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Corona-Lockdown

Mehr Personal für weniger Gäste - Neustart für Karlsruher Restaurants

Am ersten Tag nach dem Corona-Lockdown öffnen zwar die meisten Restaurants in Karlsruhe wieder - doch die Einschränkungen machen vielen zu schaffen. Die Umsetzung braucht mehr Personal trotz geringerer Gästezahl. Einige erhöhen die Preise. Andere halten einen wirtschaftlichen Betrieb nicht für möglich und bleiben vorerst geschlossen.

Das Leben kehrt zurück: Auf dem Karlsruher Ludwigsplatz ist am ersten Öffnungstag nach dem Corona-Lockdown einiges los.
Das Leben kehrt zurück: Auf dem Karlsruher Ludwigsplatz ist am ersten Öffnungstag nach dem Corona-Lockdown einiges los. Foto: jodo

Der Platz an der Sonne ist gleich besetzt: Kaum öffnen am Montag nach Wochen der Zwangspause wieder Lokale und Cafés, nehmen die ersten Gäste Platz. Im Ege Bistro beim Kaiserplatz frühstücken vor 10 Uhr einige Paare im Freien. Und in der Segafredo Bar in der Erbprinzenstraße werden zu der Zeit gemütlich Espresso und Cappuccino geschlürft.

Tische stehen dort beidseits der Straße. Das Ordnungsamt versucht wie hier im ganzen Stadtgebiet, den Wirten entgegenzukommen und die Außenbestuhlung auszuweiten. Gebühren fallen für die Plätze im Freien nicht an. Dies ist ein weiterer Ansatz, wie Karlsruhe den Gastronomen in der Krise helfen will. Die beobachten, wie sich ihre Tische nach und nach füllen, wie das Geschäft wieder anläuft.

„Ich freue mich, wieder für meine Gäste da sein zu können. Ich war wochenlang daheim, dabei bin ich ein Arbeitstier“, sagt Sandro Divkovic, Betriebsleiter in der Alten Bank. 30 Prozent weniger Tische als sonst darf er aktuell aufstellen. „Wir sind immer noch in Kurzarbeit und sehen von Tag zu Tag, wie es läuft“, so der Wirt.

Eine überschaubare Zahl von Reservierungen liegt ihm aktuell vor. Doch mancher kommt spontan und lässt sich einen Tisch zuweisen. Freie Platzwahl ist aktuell nicht möglich.

Sitzplatz im Restaurant statt Takeout auf der Parkbank

Bei Lehners am Ludwigsplatz achtet Tobias Rödiger darauf, dass alle Vorschriften eingehalten werden. „Das funktioniert gut“, sagt der junge Mann. Er studiert am KIT. Seine Miete verdient er sich als Kellner. Begeistert stürzt er sich nun wieder ins Geschäft. Er freut sich, gleich zum Auftakt viele Stammgäste begrüßen zu können. „Die Leute haben Lust, wieder zu kommen.“

Norbert Egen sitzt an einem Tisch im benachbarten Ludwigs. „Ich bin Stammgast hier“, verrät der Mann. Jetzt zu Mittag holt er Essen für seine Mutter, er bringt es ihr heim. Am Abend will er wiederkommen auf ein Bier. „Auch wenn es noch keine Stammtische gibt, sieht man sich wenigstens wieder, natürlich auf Abstand. Das ist ein Schritt nach vorne.“

Auch Peter Mayer spricht von einem Fortschritt. Der Mann, der in der Pfalz wohnt und in der Karlsruher Innenstadt arbeitet, aß zuletzt immer wieder Pizza und Fleischkäseweck auf Parkbänken in der City. „Dass man sich jetzt wieder vernünftig hinsetzen kann, bringt ein ganz anders Lebensgefühl.“

Nicht jeder öffnet direkt am Montag

Doch noch haben nicht alle auf. Das Sen am Ludwigsplatz renoviert aktuell. Das Sausalitos öffnet erst am Mittwoch. Der Dienstag ist für die Weinbar Aurum auf dem alten Schlachthofgelände in der Oststadt der erste Tag der Woche. Ab sofort ist dort schon zur Mittagszeit geöffnet – Corona sei Dank.

„Wie alle anderen sind auch wir unsicher, was passieren wird“, sagt Aurum-Geschäftsführer Emrah Isitmen. Da sein Betrieb stark auf Veranstaltungen wie Hochzeiten oder Firmenfeiern ausgerichtet ist, versucht er, mit dem Mittags-Angebot diese jetzt wegfallende Einnahmequelle zu ersetzen.

Ungewohnter Service: In der Gaststätte "Im alten Schlachthof" tragen die Kellner Mundschutz.
Ungewohnter Service: In der Gaststätte "Im alten Schlachthof" tragen die Kellner Mundschutz. Foto: jodo

„Wir sind zufrieden, wenn wir auf Null rauskommen“, sagt Isitmen. Glücklicherweise sei immerhin die Dachterrasse groß genug, dass dort selbst unter Einhaltung der Hygiene- und Abstandsvorschriften noch knapp 50 Gäste bewirtet werden können.

Kritik am Neustart mit Einschränkungen

Die eher großzügige Fläche kommt auch Fernando D’Ascenzo mit seinem Ristorante Pizzahaus Oststadt zugute. Im Hauptraum mit normalerweise 15 Tischen können jetzt nur noch halb so viele besetzt werden. So viele Menschen sind zur Mittagszeit am Montag aber noch nicht gekommen. „Es läuft schleppend“, sagt D’Ascenzo.

