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Er geht seinen eigenen Weg

dm-Geschäftsführer Christoph Werner: Manager aus dem Großraumbüro

Christoph Werner ist nicht leicht in eine Schublade zu stecken: Er war Waldorfschüler, hat keinen Fernsehen – und wollte bei der Bundeswehr Pilot werden. Seit acht Jahren ist der Sohn des dm-Gründers einer der Geschäftsführer bei dem Drogeriemarktkonzern.

Am kleinen See der neuen dm-Zentrale: Christoph Werner wollte einst Pilot bei der Bundeswehr werden, hat aber längst seinen Platz und Weg bei dm gefunden.
Am kleinen See der neuen dm-Zentrale: Christoph Werner wollte einst Pilot bei der Bundeswehr werden, hat aber längst seinen Platz und Weg bei dm gefunden. Foto: Fabry

Gerade eben noch hat Christoph Werner das Stativ der Fotografin aus dem Foyer der neuen dm-Zentrale getragen. Jetzt zapft er frisches Sprudelwasser in die Glaskaraffe.

Er war ganz baff, als er von den BNN angesprochen worden war. „Sie wollen ein Portrait über mich schreiben? Interessiert denn das jemanden?“ Neulich hat auch ein Wirtschaftsmagazin angefragt. „Ich war überrascht“, sagt Werner, der seit gut acht Jahren bei dm Geschäftsführer für Marketing und Beschaffung ist.

Im Internet und in Archiven von Printmedien ist ziemlich wenig über den Manager zu finden, der in Blue Jeans und hellblauem Hemd auch unter den 1.800 Mitarbeitern in der dm-Zentrale kaum auffällt.

dm-Geschäftsführer Christoph Werner arbeitet im Großraumbüro

Er arbeitet übrigens mitten unter ihnen, in einem der Großraumbüros. „Das ist auch als Signal für die Kolleginnen und Kollegen wichtig“, sagt er. Die sollten sehen: „Christoph Werner ist auch ein Mensch. Der muss ebenfalls Fragen stellen.“ Werner hat keinen Chauffeur, keinen Sonderparkplatz. Mit Luxus, Privilegien und Statussymbolen bestehe die Gefahr, dass man sich abkoppelt, betont er.

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IM DIALOG im "dm-dialogicum": Christoph Werner (Mitte) im Gespräch mit den Mitarbeitern Maximilian Baader und Brigitte Kalkofen. Foto: Fabry

Der 46-Jährige trägt einen berühmten Nachnamen. Es störe ihn nicht, wenn er regelmäßig auf seinen Vater Götz W. Werner angesprochen wird, den Gründer des Karlsruher Drogeriemarkt-Imperiums dm. Aber das Zitat zu Beginn dieses Textes, das ist Werner junior eben auch wichtig.

Meine Stärke ist, Fragen stellen zu können.
Christoph Werner, dm-Geschäftsführer

Mit ihm ließe sich stundenlang über das (Arbeits-)Leben philosophieren. Er ist ein kluger Kopf, der Biografien über Abraham Lincoln verschlungen hat und viele Zitate von Viktor Frankl nennen kann. Nur Bildungsbürgern sagt Viktor Frankl, den die Nazis einst ins KZ brachten, etwas. „Meine Stärke ist, Fragen stellen zu können“, sagt Werner. Und seine Schwäche? „Sicherlich Ungeduld.“

Christoph Werner kann keiner leicht in eine Schublade stecken. Sicher, da gibt es dieses Waldorfschüler-Klischee, der er ja auch war. Er wächst als Zweitältester von sieben Geschwistern auf, es wird nach dem Abendessen Karten gespielt, in der Weihnachtszeit musiziert. Mit dem Familienvan geht es zum Wandern ins Berner Oberland.

Kein Leben in Saus und Braus

Die erste Flugreise erlebt Werner erst mit 13 – nach Elba. Es ist nicht ein Leben in Luxus, in Saus und Braus, eines Sohnes, dessen Vater – vor der Übertragung der Gesellschafteranteile in eine Stiftung – wohl Milliardär war. Und: Es gab keinen Fernseher. Den hat Christoph Werner, heute selbst Vater eines 25 Jahre alten Sohnes und einer 14 Jahre alten Tochter, immer noch nicht. „Nach dem Programmheft meinen Abend zu gestalten, kommt für mich nicht in Frage. Ich will gezielt Informationen.“

Also wird bei Werners Zeitung gelesen und im Internet bewusst nachgeschaut. Wissbegierig sei er, neugierig, eben einer, der permanent Fragen stellt. Das ist übrigens etwas, das er definitiv von seinem Vater hat. Der fuhr auf Urlaubsreisen mit seiner Familie beispielsweise immer wieder mit dem Camper Einzelhandelsläden an, um Antworten darauf zu finden, wie es Konkurrenten machen.

