Mittlerweile informiert sich jeder vierte Kunde des weltweit ältesten Mercedes-Benz-Partners online über sein Fahrzeug, oft konfiguriert er es auch im Internet. Wie bei einem Hauskauf wolle der Kunde aber danach eine persönliche Beratung, sagt S&G-Chef Achim Quitz.
Motor-Sound im Verkaufsraum
Er öffnet im Showroom eine gläserne Tür zu einem kleineren Raum, der „private Zone“. Wer sich schon konkrete Vorstellungen zu seinem Wunschauto gemacht hat, wird darin direkt vom Verkäufer beraten: bei Ambiente-Beleuchtung – farblich passend, ob ein Smart, AMG oder Maybach gewünscht ist.
Das Foto des Wunschfahrzeugs wird vor einem auf einem XL-Bildschirm präsentiert. Schließlich kommt der entsprechende Motor-Sound aus den Lautsprechern. S&G-Chef Quitz spricht denn auch stolz von „einem der modernsten Showrooms in Deutschland“.
20 Millionen Euro hat S&G in den 2019 abgeschlossenen Umbau seines Standorts in Karlsruhe-Knielingen investiert – inklusive neu gestalteter öffentlicher Straße zu einem Boulevard. Das ist viel Geld in Zeiten, in denen Daimler-Vorständin Britta Seeger den Vertrieb kräftig umkrempeln will.
Bis 2025 soll nach ihren Worten jeder vierte Mercedes-Neuwagen online verkauft werden. „Wir leben schon, was sie angekündigt hat“, sagt Quitz und verweist in diesem Zusammenhang auf das eingangs erwähnte Beratungs- und Verkaufsprozedere.
Persönliche Beratung auch im Internet-Zeitalter wichtig
Es sei freilich auch künftig wichtig, dass ein Fachmann direkt berät. Es gebe schließlich Aktionsprogramme, unterschiedliche Kundengruppen – von der Behörde über Firmen bis zu Privatleuten – und diverse Förderprogramme.
Der Interessent wolle den Wagen vor einem Kauf auch in der Regel sehen, eine Probefahrt machen. Parallel werde es immer wichtiger, Fahrzeuge dort zu präsentieren, wo potenzielle Kunden ihre Freizeit verbringen: auf einem Golfplatz oder einem Weingut beispielsweise.
Als schwer durchsetzbar bezeichnet Quitz Seegers „hehren Wunsch“, langfristig zu einem einheitlicheren und transparenten Preissystem zu kommen. Es wäre nach seinen Worten schon gut, wenn man „zu einer höheren Preiswertigkeit“ käme – die Autos also nicht unter ihrem Wert verkauft würden.
Die A-Klasse ist der Top-Seller
Auch vom hohen Grad der Individualisierung will Seeger weg, eher Ausstattungspakete als Ausstattungsdetails anbieten. Bei einem Smart oder der A-Klasse könne er sich dies vorstellen, sagt Quitz, nicht aber bei teureren Fahrzeugen.
Die deutschen Premiumhersteller – also auch Audi und BMW – setzten auf Individualisierung, weil das die Kunden wollten. Quitz drückt wie zum Beweis im neuen Showroom auf einige Schränke: unzählige Leder- und Stoffmuster für die Innenausstattung fahren heraus.
Im vergangenen Jahr habe man „sehr gute Umsatzerlöse“ erzielt. Mit dem Ergebnis sei man zufrieden. Quitz berichtet von prima Absatzzahlen bei Pkw („Die Top-Seller sind die Fahrzeuge der Kompaktklasse“) und bei den Transportern – weil Handwerk und Paketlieferdienste boomen.
Bei den Lkw „merken wir konjunkturell die ersten Bremsspuren“. Ein Trend sei der zum Leasing, auch bei Privatkunden. Das liege am günstigen Zinsniveau, komme aber auch Wünschen vor allem von jungen Menschen entgegen. Die sind Flatrates auch bei Smartphone, Netflix & Co gewohnt. „Die denken in Monatsraten“, sagt Quitz.
Den E-Hype sieht S&G AG kritisch
Den E-Mobilitäts-Hype sieht er kritisch. „Sie wird keine Massenmobilisierung werden können.“ Bei S&G würden auch wieder zunehmend Diesel-Pkw gekauft. Quitz kennt dennoch die politische Marschrichtung, was die Elektrifizierung angeht. Letztlich sei dies eine Herausforderung für S&G: Die Autohausgruppe sei, was den Service angeht, nach wie vor die Nummer eins aller Mercedes-Benz-Händler in Deutschland. „Wir haben um die 600 Fahrzeug-Durchläufe pro Tag“, sagt Quitz.
Bekanntlich ist mit Reparatur und Wartung eine ordentliche Marge drin. Bei E-Autos „gibt es aber nicht viel zu reparieren – und wenn, dann wird getauscht“. Das käme dann auch den Kunden teurer als beim Verbrenner.
Wir können auch Wasserstoffbusse betreuenS&G-Chef Achim Quitz
Die Servicestärke und Kompetenz mit eigenen Ausbildungszentren sehe er als Chance, sagt Quitz. „Wir können auch Wasserstoffbusse betreuen, als einer der wenigen in Deutschland.“ Vom E-Smart bis zum 250-Tonner, dem SLT, biete man das komplette Fahrzeug-Portfolio und sehe wirtschaftlich keinen Zwang andere Unternehmen zukaufen zu müssen – bekanntlich schreitet die Konzentration in der Branche voran.
Insofern wird weiter kräftig investiert: 2,5 Millionen sind es beispielsweise in Halle an der Saale.
Weitere rund 25 Millionen werden laut Achim Quitz zusammenkommen, bis 2022/2023 in Karlsruhe-Hagsfeld das neue Nutzfahrzeugzentrum komplett fertig ist.
S&G Automobil AG (Karlsruhe)
Gründungsjahr: 1898
Produkte/Dienstleistungen: Verkauf/Service der Marken Mercedes-Benz, AMG, Smart und Fuso. Zehn Standorte in Baden, acht bei der Tochtergesellschaft in Sachsen-Anhalt, ein Standort in Rheinland-Pfalz.
Vorstand: Achim Quitz und Jens Thiele
Ausgelieferte Pkw: 3.789 (2018: 3.477)
Ausgelieferte Nutzfahrzeuge: 2.501 (2018: 2.126)
Ausgelieferte Gebrauchtwagen: 5.057 (2018: 4.680)
Umsatz: 642,78 (2018: 580,16 ) Millionen Euro
Jahresüberschuss: k. A.
Mitarbeiterzahl: 1.429 (2018: 1.413)
Homepage: www.sug.de