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Tierfreundin rettet Legehennen

Arme Hühner leben beim Gnadenpick in Karlsruhe auf

Arme Hühner bekommen eine zweite Heimat: Die Karlsruher Tierfreundin Susanne Speer rettet todgeweihte Legehennen und bietet insgesamt 40 Hühnern eine paradiesische Umgebung. Deutschland bietet der Verein "Rettet das Huhn" jährlich 10.000 Pflegeplätze für Geflügel.

Harmonie im Hühnergarten: Die vor dem Schlachten bewahrten Tiere zeigen sich auf großer grüner Fläche als soziale Gruppe – viel gackernd und nicht hackend. Dort können ausgediente Legehennen statt eineinhalb gar zehn Jahre alt werden.
Harmonie im Hühnergarten: Die vor dem Schlachten bewahrten Tiere zeigen sich auf großer grüner Fläche als soziale Gruppe – viel gackernd und nicht hackend. Dort können ausgediente Legehennen statt eineinhalb gar zehn Jahre alt werden. Foto: jodo

Irma, Luise und Lucie picken im satten Gras. Den drei ausrangierten Legehennen geht es sichtlich gut. Ihr braunes Federkleid ist alles andere als zerzaust, ihr roter Kamm alles andere als wund. Die Durlacherin Susanne Speer hat die Hühner vom Hagsfelder Beideck-Hof übernommen. Damit rettet sie das Leben der Hühner, deren Eier nicht mehr verkauft werden durften.

Die BNN berichteten, dass eine Probe eine alarmierend hohe PCB-Belastung gezeigt hatte. Deshalb durfte auf Geheiß des städtischen Veterinäramts kein Ei der 650 Hennen von einer bestimmten Hagsfelder Wiese mehr verkauft werden – und der Hofladen Beideck konnte diese Hühner folglich nicht mehr halten. Anja und Harald Beideck wollten die Tiere aber nicht töten lassen und wandten sich an die vernetzten Hühnerretter.

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Die Ursache der hohen Schadstoffbelastung wurde nicht geklärt. Nach einer weiteren Probe, die unbedenkliche Werte brachte, hob das Amt das Eierverkaufsverbot auf. Am 11. September wollen Beidecks den Hofladen wieder öffnen – und Eier von 650 neu angeschafften Hühnern verkaufen. 100 Stück Federvieh, die auf einer anderen Wiese leben, waren nicht betroffen. Ihre Eier kann man weiter kaufen.

Hahn
DER HAHN Paul und die Hagsfelder Henne Lucie sind bei der Hühnerretterin Susanne Speer in Durlach gut aufgehoben. Foto: jodo

Susanne Speer ist übrigens vom Zustand der Hagsfelder Hennen begeistert. Überhaupt lobt sie die regionale Freilandhaltung bei Beideck als vorbildlich. Dagegen trafen manche Tiere wie die weißen Hennen Lia und Lena schwer gerupft, mit wundgeschürfter Haut und geschwollenem Kamm aus Legebatterien im Durlacher Hühnergarten ein. Stammten doch Eier aus Bodenhaltung auch nach dem Verbot der Haltung in winzigen Käfigen aus Riesenbetrieben der Agrarindustrie und damit Ställen mit 16.000 Tieren.

Vier Hähne in der Schar

Jetzt gehören die drei Hennen vom Hagsfelder Federvieh zur 40-köpfigen Hühnerschar ihrer Retterin – darunter vier Hähne. Seit 22 Jahren engagiert sich die tierliebe Frau für Hühner, die aus der vom Menschen meist so untierisch betriebenen Leistungsgesellschaft für die Eierproduktion und die Geflügelzucht herausfallen.

Speer geht es um noch mehr als das Schicksal der von ihr geretteten Hühner. Sie will das Wissen über die Herstellung von tierischen Lebensmitteln und dabei auch heute noch verbreitet katastrophalen Lebensbedingungen für die Hühner stärken und damit nachhaltig für die Verbesserung der Tierhaltung wirken.

Eierpreis

„Ei ist nicht Ei“, sagt die Expertin. Das Frühstücksei von glücklichen Hühnern, die wirklich unbeengt im Freiland leben, sollte dem Verbraucher eben auch 70 Cent wert sein. Doch der Weg von der wachsenden Anteilnahme vieler Menschen an der Qual geschundener Hühner, die zu zwölft auf nur einem Quadratmeter zusammengepfercht oder auf drei Böden in riesigen Hallen vegetieren, zum eigenen nachhaltigen Konsumverhalten sei eben weit, meint Susanne Speer.

Ihre Hühner haben es da gut. Die Glücklichen gackern im riesigen Garten. Ein hohes Netz überspannt den Auslauf, damit sie der Habicht nicht holen kann. Beschützt von den vier Hähnen zeigen die Hennen keine Scheu im Freien. Zutraulich hängen sie ihrer Gönnerin an den Füßen. „Die Hühner sind ganz zahm und untereinander so soziale Wesen“, schwärmt sie.

Auch „Paul“, der dominante Hahn, lässt sich von ihr gerne auf den Arm nehmen. Überhaupt schenken die Tiere auch ihrer Retterin Zuneigung und Wärme. „Abends fordern sie, auf den Schoß genommen zu werden“, erzählt Speer. Und manches Huhn fährt ihr dann zärtlich mit dem Schnabel durchs Haar was wohl als übertragene Gefiederpflege zu werten ist.

„Meine älteste Henne ist 14 Jahre alt“, berichtet die Hühnerfreundin. Sonst werde eine fürs Eierlegen gezüchtete Hybridhenne mit eineinhalb Jahren nach einer Produktionszeit von einem Jahr und damit 300 Eiern geschlachtet und zu Tierfutter verarbeitet, weil sie weniger Eier mit schlechterer Schale liefere. Dabei könne selbst so ein Hybridhuhn zehn Jahre alt werden, ein Rassehuhn gar 20 Jahre.

Verbesserungen?

Die Züchter haben laut Speer, die selbst seit zwei Jahren dem Verein „Rettet das Huhn“ angehört, zwecks höherer Produktivität das Gewicht einer Legehenne von 2,5 Kilo auf 1,4 Kilo gedrückt. Auch wenn die Politik gewisse Verbesserungen bei der Nutztierhaltung erreichte, „hat sich das Leben für die Legehennen noch verschlechtert“, meint sie.

Selbst das mit acht Wochen schon kurze Leben von Masthähnchen mit einem Schlachtgewicht von   zwei Kilo habe man auf vier, fünf Wochen und nur noch 1,2 Kilo  gedrückt, berichtet die versierte Tieranwältin. „Zwar dürfen in Deutschland keine Eier aus Käfighaltung mehr in den Einzelhandel kommen, aber als Rohstoff in der Lebensmittelproduktion werden sie weiter verwendet“, kritisiert Susanne Speer.

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