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Kriegsende in Karlsruhe

Wie US-Truppen das Freibad Wolfartsweier übernahmen

Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs übernahmen die US-Truppen das Freibad Wolfartsweier. Friedrich Zechiel kann sich noch sehr gut an die wiedergewonnene Freiheit im Sommer 1945 erinnern.

Das Freibad Wolfartsweier in den 1970er Jahren
Das Freibad Wolfartsweier in den 1970er Jahren Foto: Stadtarchiv/Schlesiger

An die Blechbrücke über den Wetterbach kann sich Friedrich Zechiel noch sehr gut erinnern. Der schmale Steg führte vor 75 Jahren direkt ins Freibad Wolfartsweier und wurde von der Dorfjugend regelmäßig im Laufschritt überwunden. „Beim Darüberlaufen hat das immer laut geklappert. Dieses Geräusch habe ich bis heute im Ohr“, erzählt der 89-Jährige mit einem Schmunzeln.

Frühjahr und Sommer 1945 hat Zechiel ebenfalls noch in sehr guter Erinnerung. Am 31. März wurde die Autobahnbrücke bei Wolfartsweier gesprengt, am 7. April kapitulierten die letzten im Ort stationierten deutschen Soldaten, am 24. Mai kam sein Vater aus dem Krieg zurück nach Hause, und im Juli wurde das Freibad von den amerikanischen Besatzern beschlagnahmt und wiedereröffnet. Ab dem 11. August durften auch die Wolfartsweierer wieder ins kühle Nass springen.

„Für die Leute im Ort war das eine tolle Sache. Da konnte man den Sommer endlich einmal wieder genießen“, sagt Zechiel. Durch den Freibadbetrieb kehrte in der selbstständigen Gemeinde nach sechs Kriegsjahren schließlich für viele Dorfbewohner die Normalität zurück.

Wasser wurde mit Feuerwehrschläuchen durchs Dorf gepumpt

Dass die Amerikaner den zur Badeanstalt umgebauten Brandweiher mit großem Aufwand befüllten und das Wasser mit Feuerwehrschläuchen vom Zündhütle bis zum Schlossberg pumpten, hat der rüstige Rentner ebenfalls nicht vergessen.

„Die Schläuche zogen sich durchs ganze Dorf. Das war schon ein komischer Anblick“, erzählt Zechiel. Laut der vom historischen Verein Wolfartsweier herausgegebenen mehrbändigen Ortschronik war die Befüllung des Brandweihers sogar die erste Amtshandlung nach der Übernahme der Besatzung von den Franzosen.

Freibad Wolfartsweier in den 1950ern
Freibad Wolfartsweier in den 1950ern Foto: Förderverein Freibad Wolfartsweier

Nach Kriegsende waren zunächst einmal die französischen Besatzer für die Verwaltung in Karlsruhe zuständig. Doch nach den Verhandlungen der Alliierten über de Neuordnung Deutschlands wurden die Grenzen der Besatzungszonen neu gezogen. Dabei fielen Karlsruhe und Stuttgart den Amerikanern zu.

Die Schläuche wurden übrigens von der Freiwilligen Feuerwehr Wolfartsweier ausgeliehen und bei der aufwändigen Aktion teilweise beschädigt. Der finanzielle Schaden wurden laut den Einträgen in der Chronik anschließend ordnungsgemäß erstattet.

„Das Schwimmen haben wir Burschen uns selbst beigebracht”

In den Nachkriegsjahren war Friedrich Zechiel fast jeden Sommersamstag im Freibad. „Unter der Woche habe ich meiner Mutter beim Gemüseanbau geholfen. Aber den Samstag hatte ich dann für mich, und das Schwimmen haben wir Burschen uns selbst beigebracht“, sagt er. Glasklares Wasser durften die Badbesucher jedoch nicht erwarten.

„Das Wasser war ziemlich trüb. Von den heutigen Hygienestandards war man damals noch weit entfernt“, sagt Zechiel. Fast noch wichtiger als das Baden in dem 1935 erbauten Brandweiher waren für die Menschen aus dem kleinen Dorf deshalb die 20 Duschkabinen. Dass aus den Duschen fast nur kaltes Wasser kam, habe eigentlich niemand gestört.

