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Das Interesse an Gold wächst

Karlsruher Pfandleiher prognostiziert Verschärfung der Corona-Krise im Spätjahr

Pfandleihhäuser können bei akuten Geldsorgen eine schnelle Hilfe sein, gerade in der Corona-Krise. Der große Ansturm auf Karlsruher Leihanstalten bleibt bisher aus – noch, sagt der wohl prominenteste Karlsruher Pfandleiher. Der „Gold-Heinz” prognostiziert eine Verschärfung der Krise bis Ende des Jahres.

Geld fürs Gold: In einem Karlsruher Pfandleihhaus nimmt Heinz Schmalzried, besser bekannt als Gold-Heinz, die Schätze seiner Kunden in Gewahrsam.
Geld fürs Gold: In einem Karlsruher Pfandleihhaus nimmt Heinz Schmalzried, besser bekannt als Gold-Heinz, die Schätze seiner Kunden in Gewahrsam. Foto: Jörg Donecker

„Das muss alles Gold sein”, sagt eine Kundin im Pfandleihhaus. Sie will mehrere Schmuckstücke und Münzen verpfänden. „Nix reden! Wer redet, ist verloren!” ruft der Chef, vielen besser bekannt als Gold-Heinz. Beim Prüfen der Pfandgüter dürfe man sich nicht von allzu geschwätzigen Kunden ablenken lassen, erklärt er.

Zwei junge Frauen bringen eine Schatulle, darin zwei gelbgolden glänzende Uhren. „Der Typ, der dir die geschenkt hat, den musst du in die Wüste schicken!” rät Schmalzried. Die Frau lacht: Das habe sie schon. Schmalzried schickt sie weg, ohne einen weiteren Blick auf die Uhren zu verschwenden.

Ein Blick auf die Kleidung genügt Gold-Heinz oft

„Wenn einer ‘ne Rolex am Arm hat, schau’ ich mir die Schuhe an”, erklärt er. „Dann weiß ich, dass die Rolex falsch ist. Das Gleiche, wenn eine Frau mit Louis-Vuitton-Täschchen kommt, aber nach billigem Parfüm aus der Drogerie riecht.” Die Zeit, das Pfand zu prüfen, könne er sich da sparen.

Der Gold-Heinz nimmt kein Blatt vor den Mund. Zwei junge Männer bedenkt er mit wüsten Ausdrücken, doch die grinsen nur - auch Scherze dürfen beim Gold-Heinz derbe ausfallen. Ein Mittfünfziger hat seine Frist zum Abholen des Pfands knapp verpasst. Er möchte verlängern. „Ich schenk’ dir die vier Tage”, sagt Schmalzried und stellt einen neuen Pfandschein aus. Mit den Worten „Gott beschütze dich” verabschiedet er den Kunden.

Ein besonderer Schatz: Diese Goldene Schallplatte der Rockband Pink Floyd holte der Besitzer nie ab. Nun gehört sie dem Pfandleiher Heinz Schmalzried.
Ein besonderer Schatz: Diese Goldene Schallplatte der Rockband Pink Floyd holte der Besitzer nie ab. Nun gehört sie dem Pfandleiher Heinz Schmalzried. Foto: Jörg Donecker

An Samstagen bilden sich vor dem Pfandleihhaus in der Karlsruher Karlstraße immer wieder lange Schlangen. Alles, was wertvoll ist, wird hier als Pfand im Tausch gegen schnelles Bargeld angenommen. Drinnen, hinter Doppeltüren und dicken Glasscheiben, prüfen Heinz Schmalzried und seine Mitarbeiter die angebotenen Gegenstände auf Echtheit und aktuellen Geldwert, geben Pfandscheine aus oder kassieren Zinsen.

Eine Frist läuft drei Monate

Ein waches Auge, Erfahrung und die richtigen Messgeräte zum Ermitteln des Edelmetall-Gehaltes sind dazu notwendig. Drei Monate läuft jeweils die Frist, bis zu der das eingelagerte Pfand abgeholt werden muss, erklärt Schmalzried.

Verlängerungen sind möglich, wenn die Zinsen für das Bargeld-Darlehen rechtzeitig gezahlt werden. Vier Prozent seien das bei ihm, das sei aber auch gesetzlich geregelt.

Heinz Schmalzried prüft den Goldgehalt von Münzen mit einem Gerät, das die elektrische Leitfähigkeit des Metalls misst.
Heinz Schmalzried prüft den Goldgehalt von Münzen mit einem Gerät, das die elektrische Leitfähigkeit des Metalls misst. Foto: Jörg Donecker

Für die Beleihung eines Gegenstandes, vom Diamantohrring bis zum Ferrari, werde immer nur ein Bruchteil des tatsächlichen Geldwertes ausbezahlt. Denn: Holt der Kunde das Pfand nicht innerhalb der Frist ab, wird das Objekt versteigert. Dabei müsse der entliehene Betrag zuzüglich Zinsen abgedeckt sein.

