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Von der Tür bis zum Sonnendach

In diesem modernen Karlsruher Seniorenheim ist alles digital

Das Pflegeheim "Alte Mälzerei" in Karlsruhe hat alles, was dazugehört: Wohn- und Essbereiche, Einzelzimmer, Dachterrassen. Und zwei Serverräume im Keller. Die braucht es, weil das moderne Seniorenheim voller Technik steckt.

Rosemarie Erb hält ihr iPhone in der Hand. Die 84-Jährige wohnt im Pflegeheim "Alte Mälzerei" in Karlsruhe.
Rosemarie Erb hält ihr iPhone in der Hand. Die 84-Jährige wohnt im Pflegeheim "Alte Mälzerei" in Karlsruhe. Foto: Weller

Robert Rohrer führt nicht ohne Stolz durch sein Reich. Steht er vor einer verschlossenen Tür, muss er nur den elektronischen Chip an seinem Schlüsselbund davorhalten. Rohrer geht lange Gänge entlang, an deren Wänden alle paar Meter WLAN-Router hängen. "45 Stück, wir haben eine Abdeckung von 97% und Internet in jedem Zimmer", sagt er. Man könnte denken, Rohrer wäre Angestellter in einem modernen Hotel – dabei ist er Pflegedienstleiter in Seniorenheim "Alte Mälzerei" in Karlsruhe.

Als die Karlsruher Heimstiftung ihr neuestes Haus im September 2019 eröffnete, führte sie auch ein neues Angebot für die Bewohner ein: Kostenlosen WLAN-Zugang. "Am Anfang haben wir Tagestickets ausgegeben", sagt Rohrer. Doch schon bald ist er nicht mehr hinterher gekommen. Nun gibt er Monats- oder Jahrespässe fürs Internet aus. Aber nicht nur die Bewohner schätzen den Zugang zum Internet, auch die Pflegedokumentation durch das Personal läuft komplett digital ab.

Wer klingelt, wird gefilmt

45 Router wie dieser verteilen das kabellose Internet im Karlsruher Pflegeheim "Alte Mälzerei".
45 Router wie dieser verteilen das kabellose Internet im Karlsruher Pflegeheim "Alte Mälzerei". Foto: Weller

Alle Mitarbeiter haben ein mobiles Telefon, das mehr kann als nur Anrufe: Wenn jemand an der Tür steht und klingelt, bekommen die Angestellten ein Videobild vom Wartenden auf ihrem Bildschirm angezeigt. Und auch, wenn die Instrumente am Pflegebett eine Warnung abgeben, soll diese Info in Zukunft auf die Telefone gespielt werden, erklärt Rohrer. Bereits jetzt wird das Personal informiert, wenn ein Bewohner aus der Demenzgruppe das Heim verlässt: Senioren mit entsprechender "Weglauftendenz" tragen ein Armband, das an der Haustür eine Mitteilung auslöst.

In den Büros von Rohrer und seinen Kollegen gibt es mittlerweile nicht einmal mehr ansatzweise so viele Zettel wie früher. Auf jedem Pflegewagen ist ein Notebook montiert. Darauf notieren die Pflegekräfte, was sie früher mühsam auf endlosen Papierbögen eintragen mussten: Wie viel der Bewohner getrunken hat, welche Pflegemaßnahmen durchgeführt wurden, ob jemand krank geworden ist.

Der Computer berechnet die Kochzutaten

Auch beim Kochen unterstützt die Technik: Jede Wohngruppe in der "Alten Mälzerei" hat eine eigene Küche und soll ihre Mahlzeiten mit Unterstützung des Personals selbst zubereiten. Ein Computerprogramm hilft dabei, die Menge der benötigten Zutaten auszurechnen, je nachdem, wie viele Leute mitessen. Auf den Dachterrassen öffnet sich im Sommer automatisch ein Sonnensegel, bei Sturm wird wieder das Personal gewarnt.

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Die Sonnensegel auf den Dachterrassen der "Alten Mälzerei" öffnen sich automatisch. Foto: Weller

Technik stellt Bewohner auch vor Herausforderungen

Die schöne neue Welt hat aber auch so ihre Tücken: Mit den modernen DECT-Telefonen kommt manch ein Bewohner nicht zurecht. "Das sieht ja aus wie in einem Cockpit", urteilt die 84-jährige Rosemarie Erb. Mittlerweile hat sie aber gelernt, dass sie eine zusätzliche Null vorwählen muss.

Die neue Telefonanlage vereinfacht dafür eine andere Prozedur: Wollte früher ein Bewohner sein Zimmer wechseln und den eigenen Telefonanschluss mitnehmen, musste jedes Mal ein Telekom-Techniker kommen. "80 Euro für einen Umzug von wenigen Metern", erzählt Robert Rohrer. Jetzt kann das Personal selbst die Anschlüsse umstecken. "Einfach Stöpsel raus uns woanders wieder rein", erklärt der Pflegedienstleiter.

Die Bewohner der "Alten Mälzerei" in Karlsruhe können das WLAN mit ihren eigenen Handys nutzen. Rosemarie Erb schreibt oft den Enkeln auf WhatsApp oder telefoniert mit alten Freunden.
Die Bewohner der "Alten Mälzerei" in Karlsruhe können das WLAN mit ihren eigenen Handys nutzen. Rosemarie Erb schreibt oft den Enkeln auf WhatsApp oder telefoniert mit alten Freunden. Foto: Weller

Das hauseigene WLAN ist zwar so leistungsstark, dass über das Internet ferngesehen oder Filme abgerufen werden können – zum Zocken von Computer- oder Handyspielen reicht es aber manchmal nicht aus. Deswegen hat ein Bewohner der "Jungen Pflege" sich zusätzlich 20 Gigabyte mobiles Datenvolumen besorgt, 50 Euro zahlt er im Monat für seinen Handytarif.

Für Rosemarie Erb reicht das vorhandene WLAN vollkommen. Sie schreibt ihren Angehörigen WhatsApp-Nachrichten und lässt sich Fotos schicken. Damit ist die 84-Jährige digitale Vorreiterin im Seniorenheim: Viele der älteren Bewohner haben noch keinen Zugang zum Internet, besitzen keine Geräte und nicht die nötigen Fähigkeiten. Auch Erb möchte noch mehr lernen: "Ich würde gerne Googlen können", sagt sie. Und bringt Pflegedienstleiter Robert Rohrer damit auf eine Idee: Der will jetzt prüfen, ob er Gruppenkurse für die Bewohner anbieten kann.

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