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Müssen Zeugen erneut aussagen?

Entsetzen nach BGH-Entscheid zum pädophilen Schwimmlehrer aus Baden-Baden

Die Eltern der missbrauchten Mädchen hatten sich gewünscht, dass der Baden-Badener Schwimmlehrer "nie mehr" in Freiheit komme, als im November 2018 das Urteil gegen den Sexualstraftäter fiel. Doch die angeordnete Sicherungsverwahrung hat der BGH kassiert.

Fünf Schwimmflügel liegen vor einem Schwimmbecken eines Hallenbads.
Hilfe im und am Schwimmbecken: Startklar für neue Schwimmkurse und auch erstmals für die Aufsicht am Gifizsee, wenn die neue Saison startet sind ehrenamtliche Helfer der Deutschen Lebensrettungs-Gesellschaft Offenburg. Foto: Christian Charisius/dpa

Im Fall des pädophilen Schwimmlehrers, der wegen mehr als 130-fachen Kindesmissbrauchs in Haft sitzt, kommt auf die Opferfamilien eine neue Belastungsprobe zu, denn der Bundesgerichtshof (BGH) hat das Urteil teilweise aufgehoben: Die Frage, ob der Mann aus Baden-Baden später in Sicherungsverwahrung kommt, muss nochmals verhandelt werden.

Wie haben die Eltern der jungen Missbrauchsopfer die Entscheidung überhaupt aufgenommen? Wie haben sie reagiert, als der BGH die Sicherungsverwahrung für den verurteilten, inzwischen 35-jährigen Schwimmlehrer aufhob?

Gefahr ist für Laien "offenkundig"

Rechtsanwältin Ulrike Schwarz, die einzelne betroffene Familien vertritt, formuliert es so: „Fassungslosigkeit beschreibt es gut“, sagt die Juristin, „denn für juristische Laien ist es offenkundig, dass bei dem Verurteilten ein Hang zu erheblichen Straftaten besteht.“

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Wie berichtet, gab der BGH am Donnerstag bekannt, dass er das Urteil gegen den heute 35-jährigen Schwimmlehrer teilweise kassiert hat. Zu zwölf Jahren Gefängnis und anschließender Sicherungsverwahrung hatte die Jugendschutzkammer Baden-Baden den Schwimmlehrer im November 2018 verurteilt – wegen 133-fachen, teils schweren sexuellen Missbrauchs von 32 Mädchen.

Zwölfjährige Haftstrafe bestätigt

An der verhängten Haftstrafe rüttelten die Bundesrichter in Karlsruhe nicht: „Insoweit hat sich die Verurteilung als rechtsfehlerfrei erwiesen“, teilte der BGH mit. Aber in puncto Sicherungsverwahrung war der Schwimmlehrer mit seinem Revisionsantrag erfolgreich. Denn der vierte Strafsenat des BGH bemängelte, wie das Gericht die Sicherungsverwahrung begründet hatte.

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Dass die Entscheidung „kein einfacher Fall“ sei, räumte der Vorsitzende Richter Stephan Schmid bei der Urteilsbegründung vor rund einem Jahr in Baden-Baden ein, zumal der Täter nicht vorbestraft war. Doch der lange Tatzeitraum, das „eingeschliffene Verhaltensmuster“ und die „fehlende Einsicht“ des pädophil veranlagten Schwimmlehrers erfordere die Sicherungsverwahrung, erklärte der Richter damals. Die Rückfallgefahr sei hoch – das hatte auch der psychiatrische Gutachter prognostiziert.

BGH: Fehlende Einsicht des Täters falsch begründet

Das Landgericht machte die „fehlende Einsicht“ des Täters vor allem daran fest, dass er seine pädophile Neigung selbst nicht anerkenne und einige Taten geleugnet habe, obwohl er sie selbst gefilmt hatte und auf den Aufnahmen sein Schwimmanzug, sein Gesicht und seine Stimme zu erkennen waren. Phasenweise hatte der Schwimmlehrer auch behauptet, sein früherer Chef habe ihn zu den Sexualverbrechen gezwungen.

Diese Punkte reichten aus Sicht des BGH jedoch nicht aus, um die fehlende Einsicht und die Wiederholungsgefahr zu belegen. „Wenn der Angeklagte die Taten leugnet, bagatellisiert oder einem anderen die Schuld an der Tat zuschiebt, ist dies grundsätzlich zulässiges Verteidigungsverhalten“, urteilten die Bundesrichter – und verwiesen den Fall zurück nach Baden-Baden.

Bange Frage: Müssen Zeugen nochmal aussagen?

Eine andere Strafkammer muss nun über die Anordnung der Sicherungsverwahrung neu verhandeln. Ein Termin dafür steht nach Angaben des Landgerichts noch nicht fest. Für die Eltern, deren Töchter bei Schwimmkursen in Kuppenheim, Gernsbach, Baden-Baden, Achern, Bad Herrenalb und Lörrach sexuell missbraucht wurden, stellt sich vor allem die Frage: Wie intensiv wird der Fall neu verhandelt – und müssen sie eventuell erneut als Zeugen aussagen? „Für die Mütter ist das eine Belastung“, sagt Opferanwältin Schwarz.

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