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Experten-Treff in Karlsruhe

Karlsruher Chefarzt behandelt Schlaganfälle: „Wir haben möglicherweise das beste System weltweit“

Bei einem Schlaganfall zählt jede Minute. Je schneller der Patient behandelt wird, desto besser sind seine Chancen, den Hirninfarkt ohne Folgen zu überstehen. Das Städtische Klinikum in Karlsruhe gilt seit langem als Vorreiter auf dem Gebiet. Zur Arbeitstagung "Anim", die am Donnerstag (30. Januar) beginnt, kommen Neurointensivmediziner aus ganz Deutschland.

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RETTUNG FÜRS HIRN: Georg Gahn, Chefarzt der Neurointensivmedizin am Städtischen Klinikum Karlsruhe, erklärt einer Patientin am Modell einen Schlaganfall. Foto: Kranich

Bei einem Schlaganfall zählt jede Minute. Je schneller der Patient behandelt wird, desto besser sind seine Chancen, den Hirninfarkt ohne Folgen zu überstehen. Das Städtische Klinikum in Karlsruhe gilt seit langem als Vorreiter auf dem Gebiet. Zur Arbeitstagung "Anim", die am Donnerstag (30. Januar)  beginnt, kommen Neurointensivmediziner aus ganz Deutschland.

Der Schlaganfall schlich sich langsam an. Ganz ohne Schlag, wie es der Name vermuten lässt. „Ein Taubheitsgefühl im linken Arm – mehr war da nicht“, erinnert sich die Patientin. Doch zum Glück wurde ihr Sohn skeptisch.

Er rief den Notarzt und ließ seine 80-jährige Mutter sofort ins Städtische Klinikum nach Karlsruhe bringen. „Hier kam dann der große Hirnschlag hinterher“, erinnert sich Georg Gahn, Direktor der Neurologischen Klinik. Die Lähmungserscheinungen wurden schlimmer, Sprachstörungen folgten – alles ganz typisch für einen Hirninfarkt, wie er jährlich 250.000 bis 300.000 Menschen in Deutschland trifft.

Zeit ist Hirn

Das Team um Neurointensivmediziner Gahn verlor keine Zeit. Das Blutgerinnsel, das ein großes Blutgefäß im Gehirn der alten Dame verstopfte, war mittels Computertomografie schnell gefunden. Mit einem kleinen Draht, der durch die Leiste eingeführt und bis in den Schädel gefädelt wird, konnte die Verstopfung dann kurz darauf entfernt und die Durchblutung des Hirns wieder hergestellt werden. Keine 24 Stunden später war die alte Dame wieder auf den Beinen – ohne bleibende Lähmungen und mit klarer Sprache.

Gute Erfolgschancen

Katheter zur Behandlung von großen Hirninfarkten werden immer dann angewendet, wenn das Blutgerinnsel, das die Sauerstoffzufuhr zur Kommandozentrale im Kopf blockiert, mit Medikamenten nicht aufgelöst werden kann. „Diese Behandlungsmethode ist ein sensationeller Fortschritt“, freut sich Georg Gahn. „Schlaganfallpatienten, die bis vor zwei bis drei Jahren noch ganz schlechte Aussichten gehabt hätten, können heute in vielen Fällen wieder ganz gesund nach Hause gehen.“ Zu gut 50 Prozent sogar ganz ohne Einschränkungen und nicht wie früher häufig als Pflegefall im Rollstuhl.

Karlsruhe vorne mit dabei

Bei der Behandlung von Schlaganfällen ist Georg Gahns Klinik seit langem schon ganz vorne mit dabei. Bereits vor zehn Jahren wurden in der Neurologisch-/ Neuroradiologischen Klinik die ersten Hirnkatheter gemacht. Man habe damit ganz maßgeblich zur Erfolgsgeschichte beigetragen. „Inzwischen gilt das Verfahren überall als Standard“, betont Georg Gahn.

Ab Donnerstag ist der Neurologe Gastgeber der jährlich stattfindenden Arbeitstagung Neurointensivmedizin, kurz Anim. Über 1.000 Hirnspezialisten aus ganz Deutschland treffen sich zu einem intensiven dreitägigen Austausch in Sachen Notfallversorgung des Gehirns. Dabei geht es um neueste Entwicklungen in diesem Bereich. „Darunter auch Fragen, wie lange zum Beispiel das Zeitfenster für eine Behandlung geöffnet bleibt.“

Versorgung auf dem Land

Geschwindigkeit – das ist schon seit Jahren bekannt – ist das A und O bei der Notfallversorgung. „Zeit ist Hirn“, zitiert Klinikdirektor Gahn die Faustregel. Problematisch wird es allerdings mit der Versorgung von Patienten, die fernab der Stadt, in einem ländlichen Gebiet wohnen. Auch das ist Thema der „Anim“ und auch hier spielt Karlsruhe ganz vorne mit. „Wir sind gerade dabei, das Netzwerk auszubauen“, erklärt Gahn.

Über ganz Deutschland verteilt gibt es derzeit etwa 70 Neurozentren, in denen Hirnkatheterbehandlungen möglich sind. Dort müssen an sieben Tagen der Woche, 24 Stunden lang, Neuroradiologen auf Abruf bereitstehen, die sie durchführen können. Doch bis der Patient schnell und sicher in ein solches Zentrum gebracht ist, müssen viele Rädchen ineinander greifen.

Die Uhr tickt

Der Wettlauf gegen die Zeit beginnt mit dem Notruf. „Wenn ein Patient in Graben-Neudorf den Alarm absetzt, bringt der Notarzt ihn in das nächstgelegene Krankenhaus nach Bruchsal. Per Videokonferenzsystem wird dann ein Arzt im Neurozentrum Karlsruhe oder Heidelberg zugeschaltet. Wenn eine Verlegung nötig wird, gilt die auch als Notfall“, erklärt Georg Gahn.

Wenn alles gut läuft, vergehen zwischen Notruf und dem Abschluss der Behandlung nicht mehr als zwei Stunden. Andernorts blickt man fast neidisch auf die deutschen Verhältnisse. „Wir haben möglicherweise das beste System weltweit“, sagt Gahn nicht ohne Stolz. Das Stroke-Unit-Konzept zur flächendeckenden Schlaganfallversorgung werde inzwischen auch exportiert. Am Karlsruher Klinikum wurde Mitte der 80er Jahre eine der ersten Stroke-Units installiert. Deutschlandweit gibt es heute über 230 Stück.

Wie erkennt man einen Schlaganfall? Vier Buchstaben, zusammen ergeben sie das Wort „fast“, helfen bei der Erkennung eines Notfalls.

F steht für face oder Gesicht: Bitten Sie die Person zu Lächeln: hängt eine Seite des Gesichts?

A wie arms (Arme): Bitten Sie die Person beide Arme anzuheben. Hängt einer herunter?

S wie speech (Sprache): Hört sich die Sprache verwaschen oder seltsam an?

T für time (Zeit): Wenn Sie eines dieser Anzeichen beobachten, rufen sie sofort die 1 12.

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