Wenn einer ‘ne Rolex am Arm hat, schau’ ich mir die Schuhe an. Dann weiß ich, dass die Rolex falsch ist.
Heinz Schmalzried, Pfandleiher „Gold-Heinz”

Die Zahl der Pfänder, deren Besitztümer in die Versteigerung gehen, sei zuletzt um etwa zehn Prozent gestiegen. „Der typische Pfandkunde kommt vom unteren Rand der Mittelschicht”, erklärt Schmalzried. „Da ist ständig das Konto überzogen, und wenn jetzt durch Kurzarbeit zehn bis 15 Prozent weniger Gehalt am Monatsende übrig ist, ist das oft genau das Geld, das für die Pfandzinsen fehlt.”

Die Echtheit von Silberwaren prüft Pfandleiher Heinz Schmalzried mit einem speziellen Messgerät.
Die Echtheit von Silberwaren prüft Pfandleiher Heinz Schmalzried mit einem speziellen Messgerät. Foto: Jörg Donecker

Vielen reiche auch die Rente nicht. Seit Dezember ist gleichzeitig der Bestand in Schmalzrieds Pfandleihhaus um etwa zehn Prozent gesunken. Ob das durch die Corona-Krise bedingt sei, könne er nicht direkt sagen, sagt Schmalzried. In der Hochphase des Lockdowns Ende März, Anfang April allerdings hätten viele ihr Pfand ausgelöst.

„Das waren zum Beispiel Leute, die in der Gastronomie als Küchenhilfe oder als Reinigungskraft gearbeitet haben und ihre Jobs verloren haben.” Sie hätten mit dem letzten Gehalt ihr Gold geholt und seien in ihre Heimatländer abgereist.

Nachfrage nach Gold steigt

Gleichzeitig steige im Verkauf die Nachfrage nach Gold in Form von Münzen oder Barren. „Die Menschen haben Angst um’s Geld”, sagt Schmalzried. Auf dem Computerbildschirm zeigt er die Umsätze der letzten Tage: Wohlhabende Menschen kaufen bei ihm Edelmetall für Geldwert-Beträge im bis zu sechsstelligen Bereich.

Sechs Goldbarren liegen aufgestapelt hinter der Theke in Heinz Schmalzrieds Karlsruher Pfandleihhaus. Aktueller Geldwert: 306.000 Euro.
Sechs Goldbarren liegen aufgestapelt hinter der Theke in Heinz Schmalzrieds Karlsruher Pfandleihhaus. Aktueller Geldwert: 306.000 Euro. Foto: Jörg Donecker

Diesen Eindruck bestätigt Rainer Bauer vom gleichnamigen Pfandhaus in der Kaiserpassage. „Während der Corona-Hochphase sind die Leute gekommen und haben ihr Gold ausgelöst”, sagt er. Da man im Lockdown ohnehin weniger konsumieren konnte, hätten die Menschen genug Geld gehabt.

Es ist nicht falsch, heutzutage eine teure Uhr oder etwas anderes von Wert im Haus zu haben.
Rainer Bauer, Pfandleihhaus Bauer

„Man weiß nicht, wie es mit dem Geldsystem weitergeht”, sagt Bauer. Das spüre auch die Bevölkerung, die jetzt in Uhren oder Gold investiere. „Denn Geld ist nur Papier.” Jetzt eine Prognose abzugeben, sei aber reine Mutmaßung.

„2009 haben auch viele gedacht, dass der Euro über den Jordan geht.” Das sei nicht passiert, „aber es war knapp. Es ist nicht falsch, heutzutage eine teure Uhr oder etwas anderes von Wert im Haus zu haben.”

Im 123-Kfz-Pfandleihhaus in der Ottostraße, das auf Anleihen von Fahrzeugen spezialisiert ist, herrscht laut Unternehmens-Pressesprecher Philipp Tasler „nicht unverhältnismäßig mehr” Betrieb. Die Anfragen seien seit Corona zwar gestiegen, und es habe auch Verlängerungen der Leihfristen gegeben.

Kredite beim Kfz-Pfandleihhaus beginnen bei 2.000 Euro

„Viele Fahrzeuge konnten wir aber nicht beleihen, weil das ältere Objekte waren.” Das Auto-Pfandleihhaus vergebe in der Regel Kredite erst in Höhe von etwa 2.000 Euro. „Unsere Kunden sind häufig Selbstständige”, sagt Tasler. Sie liehen sich Beträge im 10.000-Euro-Bereich.

Auch bei 123-Kfz gab es im Lockdown aber mehr Auslösungen als sonst, womit man nicht gerechnet habe. „Das waren zum Beispiel Handwerker, die von der Krise nicht betroffen waren”, sagt er.

„Die Corona-Krise trifft die ärmsten Bevölkerungsschichten als erstes”, schätzt Heinz Schmalzried. Wer genug Geld verdiene, sei im Moment meist noch entspannt, habe sich auch mit Kurzarbeit und der freien Zeit gut arrangiert.

„Aber was ist, wenn der Konsum weiter so flach bleibt? Wenn die Autozulieferer in Schwierigkeiten geraten?” Es gehe ja nicht nur um Personalkosten, sondern auch um Lagerhaltung und Strom, so der Gold-Heinz. „So richtig knallen wird’s erst im Spätjahr”, schätzt er.

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