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Zögerliche Rückerstattung

Lufthansa-Kunden aus Karlsruhe warten nach Corona-Stornierungen immer noch auf ihr Geld

In der Corona-Krise wurden zahlreiche Flüge abgesagt. Doch die Rückerstattung verläuft nur schleppend. Die meisten Kunden warten immer noch auf ihr Geld. Verbraucheranwälte werfen den Fluggesellschaften eine rechtswidrige Hinhaltetaktik vor.

Streik bei Germanwings
«Annulliert» steht auf einer Anzeige im Düsseldorfer Flughafen für zwei Flüge der Lufthansa-Tochter Germanwings. Foto: Marcel Kusch/dpa

Renate und Herbert M. wollten im Mai nach Miami fliegen. Das Rentner-Ehepaar aus Karlsruhe hatte sich auf einen sonnigen Frühling in Florida gefreut. Doch dann kam das Coronavirus dazwischen. Ihre bereits Anfang Januar gebuchten Lufthansa-Flüge LH462 und LH463 wurden wegen der Pandemie abgesagt, so wie viele andere Flugverbindungen auch. Doch auf die Rückerstattung des Flugpreises, insgesamt 2.076,08 Euro, warten die beiden Karlsruher immer noch.

„Meine Frau ist Ende 70 und ich bin über 80 Jahre alt“, sagt Herbert M.. „Wir wissen nicht, ob wir überhaupt nochmal eine Fernreise machen werden. Deshalb wollen wir keinen Gutschein und keine Umbuchung. Wir wollen einfach nur unser Geld zurück.“

Drei bis fünf Monate Bearbeitungszeit

So wie dem Ehepaar M. geht es vielen Fluggästen, die wegen Corona am Boden geblieben sind. Beim ADAC-Reisebüro in Karlsruhe, über das die beiden ihren Miami-Flug gebucht hatten, heißt es: „Von all unseren Reisekunden hat bisher nur einer etwas von seiner Airline bekommen – aber nur einen Anteil des Flugpreises, obwohl ihm der komplette Betrag zusteht.“

Alle anderen Kunden hätten noch keine Erstattung erhalten. „Teilweise warten sie seit März überhaupt auf eine Reaktion“, so die ADAC-Sprecherin. „Man muss als Kunde mit drei bis fünf Monaten Bearbeitungszeit rechnen.“

Kunden haben Recht auf Erstattung innerhalb von sieben Tagen

Eigentlich ist die Rechtslage eindeutig: Wenn ein Flug ausfällt, hat der Kunde das Recht, sich die Ticketkosten zurückerstatten zu lassen – und zwar innerhalb von sieben Tagen. Doch weil die Fluggesellschaften in der Corona-Krise selbst in wirtschaftliche Turbulenzen geraten sind, spielten sie bislang auf Zeit.

Es scheint, dass die Fluggesellschaften die aktuelle Ausnahmesituation der Fluggäste ausnutzen.
Oskar de Felice, Flightright

Das Verbraucherportal Flightright, das sich auf die Durchsetzung von Fluggastrechten spezialisiert hat, kritisierte diese Verzögerungstaktik schon Anfang Mai. „Es scheint, dass die Fluggesellschaften die aktuelle Ausnahmesituation der Fluggäste ausnutzen und ihre Verpflichtungen gegenüber den Kunden umgehen“, stellte Flightright-Rechtsexperte Oskar de Felice fest.

„Die Airlines hatten hier vermutlich noch Hoffnung auf eine gesetzliche Gutscheinlösung, wie sie vom Corona-Kabinett angedacht war, und haben versucht, die Zahlung rechtswidrig hinauszuzögern.“ Gegen Lufthansa und die Billigfluglinie Ryanair habe Flightright bereits die ersten Klagen für betroffene Passagiere eingereicht.

Auch Airlines profitieren von staatlichen Hilfsprogrammen

Auch aus der Politik kommt inzwischen scharfe Kritik. Thomas Bareiß, CDU-Bundestagsabgeordneter aus Baden-Württemberg und Tourismusbeauftragter der Bundesregierung, sagte der „Bild“-Zeitung: „Was da passiert, ist eine Frechheit. Und das von Unternehmen, deren Zukunft von der Solidarität und Hilfe der Allgemeinheit abhängt“, spielte er auf die milliardenschweren Hilfsprogramme zur Rettung von Fluggesellschaften an.

Bareiß kritisierte, dass die Rückerstattungen in Deutschland viel zu lange dauern würden, während sie in anderen Ländern „oft problemlos“ liefen. „Die Fluggesellschaften haben eine rechtliche Verpflichtung ihren Kunden gegenüber und ich erwarte, dass die auch erfüllt wird.“

Lufthansa will Rückzahlungsstau in sechs Wochen behoben haben

Bei der Lufthansa versprach der Vorstandsvorsitzende Carsten Spohr Besserung. Auf der außerordentlichen Hauptversammlung am vergangen Donnerstag sagte Spohr, jeder Kunde, der keinen Gutschein möchte, erhalte sein Geld zurück. „Wir haben unsere Ressourcen dafür deutlich erhöht, damit wir in spätestens sechs Wochen den Rückzahlungsstau abgearbeitet haben“, so der Lufthansa-Chef.

Bislang hat Lufthansa eigenen Angaben zufolge eine Milliarde Euro ausgezahlt. Durch die Kapazitätserhöhung seien nun „Ticketerstattungen im dreistelligen Millionenbereich pro Monat möglich“, so ein Unternehmenssprecher.

Probleme auch bei den Reiseveranstaltern

Renate und Herbert M. müssen also noch warten, bis sie die gut 2.000 Euro für ihre abgesagte Florida-Reise zurückbekommen. Anfang Januar wurde die Summe auf ihrem Konto abgebucht. Ob sie in sechs Wochen wieder darauf ist, wird sich zeigen.

Im ADAC-Reisebüro Karlsruhe ist man nicht allzu optimistisch und geht davon aus, dass es eher länger dauert – trotz des Versprechens des Lufthansa-Chefs. Denn das Reisebüro hat die Miami-Flüge nicht direkt bei der Fluggesellschaft gebucht, sondern über einen Reiseveranstalter.

Und auch dort gibt es einen Bearbeitungsstau. „Da die Veranstalter ihre Mitarbeiter in Kurzarbeit geschickt haben, werden die Fälle entsprechend langsam mit den Airlines geklärt“, so die Karlsruher ADAC-Sprecherin, „ein absolut unbefriedigender Zustand für die Reisekunden.“

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