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Verkehr

E-Scooter faszinieren Passanten in Karlsruhe – sorgen aber auch schon für Ärger

Sie sind neu, sie sind interessant, sie erregen die Gemüter: Die roten E-Scooter aus Schweden sind in Karlsruhe angekommen. BNN-Redakteur Konrad Stammschröer hat sich die Situation in der Innenstadt angeschaut – und schon erste Schattenseiten wie Fahrten mitten durch die Passanten gesehen.

Da waren es nur noch vier: Marius Kleinfeld checkt das neue Mobilitätsangebot in der Innenstadt. Der schwedische Scooter-Verleiher VOI hat mehrere Hundert E-Scooter über die Kernstadt verteilt. Die Neugier ist in der Anfangszeit groß.
Da waren es nur noch vier: Marius Kleinfeld checkt das neue Mobilitätsangebot in der Innenstadt. Der schwedische Scooter-Verleiher VOI hat mehrere Hundert E-Scooter über die Kernstadt verteilt. Die Neugier ist in der Anfangszeit groß. Foto: jodo

Sie sind neu, sie sind interessant. Sie wecken die Neugier, sie erregen die Gemüter: Die roten E-Scooter aus Schweden sind im Stadtbild von Karlsruhe angekommen. BNN-Redakteur Konrad Stammschröer hat sich die Situation in der Innenstadt angeschaut.

Die E-Scooter in Karlsruhe sind nicht schnell, aber auch nicht langsam. Sie schaffen rund 25 Kilometer pro Stunde, dämpfen mit Doppelfederung die Rumpelstrecken und kommen dank elektrischer und manueller Vorder- und Hinterradbremsen schnell in den Stand.

Probefahrten mit dem Voiager 2 sind beliebt in dieser Premierenzeit. Viele wollen es wissen: Sind die E-Scooter des Sharing-Dienstes VOI was für mich? Vor dem Karstadt bildet sich eine Menschentraube. Sechs Jugendliche entdecken das neue Angebot, drei startklare VOI-Scooter.

Die Kids sind keine Touristen, keine Pendler, die für die berühmte „letzte Meile“ nach komfortabler Mobilität suchen. Sie sind wissbegierig. Mehrfach laufen sie um die kleine Flotte, inspizieren die Bremsen, den drückbaren Gashebel, die austauschfähige Batterie und die Reifenprofile.

Ausleihe von E-Scootern ist einfach – eigentlich

Die Smartphones werden gezückt, die zum Losfahren benötigte VOI-App ist schnell runtergeladen. „Hey Alter, das kostet 15 Cent die Minute und einen Euro fürs Entsperren“, verkündet einer der Sechs und vollführt Trockenübungen auf dem Trittbrett. „Gib mal deine Kreditkarte“, fordert er einen Kumpel auf. Abrupt ist der Spaß beendet: „Hab keine.“ Bei PayPal ist er auch nicht registriert. Eins von beiden aber ist nötig, damit der Verleiher VOI an sein Geld kommt. Aus dem Sinn ist das elektrische Lockmittel damit bei den Jugendlichen noch nicht.

Gegenüber vom Shopping-Center „Ettlinger Tor“ wartet ein Tretroller-Duo auf Kundschaft. Die VOI-App zeigt alle Standorte der Roller im zugelassenen Fahrsektor an. Ein kleiner roter Punkt symbolisiert die eigene Position. In der Mitte des Lenkrads ist ein QR-Code angebracht, der per Handy einzuscannen ist.

Ein Kinderspiel. Umgehend poppt ein Fenster auf: Es zeigt den aktuellen Batteriestand. „Du kannst mich nicht mieten. Versuche es stattdessen bei einem meiner VOI-Freunde, die auf der Karte sichtbar sind“, teilt die App mit. Zu niedriger Batteriestatus.

