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Artenschutz

Dem Millionenprojekt an der Stuttgarter Straße in Karlsruhe droht Verzögerung um ein Jahr

Streng geschützte Mauereidechsen bringen in Karlsruhe den Zeitplan für den millionenschweren Umbau des Areals zwischen Stuttgarter Straße und dem Bahndamm ins Wanken. Stadt und Regierungspräsidium streiten noch darüber, wie viel Platz die Tiere in ihrem Übergangsquartier brauchen.

Arbeiter heben Gräben aus und füllen die Löcher mit Steinen und Sand.
Neues Zuhause auf Zeit: Im Citypark haben Bauarbeiter an mehrere Stellen Steine und Sand in den Boden eingebracht. Doch noch fehlt die finale Zustimmung des Regierungspräsidiums für den Umzug der streng geschutzten Mauereidechsen Foto: Jörg Donecker

Die Sorgenkinder des Gartenbauamts tragen braun-grau, werden bis zu 25 Zentimeter lang und sind streng geschützt. Mauereidechsen haben sich am Bahndamm an der Stuttgarter Straße eingerichtet. Für die millionenschwere Umgestaltung des Geländes müssen sie zeitweise ausquartiert werden - nur dann geht es im westlich gelegenen, zweiten von drei Bauabschnitten weiter. Eigentlich sollte der Umzug im April über die Bühne gehen. Doch bis heute ist nichts passiert. Stadt und Regierungspräsidium ringen noch um die Modalitäten, Knackpunkt ist der Platzbedarf für jedes einzelne Tier. Sind die Eidechsen nicht bis Ende September weg, verzögert sich das Projekt voraussichtlich um ein Jahr, Kostensteigerung inklusive.

Drei Millionen Euro für den Artenschutz

„Wir wollen auf jeden Fall am Zeitplan festhalten und gehen von einer Umsiedlung Mitte August aus”, sagt Projektleiter Harald Dürr vom Gartenbauamt. In der vergangenen Woche haben Bauarbeiter in seinem Auftrag am „Übergangswohnheim” für die Eidechsen gearbeitet. Am Wall am nördlichen Ende des Cityparks haben sie an mehreren Stellen Pflanzen und Gras entfernt und Erde ausgehoben. Danach wurden die Gräben mit Steinen und Sand aufgefüllt. Alles optimiert für die kleinen Tiere, sagt Dürr. Das schlägt sich natürlich auch in der Rechnung nieder. Drei der für das Projekt veranschlagten 74 Millionen Euro sind allein für Artenschutz eingepreist - Folgekosten beispielsweise durch Zeitverlust nicht mitgerechnet.

Ein Teil der Tiere ist in den vergangenen Monaten bereits umgezogen: an die Alb und in eine Grünanlage zwischen Beiertheim und Bulach. Der Rest soll nun wenige Schritte von der alten Heimat entfernt im Citypark ein Zuhause finden. So richtig glücklich ist man im Gartenbauamt mit der Lösung nicht. „Es ist ein Kompromiss, weil es sonst nirgends möglich war”, sagt Dürr.

Hinter den Kulissen befindet sich aber derzeit wohl die größere Baustelle. Damit die Mauereidechsen die Straßenseite wechseln können, braucht es zunächst die Zustimmung des Regierungspräsidiums (RP). Grundsätzlich liegt die zwar seit Dezember 2017 vor. Die damals definierten Bedingungen lassen sich aber Stand heute nicht mehr einhalten. Die Behörde hatte nur unter der Vorgabe grünes Licht gegeben, dass die Tiere nach zwei Jahren wieder an den Bahndamm zurückkehren.

Sowohl Gartenbauamt als auch RP gehen mittlerweile davon aus, dass zwei Jahre nicht reichen werden. Dadurch hätten sich die „Voraussetzungen erheblich geändert”, schreibt das RP auf Nachfrage der BNN. Durch den längeren Zeitraum geht die Behörde nicht mehr von einer temporären, sondern von einer permanenten Umsiedlung aus. Deshalb fordert sie am neuen „Wohnort” nun deutlich mehr Platz für jedes einzelne Tier.

Braucht jede Mauereidechse 80 Quadratmeter Platz?

Wie viel Fläche pro Mauereidechse tatsächlich notwendig ist, darüber streiten sich die Gutachter. Ein vom RP beauftragter Experte kommt zu dem Schluss, dass für jedes Reptil 80 Quadratmeter zur Verfügung stehen müssen. Es reicht auch etwas mehr als die Hälfte, rechnet hingegen ein von der Stadt beauftragter Gutachter vor. Aktuell arbeitet er an einer Stellungnahme, die in den nächsten Tagen beim RP ankommen soll. „Wenn wir von 45 bis 50 Quadratmetern pro Tier ausgehen, reicht die Fläche im Citypark”, sagt Projektleiter Dürr. „Die Lücke zur Forderung des RP gilt es noch zu lösen.”

Viel Zeit bleibt für die Annäherung nicht, sonst gerät der Plan für das Gesamtprojekt ins Wanken. Mauereidechsen dürfen nur zwischen Mitte März und Ende April sowie zwischen Mitte August und Ende September umgesiedelt werden. Während der Fortpflanzungs- und Winterschlafzeit ist jede Störung verboten. „Ich bleibe optimistisch”, sagt Dürr. „Der Umzug selbst wird nur wenige Tage dauern.” Doch erst wenn die Tiere weg sind, geht es für die Baustelle voran. Im Spätjahr will das Gartenbauamt roden, im Winter sollen Boden- und Kampfmittelarbeiten beginnen.

Erstes Baufeld ist im geordneten Zustand

Ein ganzes Stück weiter ist man schon im Osten des Bereichs. Vergangene Woche sind die in Säcke verpackten Asbest-Abfälle verschwunden und auf eine Deponie gebracht worden. „Hier haben wir den vom Gemeinderat gewünschten geordneten Zustand erreicht”, sagt Projektleiter Dürr. Das hilft allerdings nur, wenn es nun auch im Westen vorangeht und die Mauereidechsen nicht an der Stuttgarter Straße überwintern. Auf dem Gelände soll die ESG Frankonia nach dem letzten Stand der Planungen bis Ende 2024 ihr neues Vereinsareal beziehen. Im westlichen Teil entstehen neue Kleingärten.

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