Zwei Büro- und Wohntürme oder gar ein ganzer Schwarm von 17 Hochhäusern am Südsaum des kommenden City-Boulevards Kriegsstraße beim Ettlinger Tor? Neue Vorschläge liegen auf dem Tisch. Die Corona-Krise kann die städtebaulichen Visionäre nicht stoppen.
Vier internationale Büros schmieden ungebremst an ihren Plänen für Hochhäuser beim Ettlinger Tor, Auslöser des aufwendigen Denkprozesses ist der weiter wegen des Denkmalschutzes keineswegs sichere Abriss des Landratsamtturms an der Kriegsstraße.
Ergebnisse wegen Corona per Video-Schalte präsentiert
Die Gedankenspiele der vier international renommierten Büros sind nach vier Monaten recht ausgereift. Jetzt haben die Architekten beim dritten von vier Terminen der Planwerkstatt für die Neugestaltung der Südwestseite des Ettlinger Tors ihre zugespitzten Konzepte wegen Corona per Video-Schalte präsentiert.
Im Juli sollen sie ihre Arbeiten abgeben, und ein Begleitgremium entscheidet sich dann für eine von acht Varianten als Empfehlung für den Gemeinderat und damit als Grundlage für den Bebauungsplanprozess.
Jedes Architektenbüro plant mit und ohne Landratsamt
Jedes Büro erarbeitet also zwei Entwürfe: Einer muss das 70 Meter hohe Landratsamt, das der Landkreis wirtschaftlich für nicht sanierungsfähig hält und deshalb abreißen möchte, integrieren. Der andere Vorschlag aber ist frei von diesem Zwang.
Dabei sprießen die Ideen für einen großen Wurf. Die Stadtdenker krempeln den Stadtraum gleich an drei von vier Seiten des Ettlinger Tors um: Die Südwestseite, die Zone zwischen Ettlinger Straße und heutigem Landratsamtturm bekommt dabei mindestens Twin-Towers.
Die Südostseite zwischen dem heutigen Kombi-Pavillon „K.“ und dem bald erweiterten Staatstheater wird auch zum Bauplatz – etwa für den einen Hochhauspfeiler eines gigantischen Ettlinger Tors, das mit einem Hochriegel die Ettlinger Straße überspannt.
Platz und Turm im Nordosten der Kriegstraßen-Kreuzung
Und dann ist da noch die Nordostseite, wo heute der klotzige Querbau des früheren Postscheckamts die City an der Kriegsstraße abschirmt: Dort lässt ein Planer noch einen Hochhaustraum wachsen und reißt gleichzeitig die Front für einen grünen Platz an der Kriegsstraße auf.
Ob davon irgendetwas irgendwann verwirklicht wird, ist heute völlig ungewiss. Realistischer scheint, dass Stadt und Landkreis, die gemeinsamen Veranstalter des Wettbewerbs, in absehbarer Zukunft nur die Südwestseite des Ettlinger Tors mit dann zwei Hochhäusern umgestalten.
Einiges ist noch im Fluss.Daniel Fluhrer, Baubürgermeister
Baubürgermeister Daniel Fluhrer schwärmt von einem neuerlichen „Überraschungseffekt“ wie beim Vorschlag für eine ganze Hochhausgruppe auf drei Seiten des Ettlinger Tors. „Einiges ist noch im Fluss“, meint er und freut sich über das Herausarbeiten von „vier grundsätzlich anderen Haltungen“ der Büros.
Am Ende entscheidet ein Gremium, welcher Vorschlag umgesetzt wird
Da werde es noch sehr spannend, für welche Vorstellung der Stadtvisionäre sich das Gremium beim Finale dieses Karlsruher Wettbewerbs im Hochsommer entscheidet.
Der Aufwand hat sich gelohnt.Daniel Fluhrer, Baubürgermeister
Stadt und Landkreis seien sich jetzt schon sicher, dass sich der Aufwand „gelohnt hat“, meint Fluhrer. Dabei betont er, „wie extrem anspruchsvoll es ist, diese herausragende Stelle städtebaulich und funktional gleichermaßen zu gestalten“. Schließlich gehe es eben nicht nur darum, „das Ettlinger Tor, sondern auch den City-Boulevard Kriegsstraße ansprechend zu fassen“.
Idee des "Central Business District" mit 17 Hochhäusern
Der Reutlinger Architekt und Stadtplaner Wolfgang Riehle, Vorsitzender des Begleitgremiums, lobt die Szenarien der Büros, ob mit oder ohne Erhalt des Badenwerk-Hochhauses – heute Landratsamt. Er erkennt eine abriegelnde Front mit zwei Hochhäusern als städtebauliche Barriere an der Kriegsstraße und bemerkt zwei einzeln stehende Scheiben, Würfel oder gar „Torhäuser“ beiderseits der Ettlinger Straße als städtebauliche Markierungen der vom Schloss ausgehenden via triumphalis.
Eine lockere Gruppierung von zwei Hochhäusern empfindet Riehle als „inhomogenes Ensemble“. Dagegen billigt er dem Entwurf eines „Central Business Districts“ mit 17 Hochhäusern an der Kriegsstraße oder einem Hochhaus-Tor, wie es Karlsruhe noch nicht gesehen hat, großen Planermut zu.