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Anzeigen erstattet

Polizistenhass: Ärger um ein weiteres Chor-Video

Mit einem Chor-Experiment wollte der NDR-Kanal "STRG_F" zeigen, wie viel Polizistenhass im deutschen Rap steckt. Für einen Karlsruher geht das zu weit: Er erstattet Anzeige gegen NDR und SWR. Auch Karlsruher Polizisten sind empört. Die Sender verweisen auf ein zweites Video.

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Ungewohnte Töne sind von einem Studenten-Chor zu hören, der deutsche Rap-Texte nachsingt. Darin werden Polizisten beleidigt. Mit der Aktion soll darauf hingewiesen werden, wie selbstverständlich Beleidigungen in der deutschen Rap-Szene bereits geworden sind – doch viele Zuhörer kritisieren die Umsetzung Foto: Screenshot: Youtube-Kanal „STRG_F“

Die Gesichter sind konzentriert, manche fröhlich, die Stimmen lieblich. Was dann aus den Mündern eines Studenten-Chors kommt, passt so gar nicht zum Erscheinungsbild: „Fick die Cops, sie sind Bullenschweine.“ Der Chor singt Lieder bekannter deutscher Rapper nach. Der NDR-Kanal „STRG_F“ möchte mit der Aktion darauf aufmerksam machen, wie häufig in deutschen Rap-Liedern Polizisten beleidigt werden.

Ein Karlsruher (Name der Redaktion bekannt) hat nun Strafanzeige bei der Staatsanwaltschaft Hamburg erstattet. „Es wird im öffentlich-rechtlichen Fernsehen bzw. dessen Internetformaten offen zur Gewalt gegen Polizisten aufgerufen“, schreibt er darin. Eine Anzeige richtet sich auch gegen den SWR – der Sender ist für das Online-Medienangebot „funk“ verantwortlich, zu dem „STRG_F“ gehört.

Karlsruher Polizist: "Ich bin erschüttert"

Der Anzeigen-Erstatter sieht in dem Video eine „menschenverachtende Weise“, mit der „insbesondere jüngere Zuschauerinnen und Zuschauer zur Anwendung von Gewalt, Hass und Hetze angestachelt werden“. Er vergleicht das Projekt mit der WDR-Produktion – ein Kinder-Chor sang darin von der Oma als „Umweltsau“ .

des Studenten-Chors hat über 250 000 Aufrufe. Manche der Textzeilen („Das bisschen Totschlag bringt euch nicht um“) wertet Ralf Minet von der Karlsruher Polizei als versteckte Aufrufe zu einer Straftat. „Schön ist es nicht, so etwas als Polizist anzusehen“, sagt der Sprecher. „Ich persönlich bin erschüttert, dass sich Menschen für die Verbreitung solcher Hassbotschaften hergeben.“

Fall liegt im Innenministerium vor

Auch unter den Kollegen sei das Video ein Gesprächsthema. „Wir sind Tag und Nacht für die Menschen da und geben dafür unser Bestes. Umso mehr verwundert es mich, dass so ein Beitrag online verfügbar bleibt“, sagt Minet. Die Karlsruher Polizei hat den Fall bereits an der baden-württembergische Innenministerium weitergeleitet.

Der WDR2 hat zuletzt mit einem Lied seines Kinderchors eine Empörungswelle ausgelöst. In einer abgewandelten Version des alten Liedes „Meine Oma fährt im Hühnerstall Motorrad“ wird die Oma als „Umweltsau“ betitelt. Nach den Reaktionen auf das Satire-Video hat sich WDR-Intendant Tom Buhrow entschuldigt und die Produktion als Fehler bezeichnet. Der Sender hat das Video bereits gelöscht. Der Deutsche Journalisten-Verband kritisierte die Distanzierung des Senders von der Satire.

Kritiker betonten auch, dass sich der WDR nicht ausreichend hinter seine Mitarbeiter stelle. Sogar Morddrohungen gab es gegen sie. „Wir werden das nicht dulden, ich gehe mit allen juristischen Mitteln dagegen vor“, erklärte Buhrow nun. Die Drohungen offenbarten ein erschreckendes Maß an Verrohung. Bedrohten Mitarbeitern werde Personenschutz angeboten, kündigte der Sender an. ser/dpa

Auch bei der Hamburger Staatsanwaltschaft soll der Fall bald eintreffen, wie der Anzeigen-Erstatter ankündigt. Seine genannten Straftatbestände (Anstiftung, Störung des öffentlichen Friedens, Beleidigung,...) seien für die Staatsanwaltschaft nicht relevant, wie Oberstaatsanwältin Nana Frombach erklärt: „Wir prüfen den Sachverhalt eigenständig.“ Ein Ermittler sieht sich in solchen Fällen das betreffende Video an und entscheidet, ob ein Straftatbestand vorliegen könnte.

"Gefühlt nehmen die Fälle zu"

Die Staatsanwaltschaft Hamburg führt keine eigene Statistik für Hasskriminalität im Netz. Frombach sagt aber: „Gefühlt nehmen die Fälle zu.“ Immer öfter würden dabei Politiker ins Visier geraten. Ob die Hamburger Staatsanwaltschaft Ermittlungen einleitet, entscheidet sich laut einer Sprecherin aufgrund der vielen vorliegenden Fälle frühestens in einer Woche.

, in dem der Reporter Johannes Edelhoff die Aktion einordnet. Beleidigungen gegenüber Polizisten seien im Rap normal geworden, sagt er da: „Man nimmt es gar nicht mehr so wahr. Verändere nur ein kleines bisschen an dem Ganzen – und auf einmal hört sich das dann doch wieder so an, dass man vielleicht auch mal zuhört.“

Im kürzeren der beiden Videos ist nur der Chor zu hören, der die Beleidigungen nachsingt. Unter dem Video sammelt sich der Unmut von Kommentatoren. Eine Nutzerin schreibt: „Ich hoffe ihr braucht niemals die Hilfe der Polizei!“

NDR möchte Video online lassen

Der NDR hat nach einer BNN-Anfrage die Beschreibung unter dem Video verändert und weist nun deutlicher auf die Reportage hin: „Da dieser Chor-Gesang ohne den Kontext der gesamten Reportage missverstanden werden kann.“

Die Rap-Texte seien für den Beitrag anders arrangiert worden, damit „Nutzer den Inhalt wahrnehmen und sich nicht auf die Musik konzentrieren“. Das kürzere Video mit dem Chor-Gesang wolle der Sender nicht von der Plattform nehmen, wie ein Sprecher gegenüber den BNN betonte.

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