Die E-Scooter von VOI nahe der Haltestelle Karlstor: Nutzer dürfen gerne umsteigen, nicht aber damit einsteigen.
Die E-Scooter von VOI nahe der Haltestelle Karlstor: Nutzer dürfen gerne umsteigen, nicht aber damit einsteigen. Foto: Starck

"Hunter" suchen leere E-Scooter

Ein Fall für die sogenannten Hunter. Freiwillige, die gegen Lohn nach Scootern mit niedrigem Ladestand „jagen“ und für „volle Fahrt voraus“ sorgen. Der Nachbarroller ist annähernd vollgetankt: 91 Prozent, so die Anzeige.

Nur wie weit kommt man damit? Das hängt von vielen Faktoren ab: Fahrstil, Fahrstrecke, Berge, Täler, häufiges Bremsen. Die Recherche ergibt: rund 50 Kilometer sollten möglich sein. Das reicht für etliche Runden in der City.

E-Scooter preschen an Passanten vorbei

Auf diesen nicht repräsentativen Runden ist am Mittwoch Erwartbares zu beobachten: Es wird in unzulässigen Zonen, auf Gehwegen und in der Fußgängerzone, gefahren. In Büschen liegen „geparkte“ Vehikel, an baustellenbedingten Engstellen rollern Nutzer ungebremst mitten durch die Passanten. Manche teilen sich ein Gefährt. Das sind Einzelereignisse, keine Massenphänomene.

Noch stolpert der Fußgänger auch nicht über herumliegende Vertreter neuzeitlicher Mobilität. Die über die Stadt verteilte Flotte wirkt sauber und behinderungsfrei aufgestellt. Nur das empfohlene Tragen von Helmen halten gefühlt ein Drittel der Scooterfahrer für nicht nötig.

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E-Tretroller in Karlsruhe (E-Scooter) Foto: VOI

Fahrten sind mit bis zu 100 Millionen Euro versichert

Schnell könnte sich die Lage verschärfen: Weitere Verleiher stehen auf den Startblöcken. Auch mit ihnen will die Stadt ein LOI (ein Letter of Intent) verabschieden, mit Anforderungen an den Verleiher und Empfehlungen zur Verkehrssicherheit, Parkverbotszonen und die Anzahl der E-Tretroller im Kernbereich der Stadt.

„Im Stadtgebiet sollen zunächst maximal 300 Fahrzeuge mit höchstens fünf Fahrzeugen pro Abstellort innerhalb der Kernzonen Innenstadt und Durlach bereitgestellt werden“, heißt es darin. Wann die Mitbewerber auftreten, ist derzeit noch unklar. VOI verspricht einen offenen Dialog mit den Städten und Kommunen, will sich darum kümmern, dass die Scooter nicht zum Problem werden.

Spezielle Wartungsdienstleister managen die Rollerflotten und sollen untaugliches Gerät aus dem Verkehr ziehen. Alle Fahrten mit den schwedischen E-Tretrollern sind mit bis zu 100 Millionen Euro versichert. Zusätzlich bietet VOI eine virtuelle Fahrschule zum richtigen und sicheren Gebrauch der E-Tretroller an. Dort geht es etwa um das richtige Bremsen, die Verkehrsregeln und das ratsame Tragen von Schutzhelmen.

Wer liest schon das Kleingedruckte?

Ein am Zirkel abgestelltes E-Gerät bekommt neue Kundschaft. Ein jüngerer Herr entsperrt routiniert den fahrbaren Untersatz. Auf Nachfrage erklärt er, die Allgemeinen Geschäftsbedingungen von VOI nicht studiert zu haben: „Wer liest schon das Kleingedruckte?“

In diesem 15 Seiten starken Papier hätte er unter anderem erfahren, dass von ihm eine ausführliche Sicherheitsprüfung des Scooters erwartet wird. Und, dass es teuer werden kann, den GPS-überwachten Tretroller in eingeschränkten oder gesperrten Bereichen zu deaktivieren. Die Rückholaktionen haben ihren Preis.

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