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Bio-Supermarkt

Genossen gesucht: Mitarbeiterinnen wollen Karlsruher Füllhorn-Markt übernehmen

Der Karlsruher Bio-Supermarkt Füllhorn wird verkauft. Übernehmen wollen ihn die Mitarbeiterinnen durch die Gründung ihrer Genossenschaft. Die BNN haben sich im Laden umgesehen und mit den Leiterinnen des Marktes gesprochen.

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Der Karlsruher Bio-Supermarkt Füllhorn wird verkauft. Übernehmen wollen ihn die Mitarbeiterinnen durch die Gründung ihrer Genossenschaft. Foto: jodo

Der Karlsruher Bio-Supermarkt Füllhorn wird verkauft. Übernehmen wollen ihn die Mitarbeiterinnen durch die Gründung ihrer Genossenschaft. Die BNN haben sich im Laden umgesehen und mit der Marktleitung gesprochen.

Die hellgrünen Flyer mit dem plakativen Aufruf „Füllhorn erhalten“ gibt es jetzt bei jedem Einkauf im Bio-Supermarkt in der Erbprinzenstraße gratis dazu. Und wer sich Zeit zum Lesen nimmt, dem wird mit blumigen Worten die Mitgliedschaft in einer Genossenschaft schmackhaft gemacht.

Ab einer Einlage von 1.000 Euro ist eine Beteiligung an der Genossenschaft zur Rettung des Ladens möglich. „Rendite können wir in den ersten drei Jahren aber keine auszahlen. Dafür dürfen sich die Genossen vom Beginn an aktiv an der Weiterentwicklung des Ladens beteiligen“, sagt Marktleiterin Tina Schäfer.

Noch fehlen 900.000 Euro

Gemeinsam mit ihrer Stellvertreterin Sabine Vorwald und vier weiteren Kolleginnen treibt Schäfer die Genossenschaftsgründung seit einigen Wochen mit Hochdruck voran. An diesem Freitag werden die Unterlagen zur Gründung beim Genossenschaftsverband in Stuttgart eingereicht.

Bis zum 30. Juni muss dann die Finanzierung des Kaufpreises in Höhe von 1,5 Millionen Euro in trockenen Tüchern sein. Über ein Drittel der Summe haben Schäfer und ihre Mitstreiter bereits zusammen. Für die fehlenden gut 900.000 Euro müssten in den kommenden fünf Monaten also etwa 900 Interessenten jeweils 1.000 Euro beisteuern.

„Von unseren Kunden haben wir schon viele positive Rückmeldungen erhalten. Manche möchten sogar mit größeren Beträgen einsteigen, und deshalb sind wir sehr optimistisch“, sagt Schäfer. Bei den Kunden stoße die Initiative auch sonst auf überwiegend positive Resonanz. „Die meisten Leute fühlen sich hier im Laden wohl und wollen nicht, dass sich etwas ändert“, sagt Schäfer.

Seit 1988 gibt es Füllhorn in Karlsruhe

Von dem geplanten Verkauf wurden die Füllhorn-Mitarbeiterinnen direkt vom bisherigen Geschäftsführer Wolfgang Mayer informiert. Der 66-Jährige eröffnete im Jahr 1982 in Weingarten die erste seiner aktuell vier Füllhorn-Filialen und möchte nun aus Altersgründen kürzer treten.

1988 wurde in der Akademiestraße der erste Füllhorn-Markt in der Fächerstadt eröffnet. Bereits vier Jahre später zog der Markt in ein größeres Ladengeschäft in der Nachbarschaft, und seit 2002 befindet sich Füllhorn am heutigen Standort zwischen Ludwigsplatz und Friedrichsplatz.

„Als wir begonnen haben, waren Bio-Produkte nur in speziellen Läden zu finden und ein echtes Nischenprodukt für überzeugte Idealisten“, erinnert sich Mayer. Heute seien biologisch erzeugte Lebensmittel in sämtlichen Supermärkten und Discountern zu finden.

Wirtschaftliche Gründe hätten bei seinem Rückzug keine Rolle gespielt. „Der Laden boomt, und der Markt für ökologisch produzierte Lebensmittel wächst weiter“, sagt Mayer. An Kaufinteressenten habe es ebenfalls nicht gemangelt. Ein Angebot der Biomarktkette Denn`s zur Gründung einer dritten Karlsruher Filiale hat Mayer zugunsten der geplanten Genossenschaftsgründung aber offenbar ausgeschlagen.

Flache Hierarchien und guter Service

„Mit unserer Idee stießen wir sofort auf offene Ohren“, sagt Schäfer, die seit 20 Jahren für Füllhorn arbeitet. Ändern werde sich durch eine neue Geschäftsform nur wenig. Auch bislang habe Mayer Marktleitern und Mitarbeitern stets freie Hand gelassen. „Deshalb haben wir extrem flache Hierarchien und mehr Stellen für Beratung und Verkauf als unbedingt nötig“, betont Schäfer. Diesen Prinzipien wollen die Genossenschafterinnen treu bleiben. Schäfers Credo: Wo es zufriedene Mitarbeiter gibt, gibt es auch zufriedene Kunden.

Große Konkurrenz in Karlsruhe

Über mangelnde Konkurrenz können sich die Füllhorn-Mitarbeiterinnen nicht beklagen. Die Kette Alnatura betreibt in der Kernstadt mittlerweile drei Filialen. Dazu gibt es noch drei Reformhäuser und mehrere kleinere Läden mit Bio-Produkten.

„Der Markt für Bio-Lebensmittel wächst kontinuierlich und ebenso das Bewusstsein der Verbraucher für nachhaltig produzierte Lebensmittel“, sagt Kathrin Jäckel, Geschäftsführerin des Bundesverbands Naturkost Naturwaren. Allerdings gehe der Trend im Bio-Fachhandel ebenso wie im konventionellen Lebensmittelgeschäft zu größeren Flächen und Filialisierung. Das bedeutet: Es gibt zwar weniger Bio-Märkte als vor wenigen Jahren, dafür aber mehr Verkaufsfläche für Öko-Produkte.

Standort in der Innenstadt als Wettbewerbsvorteil

Um im Konzert der Großen mitzuspielen, setzen Schäfer und Vorwald vor allem auf den Standort in der Innenstadt. Der Pachtvertrag läuft noch bis 2027. Danach gibt es eine Option für weitere 15 Jahre. „Das gibt uns Planungssicherheit“, sagt die Marktleiterin. Am Zusammenhang zwischen der guten Lage und dem wirtschaftlichen Erfolg des Unternehmens lassen Schäfer und Vorwald keine Zweifel.

Laufkundschaft und Stammkunden geben sich im Laden mit den beiden Eingangstüren an Erbprinzenstraße und Bürgerstraße die Klinke in die Hand. Autostellplätze gibt es direkt vor den Eingängen keine. Deshalb kommen die meisten Füllhorn-Kunden mit dem Fahrrad oder zu Fuß.

Der dritte Erfolgsfaktor – neben Belegschaft und Lage – ist für Schäfer der überproportional hohe Anteil an regionalen und saisonalen Bio-Produkten. Vor Engpässen sei aber auch Füllhorn nicht gefeit, sagt Schäfer: „Die Nachfrage für bestimmte Produkte ist an manchen Tagen bereits größer als das Angebot.“ Ekart Kinkel

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