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Hoffnung auf Zuschüsse

Karlsruher Kulturszene: Drohen Insolvenzen trotz Neustart?

Erst kamen die Museen und die Galerien aus der Corona-Zwangspause zurück. Nun öffnen nach dreimonatiger Schließung auch Live-Spielstätten für Konzerte und Theateraufführungen. Doch wirtschaftlich ist der Neustart für Kultureinrichtungen oft problematisch.

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So wird es wohl noch lange nicht aussehen vorm Substage Karlsruhe: Der Rockclub gehört zu den Einrichtungen, der unter den aktuellen Corona-Bedingungen nicht wirtschaftlich arbeiten kann. Foto: Reinhardt

Es geht wieder los: Das Tollhaus Karlsruhe, einer der größten Live-Veranstaltungsorte der Region, hat am Mittwochabend erstmals seit drei Monaten wieder Besucher begrüßt. Zum Konzert der Wiener Band Marina & the Kats waren 100 Besucher zugelassen, mit vorab online gebuchten Tickets. Um die Abstandsregeln einzuhalten, hat das Tollhaus seinen großen Saal, der normalerweise 850 Sitzplätze bietet, mit 100 Stühlen und etlichen Tischen ausgestattet. Kostendeckend, das ist klar, kann so ein Abend nicht sein.

In diesem Dilemma stecken alle Kulturveranstalter. Da sind selbst Programme wie „Kultursommer 2020“, ein zwei Millionen schwerer Fördertopf der Landesregierung Baden-Württemberg, kaum mehr als Tropfen auf heißen Steinen. Die erste Tranche wurde bereits an insgesamt 44 Projekte verteilt. Das wiederum bedeutet, dass landesweit höchstens 100 Projekte auf solchen Zuschuss hoffen dürfen.

Hoffnung auf Hilfe vor Ort

Daher setzt der Kulturring Karlsruhe, dessen Mitgliederspektrum vom Tollhaus über den Punk-Club Alte Hackerei und den Jazzclub bis zur Kinemathek reicht, große Hoffnungen in die Sitzung des städtischen Kulturausschusses am heutigen Donnerstag. „Es geht sowohl darum, die Existenz der Einrichtungen zu sichern, als auch um einen Zuschuss für den Neustart, da Veranstaltungen unter derzeitigen Bedingungen nicht wirtschaftlich sein können“, erklärt Johannes Frisch vom Tollhaus.

Gar nicht zu spielen ist auf Dauer keine Option.
Daniela Kreiner, Geschäftsführerin Sandkorn-Theater

„Auch wenn wir öffnen, verlieren wir Geld. Aber gar nicht zu spielen ist auf Dauer keine Option“, bestätigt Daniela Kreiner, Geschäftsführerin des Sandkorn-Theaters. Auch dessen Ensemble kann ab diesem Donnerstag wieder vor Publikum auftreten: Im Programm „Kultur in der Garage“ in der Fahrzeughalle der Stadtwerke Ettlingen zeigt das Sandkorn bis zum 11. Juli vier Stücke. „Dort können wir vor 100 Menschen spielen, im eigenen Haus wären derzeit höchstens 40 bis 45 Besucher zugelassen“, zeigt sich Kreiner dankbar für den Ausweichort.

Öffnung als Versuchsballon

Dennoch wolle man auch im Karlsruher Theaterhaus einige Termine anbieten, so der künstlerische Leiter Erik Rastetter: „Musikfreunde fahren zwar ihren Lieblingskünstlern zu Konzerten hinterher, aber Theatergänger wollen die Häuser besuchen, die sie schätzen.“ Daher hält er es für unerlässlich, zumindest versuchsweise zu öffnen: „Um zu sehen, wie sich das anfühlt – für uns und für unser Publikum.“

Unser Profil ist nun mal Musik, zu der man sich bewegt.
Vivien Avena, Programmchefin Substage

Was im bestuhlten Theater noch vorstellbar ist, gestaltet sich in anderen Genres weitaus schwieriger: „Unser Profil ist nun mal Musik, zu der man sich bewegt“, sagt Vivien Avena, Programmchefin im Musikclub Substage, als Vertreterin einer besonders bedrohten Branche. Erst vor kurzem warnte die LiveMusikKommission, ein Zusammenschluss von 650 Musikspielstätten, in einem offenen Brief vor einer Masseninsolvenz.

Termine werden weiter verschoben

Und der Bundesverband der Konzert- und Veranstaltungswirtschaft stellte fest: „Mit Mindestabstand geht es nicht.“ Zumindest nicht ohne Überbrückungsgeld, da sich unter Corona-Bedingungen höchstens zehn Prozent der eigentlich notwendigen Einnahmen generieren ließen. Ein echter Neustart ist hier nicht mal ansatzweise absehbar. Avena: „Wir schieben jetzt schon Termine, die wir erst vor ein paar Wochen in den Herbst verlegt haben, ins Frühjahr oder sogar den Herbst 2021.“ In der Hoffnung, dass das Substage dann noch da ist – wenn nichts passiert, droht bereits im Oktober 2020 die Insolvenz.

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