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Karlsruher Nahverkehr kriselt

Leere Bahnen alle 20 Minuten: Was Corona für den Karlsruher Nahverkehr bedeutet

Die Corona-Krise sorgt für leere Straßenbahnen und bereitet auch dem Karlsruher Nahverkehrskonzern finanzielle Probleme. Wenige Bürger fahren mit Abstand, mit einem ausgedünntem Takt und nun mit Maske. Die Wagen werden nachts desinfiziert.

Die meisten Stamm-Passagiere verzichten gerade auf die Fahrt mit der Bahn. Berührungspunkte wie Knöpfe und Stangen in den Wagen werden laut KVV jede Nacht mit Desinfektionsmittel besprüht und abgewischt.
Die meisten Stamm-Passagiere verzichten gerade auf die Fahrt mit der Bahn. Berührungspunkte wie Knöpfe und Stangen in den Wagen werden laut KVV jede Nacht mit Desinfektionsmittel besprüht und abgewischt. Foto: jodo

Vier Leute verlieren sich in zwei großen Stadtbahnwagen. Aus dieser Doppeltraktion der S5 mit Kurs von Knielingen in die City steigen am Entenfang zwei Passagiere aus, da waren es nur noch zwei. Und niemand steigt an der großen Mühlburger Tramstation zu.

Es ist nicht mehr Feiertag, es ist ein Werktagmorgen nach Ostern um 7.47 Uhr. Aber selbst zur Rushhour in der Corona-Krisenzeit wartet dort gerade überhaupt kein Mensch auf dem Bahnsteig.

Alle aktuellen Entwicklungen zum Coronavirus im Überblick

Karlsruher Bahnen sind wegen Corona länger und leerer

Das Großstadttreiben ist aus den Fugen. Das Virus lässt auch den Schienennahverkehr aus dem Geschäftsgleis springen . Geschlossene Schulen, verwaiste Büros und das von der Kanzlerin verordnete Abstandsgebot fegen die Bahnen leer. Gleichzeitig will die Politik, dass die Straßenbahnen weiterrollen, um auch Menschen, die nicht anders vorwärts kommen, Mobilität zu garantieren. Doppelt so lange und viermal so leere Bahnen sind das Ergebnis.

Es ist eine schwierige Situation
Michael Krauth, Pressesprecher

Mit diesen Widersprüchen muss der Karlsruher Nahverkehrskonzern VBK/AVG/KVV irgendwie durch die Corona-Krise kommen. „Es ist grundsätzlich eine sehr schwierige Situation für den Nahverkehr“, bekennt Michael Krauth, Pressesprecher der ÖPNV-Gruppe. Am Mittwoch einigte sich die große Corona-Konferenz der Kanzlerin und der Ministerpräsidenten darauf, dass vorläufig in Bahn und Bus nur noch mit Maske mitgefahren werden soll.

Fahrgastrückgang um 75 Prozent

„Im Nahverkehrsgebiet des Karlsruher Verkehrsverbunds fahren mittlerweile weniger als 25 Prozent der sonst üblichen Anzahl an Fahrgästen mit Bus, Tram und Stadtbahn“, erklärt Krauth. Folglich seien neben diesem Rückgang um 75 Prozent bei den Passagierzahlen auch die Einnahmen durch die Einschnitte für den Nahverkehr drastisch eingebrochen, berichtet der Sprecher der Verkehrsbetriebe Karlsruhe (VBK).

„Aufgrund der aktuellen Situation ist seit Mitte März verbundweit der Umsatz aus dem Bartarif nahe null Euro, die Abos sind bislang noch stabil“, erläutert Krauth.

Er unterscheidet zwischen Bartarif – dazu gehören die Einzel- und Tageskarten sowie Monatskarten und Studikarten – und dem Einnahmeblock aus Zeitkarten mit ScoolCard und KombiCard sowie Karte ab 65, AboFix und Firmenkarte. „Der Bartarif bringt uns rund 25 Prozent des Umsatzes, die Zeitkarten den großen Rest“, sagt Krauth. Somit beklagen die städtischen Töchter VBK und AVG (Albtal-Verkehrs-Gesellschaft) Mitte April einen Rückgang der Einnahmen um insgesamt rund 30 Prozent.

Weitere Entwicklung ist von politischen Entscheidungen abhängig

Wie sich die Situation auf der Nahverkehrsschiene weiterentwickelt, hängt jetzt stark von der gesamtgesellschaftlichen Entwicklung ab. Die weiteren Entscheidungen von Bund und Land zu Lockerungen und deren Auswirkungen seien abzuwarten, heißt es bei den VBK.

Falls es bald auch zu deutlichen Lockerungen komme, sei das für den Nahverkehr gut. Er könne dann selbst die Krise leicht überwinden. Existierten aber die gravierendsten Einschränkungen wegen Corona „noch über mehrere Monate“, werde sich „die sehr angespannte Situation für den Nahverkehr“ verschärfen, meint Krauth.

20-Minuten-Takt auf allen Linien und Lücken im Haushalt

Um die Ausfälle abzudecken, müsste dann wohl die Stadt mit ihrer Tochter KVVH oder direkt mit der Stadtkasse einspringen. Die VBK fuhren 2018 ein Defizit von 38 Millionen Euro ein, die AVG rollte auf ein Plus von 8,3 Millionen Euro.

Entsprechend der Leitlinie des Landes wegen der Corona-Pandemie hat der KVV den Fahrplan für alle Linien auf einen 20-Minuten-Takt ausgedünnt. Damit begegnet man auch einem möglichen Personalengpass durch Infektionen. „Um für einen ausreichenden gesundheitlichen Schutz der Fahrgäste zu sorgen, setzt die AVG seitdem längere Züge ein und führt alle Fahrten in Doppeltraktion durch“, berichtet Krauth.

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