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Laufsportgeschäft schließt

Hans Gulyas: Persönlicher Marathon biegt in Zielgerade ein

Nach 42 Jahren schließen Rosa und Hans Gulyas ihr Laufsportgeschäft in der Karlsruher Lessingstraße. Nach einer Hüft-Op wartet nun das Buch der lebenden Läuferlegende darauf, geschrieben zu werden. Langweilig wird den Gulyas' auch im Ruhestand nicht.

Nach 42 Jahren schließen Rosa und Hans Gulyas ihr Laufsportgeschäft in der Karlsruher Lessingstraße.
Nach 42 Jahren schließen Rosa und Hans Gulyas ihr Laufsportgeschäft in der Karlsruher Lessingstraße. Foto: Jodo
Von unserem Mitarbeiter Ekart Kinkel

Nach 42 Jahren schließen Rosa und Hans Gulyas ihr Laufsportgeschäft in der Karlsruher Lessingstraße.

Die zahlreichen Pokale sowie die gelb-roten Siegerwimpel von einem knappen Dutzend badischer Meisterschaften zeugen auch heute noch von einer eindrucksvollen Sportler-Karriere. Und selbst die vier verblichenen Rehgeweihe hängen nicht ohne Grund an der Trophäenwand im Laufsportgeschäft von Rosa und Hans Gulyas, denn die Gehörne mit eingravierter Jahreszahl wurden vor über vier Jahrzehnten den Siegern beim Schwarzwald-Marathon überreicht. „Wahrscheinlich kann ich noch zu jedem Pokal eine eigene Geschichte erzählen“, sagt Hans Gulyas.

Am 31. Januar ist Schluss

Doch wer sich mit dem 69-jährigen Geschäftsinhaber im Ladengeschäft in der südlichen Lessingstraße über dessen eindrucksvolle Sportlaufbahn unterhalten will, sollte sich besser sputen. Derzeit läuft der Räumungsverkauf und am 31. Januar schließt Sport Gulyas nach 42 Jahren seine Pforten. „Wir haben leider keinen Nachfolger gefunden und möchten uns zur Ruhe setzen“, sagt Hans Gulyas, der sich Anfang Februar in einer Pforzheimer Spezialklinik ein künstliches Hüftgelenk einsetzen lassen will. „In den vergangenen Wochen haben die Schmerzen doch überhandgenommen. Deshalb freue ich mich jetzt schon, wenn ich nach dem Eingriff wieder schmerzfrei laufen kann“, so Gulyas.

Traum von Olympia in Moskau mit dem KSC

Wegen seiner Hüftarthrose hat der Sohn einer Arbeiterfamilie im Jahr 1977 auch seine Karriere als Leistungssportler beendet. Als die Schmerzen zum ersten Mal auftraten, befand sich der aktive Sportler des Karlsruher SC mit dem deutschen Olympiakader im Trainingslager und das Fernziel war die Teilnahme an den Olympischen Sommerspielen 1980 in Moskau. „Anfangs wollte ich die Diagnose gar nicht wahrhaben“, erinnert sich Hans Gulyas und deshalb sei er zunächst einmal in ein „tiefes Loch“ gefallen. Doch nach und nach habe er sich mit seinem Schicksal abgefunden, auf den Rat der Mediziner gehört und die Arthrose mit konventionellen Therapien in den Griff bekommen.

Lebende Laufsportlegende

Die Laufschuhe hängte Hans Gulyas aber deswegen noch lange nicht an den Nagel. In den 1980er Jahren gewann die lebende Laufsportlegende fünfmal den 80 Kilometer langen Ultralauf in Karlsruhe und am 23. und 31. Mai 1982 kam er innerhalb von acht Tagen bei zwei Marathonläufen in jeweils rund zweieinhalb Stunden als Erster ins Ziel. Bei der Premiere des Karlsruher Marathons im Jahr 1983 belegte Hans Gulyas mit einer Zeit von knapp über 2,35 Stunden immerhin noch Platz sechs. „Mehr war mit dem reduzierten Training einfach nicht möglich. Und ich musste nebenher ja noch Schuhe verkaufen“, sagt Hans Gulyas, der seine Laufschuhe erst nach seinem bislang letzten Marathon in 2006 an den Nagel hängte.

