Skip to main content

Forschungsprojekt am KIT

Benzin aus Luft und Strom: Karlsruher Tüftler wandeln CO2 um

Wissenschaftler des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) haben ein Verfahren entwickelt, um synthetischen Kraftstoff effizient herzustellen. Dabei wird CO2 aus der Luft gefiltert und in eine Flüssigkeit umgewandelt, die in herkömmlichen Automotoren oder Flugzeugturbinen verbrannt werden kann. Die Energie soll aus Solar- oder Windstrom kommen.

None
Mit dem am KIT entwickelten Verfahren soll überall dort synthetischer Kraftstoff erzeugt werden, wo es viel Öko-Strom gibt. Institutsleiter Roland Dittmeyer stellt die Versuchsanlage vor. Foto: Rake Hora

Während die Bundesregierung mit aller Macht versucht, den Elektroautos zum Durchbruch zu verhelfen, wird andernorts an Alternativen getüftelt. Forscher des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) haben die ersten Liter eines klimaneutralen Kraftstoffs hergestellt. Die Versuchsanlage auf dem Campus Nord, dem früheren Kernforschungszentrum bei Eggenstein-Leopoldshafen, wurde am Mittwoch feierlich in Betrieb genommen.

In einem mehrstufigen Verfahren gelingt es den Wissenschaftlern, Kohlenstoffdioxid (CO2) aus der Luft zu filtern und dann mit Hilfe von elektrischer Energie in synthetisches Öl umzuwandeln. Das Endprodukt soll als Treibstoff in Verbrennungsmotoren oder Flugzeugturbinen eingesetzt werden können.

Wenn bei der Herstellung Öko-Strom aus Windrädern oder Solarzellen verwendet wird, ist die Gesamtbilanz des CO2-Ausstoßes null. Synthetische Kraftstoffe sollen daher auch dazu dienen, Energie aus erneuerbaren Quellen zu speichern und zu transportieren.

Technik soll weltweit exportiert werden

Thomas Hirth, KIT-Vizepräsident für Innovation und Internationales, bezeichnete diese Technologie als „große Chance für Deutschland“. „Als Vorreiter können wir sie nicht nur hier bei uns anwenden, sondern vor allem auch exportieren“, so Hirth.

Ein Punkt, den Peter Müller-Baum vom Maschinenbau-Verband VDMA gerne aufgriff. „Das Potenzial ist da. Wir haben weltweit genug Sonne und Wind zur Verfügung“, sagte Müller-Baum. „Aber wir müssen solche Anlagen auch in Deutschland bauen, um zu zeigen: Wir können das. Sonst haben wir dasselbe Problem wie beim Transrapid.“

Die weltweit erste integrierte Power-to-Liquid (PtL) Versuchsanlage zur Synthese von Kraftstoffen aus dem Kohlendioxid der Luft.
Die weltweit erste integrierte Power-to-Liquid (PtL) Versuchsanlage zur Synthese von Kraftstoffen aus dem Kohlendioxid der Luft. Foto: Langer/KIT

Im Moment haben die noch Scheuklappen auf und fast nur den Batterieantrieb im Blick

Beim Klimaschutz und dem bevorstehenden Wandel der Autoindustrie erwarte er von der Politik in Berlin und Brüssel mehr Technologieoffenheit. „Im Moment haben die noch Scheuklappen auf und fast nur den Batterieantrieb im Blick“, kritisierte Müller-Baum. „Industriepolitisch ist das ein großer Fehler. Der Staat muss die Rahmenbedingungen so setzen, dass sich am Markt das beste System durchsetzen kann.“

Versuchsanlage im Container

Roland Dittmeyer, Leiter des Instituts für Mikroverfahrenstechnik am KIT, stellte die Versuchsanlage gemeinsam mit seinem Team vor. Sie ist in einem Container im Hof des Institutsgebäudes untergebracht und schafft bis zu zehn Liter Kraftstoff am Tag. „Das ist das Ergebnis der ersten drei Jahre unseres Forschungsprojekts.“

In der zweiten Phase gehe es darum, das Verfahren im größeren Stil anzuwenden. Bis zum Jahr 2022 wollen die KIT-Forscher eine zweite Anlage fertig haben, die 200 Liter am Tag produziert. Und spätestens im Jahr 2025 wollen sie den „vorindustriellen“ Maßstab erreicht haben, so Dittmeyer. Dann gehe es um eine Tagesproduktion von 1.500 bis 2.000 Litern.

Erfinder: Verfahren ist sehr kompakt und effizient

Dirk Nuber von der Firma Climeworks, die an dem vom Bundesforschungsministerium geförderten Projekt beteiligt ist, erklärte die erste Stufe des Verfahrens: „Wir ziehen Luft durch einen Filter, an dem das CO2 hängen bleibt. Dann werden die Klappen geschlossen und durch Erhitzung das CO2 ausgetrieben.“

Diese Technik könne an jedem beliebigen Standort eingesetzt werden. „Man wird dorthin gehen, wo die Energiequellen sind: ob in Patagonien oder Norwegen“, sagte Nuber.

Die weiteren Prozessschritte wurden von den Firmen Sunfire und Ineratec, einer Ausgründung des KIT, entwickelt. Als großen Vorteil des Karlsruher Verfahrens versprechen dessen Erfinder, dass es sehr kompakt und effizient sei. Wärme, die während des Prozesses entsteht, wird sofort wieder genutzt.

Dadurch könne ein Wirkungsgrad von 60 Prozent erreicht werden, sagte Institutsleiter Dittmeyer. Das bedeutet: 60 Prozent der eingesetzten Energie ist am Ende in dem synthetischen Kraftstoff gespeichert. Dieser Wert ist bisher allerdings ein theoretischer. Die Versuchsanlage erreicht ihn noch nicht.

nach oben Zurück zum Seitenanfang