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Nach dem Gerichtsurteil

Fußballboss gegen Bürgermeister: Das steckt hinter dem Karlsruher Stadionstreit

KSC-Präsident Wellenreuther und Oberbürgermeister Mentrup haben im Stadionstreit viel zu verlieren. Doch das Gerichtsurteil vom Freitag bietet auch eine Chance für das Projekt Stadionneubau – eine Analyse von Theo Westermann.

Da war die Welt noch einigermaßen in Ordnung: KSC-Präsident Ingo Wellenreuther (links) und OB Frank Mentrup im November 2018 beim Beginn der Abrissarbeiten im Wildpark zur Vorbereitung des Stadionbaus.
Da war die Welt noch einigermaßen in Ordnung: KSC-Präsident Ingo Wellenreuther (links) und OB Frank Mentrup im November 2018 beim Beginn der Abrissarbeiten im Wildpark zur Vorbereitung des Stadionbaus. Foto: Jörg Donecker

KSC-Präsident Ingo Wellenreuther und Oberbürgermeister Frank Mentrup haben im Karlsruher Stadionstreit viel zu verlieren. Doch das Gerichtsurteil vom Freitag bietet auch eine Chance für das Projekt Stadionneubau – eine Analyse von Theo Westermann.

Der Richterspruch des Landgerichts in Sachen KSC gegen Stadt Karlsruhe könnte salomonisch genannt werden – wenn er denn seine Wirkung auf die beiden mal wieder als Kontrahenten auftretenden Partner entfaltet. Die Kammer hat ein Urteil gefällt , das die Stadt im Prinzip nichts kostet und die gegenseitigen Rollen von Verein und Stadt schärfer definiert.

Stadt hat Hosen an – aber sie ging zu weit

Der Stadt schreibt die Kammer ins Stammbuch, nicht regelkonform mit dem KSC umgegangen zu sein und legt ihr eine bessere Einbindung ihres Partners auf. Und gleichzeitig macht sie dem KSC klar, dass natürlich die Stadt in zentralen Fragen die Hosen anhat. Nun kommt es darauf an, was die beiden verstrittenen Partner aus diesem Urteil machen.

Es wäre zu billig, die ganze Auseinandersetzung auf die Personen Oberbürgermeister Frank Mentrup und Präsident Ingo Wellenreuther zu fokussieren oder zurückzuführen. Der Stadionbau ist ein ambitioniertes Projekt, es brächte auch andere Akteure in ein konfliktbelastetes Ringen um den besten Weg. Doch natürlich muss man die persönliche Ebene im Blick haben. Wenn der Stadionbau gelingt, geht dies positiv mit Wellenreuther wie Mentrup nach Hause und beide – die sich einst im OB-Wahlkampf als Kontrahenten gegenüberstanden – haben etwas davon.

OB im Vorwahlkampf

Umgekehrt gilt aber auch, dass jede Zuspitzung, und es gab davon schon mehr als genug, auch beiden aufs Minuskonto gebucht wird. Und da gilt es eben die Rahmenumstände zu beachten. Der Oberbürgermeister befindet sich praktisch im Vorwahlkampf. Ob er von den Grünen mit einem Gegenkandidaten zu rechnen hat, weiß er noch nicht. Die Grünen waren die schärfsten Gegner des Stadionbaus, sie sind inzwischen die führende Kraft in Karlsruhe. Allzu großes Entgegenkommen Mentrups in Richtung KSC würde man im grünen Lager als Affront empfinden und die Lust auf einen eigenen Kandidaten steigern.

Wellenreuthers Motive

Umgekehrt steht aber auch Wellenreuther nur so lange unangetastet an der Spitze des KSC, solange sich mit ihm die Hoffnung auf Besserung dieser jahrzehntelang desolaten Stadionfrage verbindet. Dass aus dem Verwaltungsrat einzelne Kritik an der Schärfe des Vorgehens geäußert wird, mag er als Warnsignal nehmen. Es naht die KSC-Hauptversammlung in einem eigentlich ruhmreichen Jubiläumsjahr des Vereins. Und viele Fans sehen sich ganz nahe an der Erfüllung ihrer Wünsche, nämlich ein neues Stadion.

Der Freitag bietet die Chance, dass vom Krisenmodus nun wieder auf Arbeitsmodus umgeschaltet werden kann. Allerdings ist dies vorerst nur eine Chance, ergreifen müssen sie Stadt wie KSC. Den Gang vors Gericht kann man nur einmal machen, dies verbietet sich künftig. Denn dann wäre das Projekt wirklich am Abgrund, vor dem es manche schon jetzt gesehen haben.

Hintergrund

Die Stadt Karlsruhe ist Bauherr für das neue Wildparkstadion. Sie finanziert die Investitionssumme von rund 125 Millionen Euro vor. Davon sind 75 Millionen für den Stadionkörper vorgesehen. Der Karlsruher Sport-Club (KSC) ist der Pächter. Bei den ebenfalls im Vorfeld immer mit viel Streit versehenen Vertragsabschlüssen 2016 und 2018 hatte die Stadt klargemacht, dass sie die Richtung vorgibt. Verhandlungen mit dem Baukonzern führt – und der KSC nur eine Art privilegierter Zuschauer ist. Der aktuelle Konflikt spitzte sich zu, weil die Genehmigung des vom deutsch-niederländischen Baukonzern BAM eingereichten Bauantrags nahte. Wenn der Bauantrag einmal genehmigt ist, löst er die zwischen Stadt und KSC vereinbarte „Funktionale Leistungsbeschreibung (FLP)“ als Grundlage für den Stadionbau ab. Der KSC sah sich aus seiner Sicht deshalb dazu veranlasst, die Notbremse zu ziehen. Dass die Konsequenz einer Belastung im Verhältnis zur Stadt gesehen wurde, gab KSC-Präsident Ingo Wellenreuther zu. Deshalb hätten Präsidium und Verwaltungsrat auch gemeinsam entschieden, drei Verwaltungsratsmitglieder das Gespräch mit OB Frank Mentrup suchen zu lassen, um eine neue Gesprächsebene auszuloten.



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