Rekord von 1973 noch heute gültig

Seine persönliche Bestzeit von 2:16:56 Stunden lief Hans Gulyas bei den deutschen Marathonmeisterschaften 1977 in Berlin. In der badischen Bestenliste rangiert Hans Gulyas mit dieser Zeit immer noch auf Platz fünf und sein am 10. November 1973 aufgestellter badischer Rekord von 19 419 Metern beim Stundenlauf ist sogar heute noch gültig. Als seine „größten Erfolge“ bezeichnet Hans Gulyas heute noch seine beiden Siege bei den „Schwarzwald-Marathons“ in Bräunlingen in den Jahren 1973 und 1974. Die Teilnahme an den Olympischen Spielen 1976 im Montreal verpasste der damalige Überflieger wegen einer Verletzung und bei der Vorbereitung auf die Leichtathletik-Europameisterschaften 1974 in Rom verfehlte er die geforderte Norm von 2:20 Stunden um lediglich zehn Sekunden.

Ein Kilometer in unter drei Minuten

Zum Laufen kam Hans Gulyas übrigens aufgrund seiner Rückenprobleme. „Als Kind sollte ich wegen meiner angeborenen Skoliose zum Turnen gehen“, erzählt Hans Gulyas. Doch anstatt von den Turngeräten zeigte sich der junge Hans bei seinem ersten Sportverein TV Wilferdingen viel mehr von der Leichtathletik fasziniert. Und talentiert. Bereits als Jugendlicher lief er die 1 000 Meter quasi untrainiert unter drei Minuten und auch die ersten Kreismeistertitel ließen nicht lange auf sich warten. Mit 21 begann Hans Gulyas dann seine Marathonkarriere und bereits zwei Jahre später trainierte der mehrfache badische und süddeutsche Meister im Nationalkader.

Nike und Rebook in Deutschland bekannt gemacht

Bei einem Marathon lernte Hans Gulyas auch seine zwei Jahre ältere Rosa Fehr kennen, die bei den deutschen Meisterschaften einmal auf Rang neun landete und in den 1970er Jahren innerhalb von nur drei Tagen 295 Kilometer auf dem Schwarzwald-Höhenweg von Pforzheim nach Basel lief.
Um sein Betriebswirtschaftsstudium an der FH Pforzheim und seine Laufsportleidenschaft zu finanzieren, meldete Hans Gulyas bereits Mitte der 1970er Jahre ein Gewerbe an und verkaufte bei den Laufwettbewerben auf einem Tapeziertisch vor seinem VW-Bus Laufschuhe an seine Konkurrenten. „Ich habe damals die amerikanischen Marken Nike und Reebok in Deutschland bekannt gemacht“, sagt Hans Gulyas. Ein paar seiner eigenen Nike-Renner aus dem Jahr 1974 hat er inzwischen persönlich ins Konzernmuseum nach Oregon gebracht.

Persönlicher Marathon

„42 Jahre lang einen Laden erfolgreich geführt zu haben, das ist unser persönlicher Marathon“, zieht Rosa Gulyas zufrieden Bilanz. Angst vor dem Ruhestand habe sie keine, dann könne sie schließlich regelmäßig walken gehen und ab und zu auch Aquajogging machen. Und Hans Gulyas will im Ruhestand sogar ein Buch über sein bewegtes Leben schreiben. Den Titel „Von der Skoliose zur Arthrose“ hat er dafür schon im Kopf. Bis zum endgültigen Eintritt in den Ruhestand müssen Rosa und Hans Gulyas aber noch die letzten Regalmeter Sportschuhe verkaufen. Fraglich ist am Ende aber wohl nur, was mit den Pokalen passiert. Rosa Gulyas möchte die Trophäensammlung nämlich am liebsten im Müll entsorgen. Und Hans Gulyas sucht deshalb bereits fieberhaft nach einem Platz für die wichtigsten Pokale in der Wohnung.
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