Effektiver hätte er es gefunden, wenn die Landesregierung mit den Lockerungen noch einige Wochen gewartet hätte und dann dafür mehr Gäste erlaubt wären. Die Preise anpassen oder freiwillig das Lokal noch zulassen, das könne er sich mit Blick auf die Stammkundschaft aber auch nicht erlauben.

„Es bleibt uns ja nix anderes übrig. Wir müssen alles versuchen“, sagt Csilla Mako. In ihrem „Gold“ müsste sie mit den aktuellen Beschränkungen und dem dadurch notwendigen hohen Personaleinsatz deutlich mehr Essen verkaufen, als derzeit möglich. Die Hygienemaßnahmen erfordern zudem eine Neuorganisation der Wege und Betriebsabläufe. „Es ist fast, wie einen ganz neuen Betrieb aufzumachen“, sagt sie.

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Oxford erhöht seine Preise

Daniel Safro hat zwei seiner drei „Oxford“-Gastrobetriebe noch gar nicht geöffnet, nur das „Oxford Ost“ ist am Montag schon geöffnet und sehr dünn frequentiert. „Die Leute haben immer noch Angst“, sagt er. Erst wenn das Lokal mit begrenzter Tischzahl voll wäre, würde es sich finanziell für ihn lohnen.

In der Innenstadt dagegen sieht Safro noch keine Chancen für das Oxford Café in der Kaiserstraße und das „Charles Oxford“ in der Waldstraße. „Das lohnt sich erst wieder, wenn die Studenten wiederkommen.“ Zudem hat er im Oxford Ost die Preise angepasst.

„Das Konzept bisher war so billig wie möglich, und der Gewinn kommt über die Masse. Jetzt habe ich so kalkuliert, wie es in der Gastronomie normaler Standard ist: Das Vierfache des Einkaufspreises.“

Mehr Personal für weniger Gäste

An den Preisen schrauben will man im Café Bleu im Westen der City nicht, obwohl man auch hier normal vor allem über günstiges Essen und viele Gäste sein Geld verdient. „Das ist nicht unsere Politik“, sagt Betriebsleiter Markus Prikyl.

Die dicht an dicht gestellten Biergarnituren auf dem Vorplatz sind deutlich ausgedünnt. Rund 40 Prozent der Tische mussten aufgrund der Abstandsvorgaben weichen. Im kleinen Innenraum trägt gar jeder zweite Tisch die Aufschrift „gesperrt“.

Am ersten Tag überwiegt beim Betriebsleiter die Freude. „Ob das wirtschaftlich ist, wird sich noch zeigen“, sagt er. Rund 150 Menschen waren bis zum frühen Nachmittag da. Dabei habe sich gezeigt, dass der Personalaufwand deutlich gestiegen ist. Mit vier Mitarbeitern hatte Prikryl geplant.

Um die vorgeschrieben Platzzuweisung, die Erfassung der Gästedaten und die Desinfektion zu stemmen, wohl einer zu wenig. „Zum Glück sind Reservierungen keine Pflicht geworden. Das wäre nochmal Papierkram“, so der Betriebsleiter.

Kühler Krug am Montagabend schon ausgebucht

Im Brauhaus Kühler Krug geht allerdings am ersten Abend nach dem Lockdown ohne Reservierung schon nichts mehr, berichtet Geschäftsführer Michael Schulz. 180 statt der gewohnten 750 Plätze kann er im Biergarten anbieten – alle sind am Montagabend belegt. „Wir spüren schon, dass die Gäste kommen wollen“, sagt er.

Der Betrieb hängt im Kühlen Krug allerdings von der Sonne ab. „Wir öffnen vorerst nur bei gutem Wetter“, sagt Schulz. Viele Mitarbeiter sind deshalb noch in Kurzarbeit, Dienstpläne auf die Vorhersage ausgelegt.

Gastronomen wollen offenen Brief schreiben

Eindeutiger plant hingegen der Dom Grill im Hirschhof: Die Türen bleiben vorerst zu. „Die Vorgaben lassen keinen wirtschaftlichen Betrieb zu. Würden wir aufmachen, wäre das Minus größer als jetzt“, sagt Geschäftsführer Marc Leuwer. Maximal 30 Prozent der Tische könnte er anbieten. Auch die lange und schmale Terrasse lässt nicht genügend Platz für Abstand.

Wirtschaftlich nicht tragbar: Der Dom Grill hat weiterhin geschlossen.
Wirtschaftlich nicht tragbar: Der Dom Grill hat weiterhin geschlossen. Foto: jodo

Vom großzügigen Umgang der Stadt mit der Außenbestuhlung kann Leuwer auch nicht berichten. Er hätte gern mehr Fläche, bis jetzt ist aber noch nichts passiert. „Die Umsetzung der Maßnahmen ist langsam, die Behörden sind verunsichert, das verstehe ich“, sagt er.

Trotzdem möchte Leuwer nun gemeinsam mit anderen Gastronomen einen offenen Brief an Oberbürgermeister Frank Mentrup schreiben und um schnelle Umsetzung bitten. „Mit mehr Außenfläche könnten wir wenigsten an sonnigen Tagen öffnen.“

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