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Landgericht Karlsruhe

Mordprozess in Karlsruhe: Onkel wollte das Opfer warnen

Der Onkel des Opfers hat den Angeklagten im Prozess um die tödliche Bluttat im Oberreuter „Foxy Club“ schwer belastet. Der 54-jährige Beschuldigte habe ihn wenige Stunden vor der Tat gefragt, ob es ihm etwas ausmache, wenn er dem späteren Opfer eine Kugel verpasse, sagte der Belastungszeuge am Donnerstag vor dem Landgericht Karlsruhe.

Der Angeklagte umringt von seinen vier Verteidigern: Wolfgang Zeitler (links) und Gottfried Reims sowie stehend Bernd Engler (links) und Tomislav Duzel
Der Angeklagte umringt von seinen vier Verteidigern: Wolfgang Zeitler (links) und Gottfried Reims sowie stehend Bernd Engler (links) und Tomislav Duzel Foto: jodo

Wie die Kammer um den Vorsitzenden Richter Leonhard Schmidt allerdings die Glaubwürdigkeit der Aussage bewertet, lässt sich kaum einschätzen – Zeitpunkt und Rahmenbedingungen lassen Zweifel zu. Die Vertreter der Nebenklage hatten den Belastungszeugen erst am fünften Verhandlungstag angekündigt .

„Würde es dir was ausmachen, wenn ich ihm eine Kugel verpasse?“

Am Donnerstag dreht sich zunächst alles um den Abend des 19. Januar, wenige Stunden vor der Tat. Der Angeklagte hatte den Abend mit Bekannten in einer Kegelbahn in Bietigheim verbracht. Unter ihnen war auch der Onkel des Opfers, der den 54-Jährigen aus dem Zeugenstand keines Blickes würdigt.

Beide kegelten in verschiedenen Gruppen. Erst nach Mitternacht sei ein kurzes Gespräch zustande gekommen, so der Zeuge. Der Angeklagte habe ihn direkt mit der Schlägerei konfrontiert, die er mit dem Opfer einige Wochen zuvor in einer Kneipe hatte. „Würde es dir was ausmachen, wenn ich deinem Neffen eine Kugel verpasse?“, habe er direkt gefragt. Untermauern lässt sich diese Aussage allerdings nicht, das wird in der weiteren Befragung klar.

Aussage lässt sich nicht untermauern

In der Nacht auf den 20. Januar habe die Drohung wohl niemand außer ihm gehört, so der Zeuge. Seinen Neffen habe er zu warnen versucht, ihn aber telefonisch nicht erreicht. Anderen Menschen habe er nicht davon erzählt. Auch nicht als er wenige Stunden nach der Tat seinen Bruder zur Aussage bei der Polizei begleitete. „Ich hatte Schuldgefühle“, sagt er.

Richter Schmidt hakt nach: „Warum kommen sie erst jetzt mit dieser schwerwiegenden Behauptung?“ Er habe nicht gewollt, dass seine Schwester – die Mutter des Opfers – erfahre, dass er wenige Stunden vor der Tat mit dem Todesschützen unterwegs war, sagt der Zeuge. Erst als sein Name in einer anderen Aussage gefallen sei, habe er sich zum Reden entschlossen.

Gutachter hält den Angeklagten für schuldfähig

Neben einer möglichen Ankündigung der Tat rückt am sechsten Verhandlungstag die Frage nach der Schuldfähigkeit des Angeklagten nochmals in den Fokus. Ein psychiatrischer Sachverständiger war bereits am vierten Verhandlungstag zu dem Schluss gekommen, dass der 54-Jährige zur Tatzeit nur leicht unter Drogen- und Alkoholeinfluss stand.

Diese Einschätzung ändert der Sachverständige auch nach den neuen Vernehmungen nicht. Er zählt Anhaltspunkte aus zwölf Zeugenaussagen auf. Nichts davon deute auf eine mittlere oder schwere „Intoxikation“ hin. „Es gibt eindeutig mehr Anhaltspunkte, dass der Rauschzustand in der Tatnacht nur leicht ausgeprägt war“, sagt er. Damit sei kein sogenanntes „Eingangsmerkmal“ für eine krankhafte seelische Störung, die zur Schuldunfähigkeit führe, zu erkennen.

Verteidiger wollen neues Gutachten beantragen

Ganz anders argumentiert hingegen Verteidiger Gottfried Reims. „Es ist viel über einen akuten Rauschzustand gesprochen worden, aber nicht über einen Dauerrausch“, sagt er. Der Angeklagte konsumiert – das bestätigt auch der Gutachter – seit vielen Jahren regelmäßig verschiedene Drogen und große Mengen Alkohol.

Die Folgen dieses Polytoxikomanie genannten Dauerrauschs sieht Reims nicht ausreichend gewürdigt: „Mein Mandant denkt anders als jeder von uns. Wir können nichts zu seinem Angstempfinden oder zur Auswirkung auf die Steuerungsfähigkeit sagen.“ Er will die Einholung eines weiteren gerichtsmedizinischen Gutachtens nach Stand der aktuellen Wissenschaft beantragen. Fortgesetzt wird die Verhandlung am 19. Dezember. Mit einem Urteil ist frühestens im Januar zu rechnen.

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