplatz

Wo beim Europaplatz derzeit der Schuh drückt, wurde beim Sicherheitsspaziergang mehr als deutlich. Eine Teilnehmerin bezeichnete den Platz sowie die angrenzende Kaiserallee mit den zahlreichen Billigläden als „Vermeidungsgegend“, eine andere monierte den rauen Ton von alkoholisierten Jugendlichen an den Haltestellen und in den Straßenbahnen. Außerdem sorgten zahlreiche dunkle Ecken und herumlungernde junge Männer für Ängste und Unsicherheit.

Aus Angst vor Einbrechern macht Einzelhändlerin Gaby Schwebe in ihrem Feinkostgeschäft in der Nördlichen Waldstraße eigentlich nie das Licht aus. „Es laufen hier doch sehr viele Leute rum, die durchaus furchteinflößend wirken“, sagt Schwebe. In ihrer Nachbarschaft sei auch schon mehrfach eingebrochen worden.

Platzverweise werden nicht erfasst

Bei der Karlsruher Polizei sind die Probleme am Europaplatz bekannt. „Einsätze sind hier immer schwierig, weil man an manchen Stellen die Leute in der Dunkelheit selbst aus nächster Nähe nicht erkennen kann“, sagt Jürgen Zimmer, stellvertretender Leiter des Polizeireviers Karlsruhe-Marktplatz. Deshalb seien auf den Straßen rund um den Euro mit ihren zahlreichen Nachtlokalen auch Zivilstreifen unterwegs. „Vor den Clubs kommt es regelmäßig zu Konflikten“, weiß Zimmer, und präventive Maßnahmen wie die steigende Zahl von Platzverweisen würden dabei noch nicht einmal in der Kriminalitätsstatistik erfasst. „Ganz kann die Kriminalität aus einer Großstadt wie Karlsruhe ohnehin nie verbannt werden“, sagt Zimmer. Durch eine intelligente Bauplanung könnten Brennpunkte aber zumindest entschärft werden.

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