Infolge der Corona-Krise gehen auch die Umsätze einer Branche zurück, von der man es kaum erwartet hatte: Bäckereien berichten von zurückgegangenem Publikumsinteresse. Mancher Kunde ersteht außerdem sein Brot beim ohnehin nötigen Großeinkauf im Supermarkt.
Handwerker, die sich beim Bäcker mit belegten Brötchen eindecken, bleiben aus, das Geschäft mit Kantinen und Schülern ist eingebrochen: Vielen Bäckereien schlägt die Corona-Krise erheblich ins Kontor - auch deshalb, weil mancher Kunde seinen Brotbedarf nun beim Großeinkauf im Supermarkt deckt.
Manche Bäckerei gewinnt selbst der angespannten Corona-Zeit humorige Seiten ab: Mit Torte in Klopapier-Optik macht sich etwa Stefan Reinmuth seinen Reim auf das irrationale Kaufverhalten während der krisenhaften Wochen – und dort, wo das originale Zellstoff-Produkt mit aufgedruckten Blümchen kokettiert, findet sich beim essbaren Pendant das Marken-Logo des Karlsruher Bäckers mit neun Filialen.
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Jenseits der Toilettenpapier-Torte ist den Akteuren in den meisten Backstuben unterdessen gerade nicht so sehr nach Lachen zumute. Um geschätzte 40 Prozent sei das Geschäft zurückgegangen, ist beispielsweise bei der Bäckerei Schmidt in der Ritterstraße zu erfahren. Mit dem Shutdown vieler umliegender Geschäfte – allen voran Karstadt – und der gegenwärtigen Homeoffice-Praxis fehlt viel Kundschaft, die ansonsten gern zu Snacks wie belegten Brötchen und Süßteilchen gegriffen hat, berichtet das Personal.
Ja, bestätigt Bäcker-Innungs-Obermeister Karl-Heinz Jooß, die Zeiten seien nicht ohne: Vor allem Betriebe, die viel Umsatz an eigenen Cafétischen mit dem Vor-Ort-Verzehr von Kuchen, belegten Brötchen und Heißgetränken machten, hätten nun ihr Päckchen zu tragen. Denn die Bewirtung im Ladengeschäft fällt entsprechend den aktuellen Vorgaben aus. „Ich habe gedacht, wir sind nicht betroffen“, sagt Innungs-Obermeister Jooß mit Blick auf seine Branche. Schließlich ist Brot der Inbegriff eines Grundnahrungsmittels und genießt damit Systemrelevanz. Doch auch mancher Bäcker muss jetzt kleinere Brötchen backen.
Brot aus dem Supermarkt
Warum? Da gibt es sehr viele Leute, die gemäß politischem Wunsch nur noch dann aus dem Haus gehen, wenn es unabdingbar ist. Wenn Lebensmittel fehlen, führt sie der Weg also in den Supermarkt, wo sie möglichst alles Notwendige erstehen. Also auch Brot. Der separate Gang zum Bäcker bleibt dann aus. Auch der Kuchenverkauf in den Bäckereien und Konditoreien verzeichnet rückläufige Zahlen gegenüber den Zeiten, da man sich zu Cappuccino und Torte gleich an Ort und Stelle niederließ.
Überstunden werden abgebaut
Viele Betriebe bauen wegen des aktuell geringeren Personalbedarfs Überstunden ab. „Wir laufen hoffentlich nicht in die Kurzarbeit“, sagt auch Stephanie Glutsch von der Neureuter Bäckerei Glutsch. Stand jetzt komme man über die Runden – auch weil viele Stammkunden dem Betrieb auch zu Krisenzeiten die Treue halten. „Natürlich fehlt uns das „To-Go-Geschäft“, sagt die Chefin der nach eigenem Bekunden ältesten Bäckerei in Karlsruhe.
Ihren Kunden macht sie dennoch ein großes Kompliment. Sie verhielten sich alle vorbildlich, hielten den nötigen Abstand und zeigten Geduld. Bei der Neureuter Bäckerei verzeichnet man in Corona-Zeiten eine verstärkte Nachfrage nach Brot, während weniger Snacks über die Ladentheke gehen.
„Wer in drei Monaten noch etwas genießen möchte, muss heute seinem Bäcker treu bleiben“ – auf diesen Nenner bringt Siegfried Hatz die Situation. Er ist Geschäftsführer der gleichnamigen Bäckerei mit 25 eigenen Filialen und vier Franchise-Betrieben und berichtet von einer dramatisch werdenden Lage: um rund 40 Prozent sei der Umsatz rückläufig.
Das Geschäft mit Mittagsverpflegung, belegten Brötchen und Bistro-Artikeln sei stark rückläufig, seit Kantinen und Kindergärten dicht gemacht haben. Und auch unter seinen 240 Angestellten ist die Stimmung gedrückt – Kurzarbeit ist angemeldet.
Stefan Reinmuth, Chef der gleichnamigen Traditionsbäckerei mit neun Filialen, berichtet von Rückgängen zwischen zehn und 30 Prozent; statt der üblichen vier Brötchen-Belegerinnen genügt in diesen Tagen eine Kollegin für den Job. Doch er hat auch positive Nachrichten: Beim Verkauf von Brot verzeichnet er ein Plus. Und seine Klopapier-Torte ist sowieso ein Renner