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Erstattungen stehen noch aus

Lufthansa-Kunden warten weiter auf ihr Geld

Die Lufthansa hat es hinter sich. Das bange Warten auf Geld hat seit der jüngsten Zusage für ein Rettungspaket über neun Milliarden Euro ein Ende. Viele Individualreisende, die einen Flug direkt oder mittels eines Reisebüros gebucht haben, müssen hingegen weiter warten – auf Geld, das ihnen schon lange zusteht.

Lufthansa
Die Lufthansa setzt Flüge nach Teheran und für den iranischen Luftraum bis Ende März auch. Foto: Silas Stein/dpa

Für Jörg Lesser ist das ein ziemlicher Skandal. Nach Meinung des Beraters bei einem Reisebüro in Lichtenau beim Baden Airpark mit Filiale in Karlsruhe, verstößt die Lufthansa mit ihrer Weigerung den Ticketpreis fristgerecht zu erstatten, gegen geltendes Recht.

Reisebüros trifft wegen Lufthansa der Unmut der Kunden

„Die Gesetzeslage sieht klar vor: Wenn ein Flug ausfällt, muss die Fluggesellschaft den Reisepreis zurückerstatten. Die Lufthansa verweigert sich, Rückzahlungstermine zu benennen und bietet stattdessen Gutscheine oder Umbuchungen an, vergisst dann aber gern ihre Kunden auf ihre generelle Erstattungspflicht hinzuweisen“, sagt Lesser.

Fast täglich müssten er und viele seiner Kollegen sich deshalb dem Unmut vieler Kunden stellen. Flüge im Wert von 50.000 Euro seien seit Beginn der Corona-Pandemie ausgefallen. „Klar, dass die Kunden dieses Geld nun von mir als Vermittler zurückverlangen“, sagt er.

Erstattungspflicht wird verschwiegen

Reiseexperten sind sich einig. „Gutscheine sind laut der EU-Kommission in Brüssel nur eine Option“, betont Christian Möller, Direktor für Transport und Distribution beim Europäischen Reisebüro- und Reiseveranstalterverband (ECTAA).

Die Bundesregierung hatte sich dafür ausgesprochen, die Gutscheinlösung verpflichtend einzuführen. Aber: „Die EU-Kommission hat dem widersprochen.“ Laut Passagierrechteverordnung 261/04 hat der Kunde im Falle eines Flugausfalls einen Rechtsanspruch auf Erstattung innerhalb von 14 Tagen.“

Normalerweise sind Flugausfälle Einzelfälle.
Lufthansa-Sprecher

Eine Regelung, der die Lufthansa auf Nachfrage auch gar nicht widerspricht. „Natürlich nehmen wir Auszahlungen vor, das ist ja auch Gesetzeslage und wir halten uns ans Gesetz“, lässt ein Sprecher des Konzerns in einem Schreiben wissen. Dass es noch nicht zu Auszahlungen gekommen sei, habe schlicht mit der enormen Zahl an Erstattungsgesuchen zu tun. „Normalerweise sind Flugausfälle Einzelfälle“, heißt es. Jetzt habe man mit einer überwältigenden Anzahl zu kämpfen. „Da können wir die üblichen Fristen nicht einhalten.“

Weltweit missachten Fluggesellschaften Vorschriften zur Erstattung

Ein Argument, das jedoch auch der Deutsche Reiseverband (DRV) nicht recht gelten lassen will. Mit „großer Sorge“ habe man festgestellt, dass die Mehrzahl der weltweiten Fluggesellschaften die rechtlichen Vorschriften, Verordnungen und Gesetze bezüglich der Rückerstattung von Flugtickets gegenüber den Vertriebspartnern bewusst missachtet.

„Die Fluggesellschaften – insbesondere der führende nationale Luftfahrtkonzern Lufthansa Group – verweisen seit Wochen auf unbekannte beziehungsweise nicht definierbare Rückzahlungsfristen“, sagt Christoph Schautmann, Mitglied im Flugausschuss des DRV. „Das hat verheerende wirtschaftliche Auswirkungen auf die Vertriebspartner.“

Automatische Stornierungsfunktion ist abgeschaltet

Besonders betroffen davon sind Reisebüros, Reiseveranstalter oder auch Ticketgroßhändler, die von der International Air Transport Association (IATA) lizenziert sind. „Als durch den Lockdown eine Vielzahl von Flugzeugen am Boden blieben, mussten bereits an die Fluggesellschaft gezahlte Flugtickets storniert werden. Im Normalfall geht das über die Computerreservierungssysteme automatisch“, erklärt Schautmann.

Diese Funktionalität sei jedoch von den Fluggesellschaften, unter anderen auch der Lufthansa Group, technisch abgeschaltet worden. Allein in Deutschland wurden so Flugtickets im Wert von rund vier Milliarden Euro nicht storniert und an die Kunden zurückgezahlt.

Lesser und seinen Kollegen ist bewusst, dass alle Akteure der Reisewirtschaft vor dem Problem stehen, ihre Liquidität zu bewahren, um die Wirtschaftskrise zu überleben. „Umso wichtiger ist es, dass alle Beteiligten an einvernehmlichen Lösungen arbeiten“, sagt Lesser.

Schweizer Rettungspaket nur bei Rückzahlung

Die Schweizer Regierung machte die Rückzahlung von Kundengeld durch die Swissair zur Bedingung für ihr Rettungspaket. Nicht so die deutsche Bundesregierung. Vom Wirtschaftsministerium heißt es: „Die Rechte der EU-Fluggastrechte-Verordnung gelten unabhängig von Staatshilfen für die Lufthansa. Ziel der Stabilisierungsmaßnahmen des Bundes ist es, die Lufthansa in die Lage zu versetzen, ihre Verpflichtungen gegenüber Mitarbeitern, Zulieferern und Kunden zu erfüllen.“

Jörg Lesser ist diese Antwort „zu schwammig“. Im Namen ihrer Kunden verlangen die Reisebüros eine verbindliche Festlegung auf ein Auszahlungsdatum für die stornierten Tickets.

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