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Arbeiten Rheinbrücke Karlsruhe

Pendeln mit der Bahn ist auch nicht einfach

Mit der Bahn aus der Südpfalz zur Arbeit nach Karlsruhe. Gerade, wenn und weil die brücke über den Rhein saniert wird und der Stau mehr als sonst zur Tagesordnung gehört. Die ÖPNV-Nutzung - gute Idee, aber mit einigen Problemen behaftet.

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Morgens in Jockgrim: Pendler fahren mit dem Zug aus der Südpfalz nach Karlsruhe. Foto: Kuld

Schon um Viertel vor sechs ist Stau. Im „Wörther Trog“ geht es allenfalls im Schritttempo nach Baden und auf der B9-Zufahrt von Norden wird die Lkw-Schlange rückwärts Richtung Jockgrim immer länger. Die Baustelle Rheinbrücke fordert ihren Tribut. Kein Wunder, dass die Pendler aus der Südpfalz in Richtung Karlsruhe andere Wege suchen, um zur Arbeit zu gelangen. Den öffentlichen Nahverkehr beispielsweise.

Kurz nach sechs füllt sich deshalb der Bahnsteig am Haltepunkt Bahnhof Rheinzabern.

ÖPNV probieren

Dick vermummt kommen die Menschen, die mit der Stadtbahn nach Karlsruhe fahren wollen. „Seit der ganze Verkehr auf einer Brückenhälfte liegt, fahre ich Bahn“, sagt ein Mann, der in die Karlsruher Innenstadt muss. „Ich auch“, sagt die Frau, die neben ihm wartet, „ich habe mal eine Monatskarte gekauft“. Ganz glücklich ist sie noch nicht: „Wenn die Bahn aus Germersheim kommt, gibt es meist nur noch Stehplätze.“ So auch an diesem Tag. Es kommt ein einzelner Stadtbahnwagen. Voll. Reinquetschen muss man sich nicht, aber Sitzplätze gibt es keine mehr. „Sollen die doch einen Wagen anhängen“, sagen die Leute. Doch das ist nicht so einfach.

Nur ein Wagen bestellt

Die Albtal-Verkehrsgesellschaft (AVG) fährt die Linie, Besteller der Leistung ist der Zweckverband Schienenpersonennahverkehr (ZSPNV). „Die haben nur einen Wagen bestellt“, heißt es bei der AVG. Also ist nur einer unterwegs. Und abgesehen davon sei im morgendlichen Berufsverkehr alles Material im Einsatz. „Einfach anhängen“ gehe nicht so einfach.

Welche Haltepunkte?

Da kann man nur auf den Zug setzen, der wenige Minuten danach unterwegs ist. Eine S3 der DB Regio. In Jockgrim steigen über 40 Fahrgäste zu. Sie finden noch einen Sitzplatz, viele bleiben dann aber nicht mehr frei. Was ist da los? In einem Zug stapeln sich nach subjektivem Empfinden die Fahrgäste, kurz danach ist alles etwas entspannter. Die Haltepunkte spielen eine entscheidende Rolle. Viele Pfälzer Pendler steigen aus in Knielingen, Mühlburg (der Bahnhof mit dem Fahrradständer für Pendler) oder Karlsruhe-West. Diese Haltepunkte bedient nur die AVG. Der DB-Zug fährt von Wörth nach Karlsruhe Hauptbahnhof durch.

Die DB reagiert

Noch. Denn ab Montag, 18. Februar, reagiert die Bahn auf die Kundennachfrage und legt vor dem Hauptbahnhof Zwischenhalte in Knielingen und Karlsruhe-West ein. Mühlburg geht nicht – der Haltepunkt ist noch nicht ausgebaut. Die Pendler wird die Änderung freuen, die die Bahn in ihrem Fahrplan im Internet bereits vermeldet.

Standzeiten

Im Bahnhof Wörth ist kurz vor sieben viel Betrieb. Der Bahnhof ist ein Knotenpunkt. Es kommen Züge aus Richtung Germersheim, Landau, Lauterburg und es startet die S5, die über Knielingen in die Karlsruher Innenstadt fährt. Der Umsteigebetrieb ist rege – erstaunlich aber, wie lange die Bahnen teilweise halten. Eine Stadtbahn der AVG aus Germersheim steht beispielsweise fahrplanmäßig neun Minuten in Wörth, bevor es weiter nach Karlsruhe geht. Für die Pendler ist das verlorene Zeit. Warum? Hat das mit dem mechanischen Stellwerk am Bahnhof Wörth zu tun? Ist die Strecke über den Rhein belegt? Ist in Karlsruhe kein Gleis frei? Für die Pendler auf dem Weg zur Arbeit ist das egal. In der Südpfalz vermissen sie gerade am Morgen etwas, das zu anderen Tageszeiten funktioniert: Verbindungen im Takt mit gleicher Strecke.

Erfahrene Pendler bewältigen Hürden wie unterschiedliche Fahrtwege und unterschiedliche Haltepunkte mit Routine, Neukunden müssen sich daran gewöhnen.

Kaum Zugausfälle

Positiv wird in der Südpfalz indes vermerkt, dass „schon seit längerem kaum mehr Bahnen ausgefallen sind“ – der Protest zwischen Germersheim und Wörth war angesichts früher zahlreicher Engpässe beim Personal besonders ausgeprägt.

Kommentar Das gelobte Land Südpfalz, in dem mit Beginn der Rheinbrückensanierung das optimale ÖPNV-Einsteiger- und Umsteigerangebot angeboten werden sollte, gibt es nicht. Die Versprechungen im ersten Halbjahr 2018 waren derart, dass man in Rheinzabern, Jockgrim oder Rülzheim davon ausgehen durfte, dass Straßenbahnen und Züge in Hülle und Fülle in engem Takt die Menschen aus der Südpfalz zur Arbeit nach Karlsruhe bringen.

Ganz so ist es nicht geworden, denn trotz bei genauem Hinsehen da und dort erkennbarer Verbesserungen gegenüber dem Ursprungsfahrplan gibt es viele Detailprobleme. Die sorgen dafür, dass sich die Zahl der Umsteiger vom Auto auf die Bahn seit Beginn der Brückensanierung wohl in überschaubaren Grenzen hält. Einräumen muss man, dass die Neugestaltung eines Fahrplans mit Ausweitung des Angebots aus vielen Gründen keine Kleinigkeit ist.

Aber die Brückensanierung ist nicht überraschend gekommen. Da hätte sich etwas stricken lassen, das viele Pendler dauerhaft hätte ÖPNV-Kunden werden lassen. Viele, die es mit der Bahn probieren, werden bald gerne wieder Auto fahren. Eine vertane Chance.                                                     Matthias Kuld

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