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Am Scheideweg

Die nächsten Monate entscheiden: Hat die Majolika in Karlsruhe noch eine Zukunft?

Die traditionsreiche Karlsruher Majolika steht vor einer Weichenstellung: In den nächsten Monaten wird sich entscheiden, ob der private Investor Ralf Müller die 1901 gegründete Majolika übernimmt. Davon hängt auch die Zukunft des Unternehmens ab.

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Eine Manufaktur mit Tradition: Die Majolika am Rande des Karlsruher Hardtwaldes. Foto: Jörg Donecker

Die traditionsreiche Karlsruher Majolika steht vor einer Weichenstellung: In den nächsten Monaten wird sich entscheiden, ob der private Investor Ralf Müller die 1901 gegründete Majolika übernimmt. Davon hängt wohl auch die Zukunft des Unternehmens ab.

Der Unternehmer, der bereits die Zeller Keramik Manufaktur und die Glashütte in Wolfach betreibt, möchte die Karlsruher Traditionsmarke in die Zukunft führen und den Standort am Rande des Hardtwaldes beleben.

Wer den Fernsehpreis Bambi noch nicht verliehen bekam , der kann sich in Karlsruhe das vergoldete Rehkitz kaufen: Bis heute hat die Majolika Manufaktur die Figur im Angebot, die unter anderem Bryan Adams, Tom Cruise und Bill Clinton daheim im Schrank stehen haben. Ende der 1950er, Anfang der 1960er reisten Sophia Loren, Rock Hudson, Gina Lollobrigida und Heinz Rühmann ins Badische, um sich ein Bambi abzuholen.

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Rock Hudson, Sophia Loren und Ruth Leuwerik (von rechts) erhielten 1962 das Bambi in Karlsruhe. Foto: Schlesiger

Erschaffen wurde das Tierchen, das Vorbild der begehrten Auszeichnung wurde, 1936 von Bildhauerin Else Bach. Das Ur-Bambi war aus weißer Keramik und verhalf der Majolika zu viel Ruhm. Inzwischen geht es in dem künstlerischen Betrieb nicht mehr um Glamour, sondern ums Überleben – und das in einer Zeit, in der weit über die Region hinaus beachtet Markus Lüpertz in den Ateliers im Hardtwald an der Schöpfungsgeschichte für die U-Strab-Haltestellen arbeitet .

Majolika schreibt rote Zahlen

Seit Jahren schreibt die Manufaktur rote Zahlen und steht nun am Scheideweg. Und dabei auch unter Zeitdruck. Der städtische Zuschuss von über 300.000 Euro ist nur noch für dieses Jahr gesichert. In den nächsten Monaten muss geklärt werden, was Karlsruhe ab 2021 noch in den Betrieb pumpen will.

Doch die Kommunalpolitik hat längst deutlich gemacht: Die finanzielle Hilfe wird heruntergeschraubt. Offiziell trägt die von einer Stiftung als GmbH geführte Manufaktur noch den Beinamen „staatlich“. Dass sie auf Dauer städtisch finanziert wird, können sich viele Mitglieder des Gemeinderats nicht vorstellen.

Noch kein Durchbruch mit Investor

Doch Teile der Kommunalpolitik fremdeln auch mit der Option, dass ein Investor einsteigt – der aus ihrer Sicht womöglich für zu viel Auftrieb im Hardtwald sorgt, wie es immer wieder sorgenvoll heißt.

Im November 2018 bekundete der Unternehmer Ralf Müller Interesse an der Karlsruher Traditionsmarke. Ein Vertrag ist bisher nicht unterzeichnet. „Wir sind noch in Gesprächen“, sagt Müller. Er führt die unter anderem für die Reihe „Hahn und Henne“ bekannte Zeller Keramik Manufaktur sowie die Glashütte in Wolfach, beides mit wirtschaftlichem Erfolg.

Kulturbürgermeister Albert Käuflein (CDU) sagt: „Meine Überzeugung ist, dass die Majolika mit Ralf Müller eine gute Zukunft haben kann.“ Und der Unternehmer hat schon Ideen, wie man die Manufaktur aus dem Dornröschenschlaf, wie er sagt, erwecken könnte.

