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Folgen des Baubooms

Die U-Strab in Karlsruhe wird später fertig - und teurer wird sie auch

Der Karlsruher Stadtumbau braucht nicht nur viel mehr Zeit, als es den Bürgern vor zehn Jahren von der Politik versprochen wurde. Die U-Strab verteuert sich auch noch erneut. Wie viel mehr man als die bislang anvisierten 1,3 Milliarden Euro ausgeben muss, will der städtische Bauherr im Sommer sagen. Auch der Zeitplan der Kombilösung ist im Rutschen.

U-Strab
EINE KATHEDRALE AUS LICHT wird die Untergrundstation Durlacher Tor wie die anderen sechs U-Strab-Haltestellen. So heißt es unter Architekten zum aufwendigen Lichtkonzept, das jetzt umgesetzt wird: Das Gerüst ist weg. Decke und Wände sind mit Platten und Steinen ausgekleidet und hell verputzt. Das Lichtgespinst wird bald eingezogen. Foto: jodo

Die anhaltend gute Baukonjunktur treibt Preise nach oben und sorgt für viel Arbeit für zu wenig Leute. Das bekommt auch die U-Strab in Karlsruhe nun zu spüren: Die Kombilösung Karlsruhe wird offenbar noch einige Millionen teurer werden. Und wohl nicht zum geplanten Zeitpunkt in Betrieb gehen können.

Die U-Strab wird noch teurer. Damit werden die Kosten der Kombilösung erneut steigen. Nach mehreren Korrekturen nach oben seit dem Kombi-Baustart 2010 nennt die Bauherrin, die städtische Tochter Kasig, aktuell noch 1,3 Milliarden Euro.

Alexander Pischon, kaufmännischer Geschäftsführer der Kasig, sagt jetzt auf Nachfragen der BNN: „Die anhaltend gute Baukonjunktur wird mit Sicherheit zu Mehrkosten bei der Kombilösung führen“. Pischon kündigt an, „etwa Mitte dieses Jahres werde die Karlsruher Schieneninfrastruktur-Gesellschaft die bis dahin errechneten Mehrkosten auch veröffentlichen“.

„Über die genaue Höhe der zusätzlichen Millionen lässt sich zum jetzigen Zeitpunkt allerdings noch keine Aussage treffen“, erklärt der Kasig-Geschäftsführer. Ursprünglich waren die Kosten beim Bürgerentscheid 2002 mit knapp unter 500 Millionen Euro prognostiziert worden.

Der ursprüngliche Zeitplan wird zum besonders „ehrgeizigem Ziel“

Dreht sich also damit die Preisspirale sicher weiter, so schwört die Kasig offiziell immer noch, dass sie den aktuellen Zeitplan auch beim U-Strab-Innenausbau einhalten will. Frank Nenninger, Technischer Geschäftsführer der Kasig, bekräftigt gegenüber den BNN: „Wir haben den Juni 2021 als Fertigstellungstermin für den Stadtbahn- und Straßenbahntunnel und den Dezember 2021 als Termin für die Inbetriebnahme der Kriegsstraße fest im Blick.“

Nenninger fügt hinzu: „Mit aller Kraft arbeiten wir daran, die beiden Termine auch in die Realität umzusetzen.“ Allerdings spricht auch er von einem besonders „ehrgeizigen Ziel“. Seit Monaten schätzen dagegen andere Beobachter, dass die U-Strab erst frühestens gemeinsam mit dem Umbau der Kriegsstraße Ende 2021 fertig wird.

Der Autotunnel ist im Plan

Der Autotunnelbau in der Kriegsstraße macht bislang für jedermann sichtbar tatsächlich riesige Fortschritte. In drei Jahren Bauzeit ist dort die Arbeitsgemeinschaft Züblin/Schleith nicht in Rückstand geraten. Folglich gilt heute als relativ sicher, dass zu Weihnachten 2021 in der Kriegsstraße über den Autos im Tunnel auch die Straßenbahnen auf oberirdischem Gleis rollen.