Vor dm war Christoph Werner bei L’Oréal und GlaxoSmithKline

Christoph Werner schätzt seine beruflichen Stationen nach dem BWL-Studium an der Dualen Hochschule bei den Weltkonzernen L’Oréal und GlaxoSmithKline in Frankreich und in den USA. „Im Ausland war dm kein Begriff. Ich war ein Mitarbeiter wie jeder andere.“

Das sei ganz gut so gewesen. Wissbegierig war Werner übrigens auch im Ausland: „Wenn ich wo hingezogen bin, habe ich immer zuerst das Heimatkundemuseum besucht und die lokale Zeitung abonniert.“ Jetzt, wo er in der Karlsruher Südweststadt lebt, liest er selbstverständlich die BNN, fügt er verschmitzt hinzu.

Lange wollte er Pilot bei der Bundeswehr werden

Zum Thema Waldorfschüler passt übriges auch, dass er nie ein Kneipengänger war. „Ich war auch kein Disco-Kind. „Man kann sich dort gar nicht unterhalten, man muss sich so anbrüllen“, sagt Werner und kokettiert schon ein bisschen mit diesem Anderssein.

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SYMBOLHAFT: 1 800 Mitarbeiter arbeiten allein in der dm-Zentrale. Foto: Fabry

Christoph Werner war übrigens, das mag verwundern, bei der Bundeswehr – als einziger seines Abiturjahrgangs. Er wollte ursprünglich dort gar Hubschrauberpilot werden, weil ihn das fasziniert hat.

Bundeswehr, das ist doch Befehl und Gehorsam. Und das für einen wie ihn? Werner war auch hier: neugierig. Interessiert, wie der Bund insgesamt organisiert ist. Wenn man in Stress gerate, funktionierten Befehl und Gehorsam. Sei das nicht der Fall, werde es jedoch schwierig. Letztlich war Werner übrigens Lkw-Fahrer beim Bund, hat bei den Sanitätern des Eurokorps ausgeholfen. Und in der Stube legte er abends Beethoven auf.

Karlsruher entdeckt Leidenschaft für Betriebswirtschaft

Schon zuvor, an der Dualen Hochschule, „habe ich meine Leidenschaft für Betriebswirtschaft entdeckt“. Der Vater, übrigens, habe ihn nie ins Kaufmännische gedrängt, schon gar nicht zu dm. „Entscheidend ist, dass man seinen Weg findet“, ist ihm Christoph Werner dankbar dafür. Noch eine weitere Frage liegt in diesem Zusammenhang auf der Hand. Ob er denn eines Tages Sprecher der Geschäftsführung bei dm werden wolle. „Das muss man sehen“, sagt Werner blitzschnell.

Danach spricht er einmal mehr darüber, wie sinnhaft seine Arbeit für ihn sei. Für die Mitarbeiter in den Filialen – die für den Kunden da sind – müssten Leute wie er alles tun, damit sie den Rücken frei für ihren Job hätten. Zweimal im Monat fährt Werner in den hohen Norden, Filialen in Hamburg, Bremen, Niedersachsen und Schleswig-Holstein besuchen. Jeder der neun dm-Geschäftsführer hat auch ein regionales Zuständigkeitsgebiet, besucht und betreut dort Filialen.

Abschalten beim Joggen und der Achterbahnfahrt im Europa-Park

Wie viele Stunden seine Arbeitswoche hat? „Keine Ahnung“, sagt Werner. In seiner Freizeit liest er viel, joggt, schwimmt in Karlsruher Freibädern, segelt mit einem gecharterten Boot. Neulich war er mit seinem Sohn eine Woche auf der Ostsee unterwegs.

Und er gehe gerne mit seiner Familie in den Europa-Park. Nachdem er sich selbst das Stichwort gegeben hat, schwärmt er über die Lebensleistung der Inhaberfamilie Mack, über deren „Liebe zum Detail“ und Neugierde aufs Neue. Er merkt wahrscheinlich in diesem Moment gar nicht, dass er so auch über dm reden könnte. Auch wenn es dort keine Achterbahn „Silver Star“ gibt, in die er – doch ein bisschen Bundeswehr-Pilot – immer wieder gerne einsteigt.

Christoph Werner ist eng getaktet. Da unterscheidet sich sein Manager-Job bei dm nicht von denen bei anderen Konzernen. Der nächste Termin ist überfällig. Flugs schnappt er sich noch Gläser sowie Karaffe und räumt sie draußen in die Spülmaschine ein.

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