Interaktiv ist dabei ein Schlagwort. Auf die Besucher soll im Hardtwald nicht nur ein Verkaufsraum warten. Müller will die Werkstätten öffnen, damit jeder den Fachleuten bei der Arbeit zusehen kann. Wer mag, soll selbst Hand anlegen dürfen. Müller kann sich vorstellen, dass man töpfert oder bereits Getöpfertes bemalt.

Sonderhalt der Schlossgartenbahn?

Ein Konzept, das Müller an seinen anderen Standorten bereits umgesetzt hat. Er bilanziert: „Das ist Werbung für diese Berufszweige. Und es spricht die Menschen an.“ Müller stellt sich vor, dass künftig der knallrote Doppeldecker des Citymarketing die Majolika ansteuert.

Auch ein Sonderhalt der Schlossgartenbahn bei der Manufaktur schwebt ihm vor. Zumindest Teile der Produktion von Hahn und Henne will er nach Karlsruhe verlagern, die Tassen und Teller also hier in die Öfen schieben.

DNA muss erhalten werden

Dabei sei jedoch klar, dass die Marke Majolika erhalten und klar von seinen anderen Linien abgetrennt werde, so Müller. Auch Klaus Lindemann, dem Vorstand der Majolika Stiftung, ist der künstlerische Kern der Majolika wichtig.

„Das ist die DNA, die erhalten werden muss“, sagt der Mann, der seit anderthalb Jahren mit Müller Gespräche führt. Er berichtet: „Das ist alles nicht ganz einfach. Aber wir stehen nicht unter Zeitdruck.“

Arbeit an Plan B

Lindemann bestätigt, dass der erst jüngst berufene neue Majolika-Geschäftsführer Klaus Gutowski erste Überlegungen anstellte, wie eine Zukunft der Majolika ohne Investor aussehen könnte.

Details zu diesem Plan B will Lindemann noch nicht öffentlich machen. Aber er erklärt: „Wir sind ja eine Kultureinrichtung, die auch öffentlich gefördert werden muss.“

Städtisches Geld könnte für Stipendien fließen

Käuflein stellt sich vor, dass ein städtischer Zuschuss nach dem Einstieg von Müller der Kunst und Kultur zugute kommen soll. Dass mit dem Geld Stipendien, Publikationen oder Ausstellungen ermöglicht werden. Käuflein sagt: „Ich spreche mich für den Einstieg von Müller aus. Aber die Sache liegt nicht in meiner Hand. Die Stiftung und Müller müssen sich einigen. Was die Stadt tun kann, hat sie gemacht.“ Dazu gehöre ein Erbpachtvertrag für die sanierungsbedürftige Immobilie. Lindemann und die Stiftung sind also am Zug.

In Ludwigsburg ging der Ofen aus

Doch die Kommunalpolitik redet ebenso mit, nicht nur wenn es ums Geld geht. Gerade erst wurde die Aufstellung des Bebauungsplans nicht im Planungsausschuss durchgewunken, sondern in den Gemeinderat verwiesen. Unter anderem die KAL sieht noch Fragezeichen und möchte diskutieren, welche Konzepte die Majolika in die Zukunft führen könnten.

Es gibt Betriebe dieser Art, für die es kein Morgen mehr gibt. Die 1758 gegründete Porzellan-Manufaktur Ludwigsburg etwa wurde 2016 infolge von Zahlungsunfähigkeit aufgelöst.

Geschichte der Majolika

1901: Großherzog Friedrich I. stimmt dem Bau der „Großherzogliche Majolika-Manufaktur“ in der Hoffstraße zu.

1909: Die Majolika zieht in den heutigen Standort am Ahaweg um.

1919: Die Manufaktur geht in den Besitz des badischen Staats über.

1924 – 34: In zehn Jahren werden 900.000 Reichsmark Verlust gemacht, das Aus wird erwogen.

1934 43: Unter anderem mit der Produktion von Hitlerbüste werden Gewinne erzielt.

1950: Das Wirtschaftswunder sorgt für eine gute Nachfrage.

1974: Es kommt zu Verlusten.

1978: Die Gernsbacher Katz-Werke übernehmen 74,8 Prozent der Aktien, den Rest behält das Land.

1983: Das Land kauft die Anteile zurück.

1999: Die Majolika geht in den Besitz der Landesbank über.

2010/11: Die Landesbank steigt aus, die Majolika Stiftung übernimmt die Geschäfte und hält alle Anteile der Majolika GmbH.

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