Das Duschwasser war schließlich sauber, und zum Aufwärmen habe sich die Dorfjugend dann mit dem Rücken an die von der Sonne gewärmten Holzkabinen gelehnt. Außerdem war das Bad bereits kurz nach Kriegsende ein sozialer Treffpunkt der Dorfbewohner inklusive Eisverkauf der Familie Rapp.

Eisverkauf im Freibad Wolfartsweier im Jahr 1947
Eisverkauf im Freibad Wolfartsweier im Jahr 1947 Foto: Privat

Bad wurde ein zweites Mal beschlagnahmt

Auch bei den Amerikanern genoss das Badevergnügen offenbar einen großen Stellenwert. Am 16. April 1947 wurde das Bad erneut beschlagnahmt und erst am 30. November 1949 offiziell an die Gemeinde Wolfartsweier zurückgegeben. Nach dem Abzug der Amerikaner ließ Bürgermeister Robert Huber die von den Besatzern verursachten Schäden und Kosten auflisten.

1950 stellte Huber bei der zuständigen amerikanischen Dienststelle einen Antrag auf Ausgleich von über 14.000 DM. Im Gegensatz zu den Feuerwehrschläuchen zeigte sich die US-Verwaltung in diesem Fall nicht ganz so generös und erstattete der Gemeinde lediglich 8.405,91 DM.

Freibad ist sozialer Treffpunkt der Dorfgemeinschaft

Anschließend war das Freibad für Friedrich Zechiel sechs Jahrzehnte lang ein zweites Wohnzimmer. Seinen beiden Töchtern hat er dort das Schwimmen beigebracht. Die Umbauten in den Jahren 1967 mit der Errichtung eines 50-Meter-Beckens und 1993 mit dem Neubau einer 25-Meter-Bahn mit Kinderbecken hat der passionierte Schwimmer ebenso begleitet wie die Gründung des Fördervereins im Jahr 1996.

Auch als die Stadt Karlsruhe den Badebetrieb komplett an den Förderverein übergab, legte Friedrich Zechiel Hand an und montierte zahlreiche Spielgeräte für Kinder. „Für die Leute in Wolfartsweier ist es unheimlich wichtig, dass es dieses Bad gibt. Hier können Kinder schwimmen lernen und Erwachsene Kontakte knüpfen“, sagt er.

Das Bad sei schließlich seit mehreren Generationen der Treffpunkt für Leute aus Wolfartsweier sowie den umliegenden Ortschaften und wegen seiner familiären Ausrichtung viel mehr als ein reiner Freizeitbetrieb.

Große Solidarität in der Corona-Krise

Wie sehr die Menschen aus dem Stadtteil an ihrem Bad hängen, hat Christa Grafmüller-Hell auch während der Corona-Krise erfahren. „Viele Leute haben trotz der unsicheren Situation Saisonkarten gekauft.

Auch die Zahl von Mitgliedern und Spenden ist seit dem Beginn der Krise angestiegen“, freut sich die Vorsitzende des Fördervereins Freibad Wolfartsweier über die zahlreichen Solidaritätsbekundungen aus der Bevölkerung.

Finanziell auf Rosen gebettet ist der Förderverein aber trotz der zahlreichen kleineren und größeren Finanzspritzen nicht. Die Krise hat schließlich auch den Förderverein mit Wucht getroffen. Die Ausarbeitung eines Hygienekonzeptes erforderte zahlreiche ehrenamtliche Arbeitsstunden. Außerdem dürfen derzeit nur maximal 300 Besucher gleichzeitig ins „Wölfle“, und deshalb sind in diesem Sommer keine Rekordtage mit über 1.000 Besuchern möglich.

„Das Wölfle ist ein Stück Lebensqualität”

„Die Betriebskosten sind die gleichen, aber die Einnahmen werden weniger. Da kann sich jeder selbst ausrechnen, was am Ende noch übrig bleibt“, sagt Grafmüller-Hell. Jammern wolle sie aber trotzdem nicht. Der Förderverein habe in den vergangenen Jahren schließlich solide gewirtschaftet.

Und auch dank der finanziellen Unterstützung von Seiten der Stadtverwaltung habe er einige Großprojekte wie die Sanierung des herzförmigen Planschbeckens gestemmt. Vor der Zukunft sei ihr deshalb nicht bange, sagt Grafmüller-Hell. „Das Wöfle ist für die Leute hier ein Stück Lebensqualität. Deshalb muss es unbedingt erhalten bleiben.“



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