Dagegen ist der U-Strab-Bau seit zehn Jahren das Geduldsspiel. Schon mehrfach musste die Kasig den Termin für die Inbetriebnahme in die ferne Zukunft verschieben. Als man im Januar 2010 für das Jahrhundertbauwerk loslegte, sollte 2016 der U-Strab-Tunnel Karlsruhe zu einer U-Bahn-Stadt mit einem der kürzesten Gleisstollen machen.

Inzwischen hat man diese Zeitmarge schon um dreieinhalb Jahre übertroffen - und es wird mindestens noch rund eineinhalb Jahre dauern, bis im zweiten Halbjahr 2021 das eigentliche U-Strab-Zeitalter nach dann zwölf Jahren Großbaustellen in der City anbricht.

Immerhin wird es jetzt in der ersten von sieben Untergrundstationen hell im Tunnel: Die Arbeiter sammeln die letzten Stangen ein. Das graue Gerüst ist aus der U-Bahn-Station Durlacher Tor verschwunden. Kein Wirrwarr aus Stahlstreben verstellt mehr den Blick auf jetzt helle Wände und weiße Decke.

Die unterirdische Lichtkathedrale, die der Lichtkünstler Ingo Sattler zusammen mit den Architekten Allmann/Sattler/Wappner für Karlsruhes Unterwelt entworfen hat, nimmt Gestalt an.

Am Ettlinger Tor sind noch nicht mal die Trockenbauer

Im März kann nun dort das nächste Kapitel der U-Strab-Baugeschichte aufgeschlagen werden: Zuerst werden die Stahlseile für das Lichtgespinst von Wand zu Wand gezogen und von der Decke herabhängende Drähte justiert. An dieser Hängekonstruktion werden später die Strahler montiert, welche die Haltestellenhalle erst richtig zu einem sehr hellen Raum unter der Erde machen.

Die Haken für die Seile sind bereits in die Wände geschraubt. Dort befinden sich auch schon die Haltebügel für die Oberleitung der Straßenbahn. Hängt in allen Untergrundstationen das Lichtgespinst, kann darunter der Fahrdraht für die Stromabnehmer installiert werden.

Doch so weit wie unter dem Durlacher Tor sind die Handwerker an anderer Stelle noch lange nicht. Beispielsweise hat unter dem Ettlinger Tor noch gar nicht der Trockenbau begonnen. Dort fehlt also etwa noch völlig die Auskleidung der oberen Betonwände und der Rohbaudecke mit Rigipsplatten, vom Putz darüber für die Akustik und die Optik in der Untergrundstation ganz zu schweigen.

Zeitdruck bei der Oberleitung

Dabei muss die Kasig davon ausgehen, dass die Firmen in den nächsten Monaten mit zusätzlichem Personal beim Trockenbau kräftig Gas geben, damit tatsächlich die Drähte für das Licht und für die Oberleitung in den Haltestellen und dem Tunnelabschnitten bis Ende Juli gespannt sind.

Nur wenn dies geschieht, kann Kasig-Chef Nenninger den Zeitplan einhalten und die Gleise dann pünktlich für den Straßenbahn-Probebetrieb unter der Erde an die Verkehrsbetriebe Karlsruhe (VBK) übergeben. Auf den Bahnsteigen müsse auch dann noch rund ein Jahr weiter gearbeitet werden, bis die U-Strab-Infrastruktur komplett ist, erklärt Nenninger.

Doch gerade an der Knappheit der Arbeitskräfte in der Bauhochkonjunktur hängt eben nicht nur der Baufortschritt. Die immense Nachfrage nach Handwerkern schlägt finanziell entsprechend zu Buche: Um die Spezialisten in den U-Strab-Tunnel zu bringen, muss die Kasig draufzahlen. Davon weiß eben Kasig-Geschäftsführer Pischon ein Lied zu singen. Dazu kommt noch: Je länger an der U-Strab gebaut wird, umso teurer wird das Milliardenprojekt.

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