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Gelbwesten-Demo in Karlsruhe

Rechte Parolen unter gelber Flagge: Organisatoren des Gelbwesten-Protests in der Kritik

Die Karlsruher Gelbwesten seien überparteilich und wollten sich von keiner Gruppierung vor den Karren spannen lassen. So hat es auch Pascal Völlinger, der Veranstaltungsleiter der Demo, immer wieder betont. Doch an dieser Darstellung gibt es Zweifel.

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Friedlich protestieren - das wollten die Gelbwesten nach eigenen Angaben in der City. Linke und rechte Gruppen riefen jedoch immer wieder Parolen dazwischen. Foto: Sandbiller

Die Ansage war klar: Die Karlsruher Gelbwesten seien überparteilich und wollten sich von keiner Gruppierung vor den Karren spannen lassen. So hat es auch Pascal Völlinger immer wieder betont vor der Demonstration am vergangenen Samstag, die er als Veranstaltungsleiter angemeldet hatte. Dass die Sache am Ende nicht so gelaufen ist, wie er sich das vorgestellt hatte, ist dann recht schnell klar geworden.

Denn zu der Gelbwesten-Demo in der Innenstadt hatten sich auch Teilnehmer aus dem extremen rechten und linken politischen Spektrum gesellt. Die Auseinandersetzungen der beiden Gruppierungen bestimmten dann das Demonstrationsgeschehen. „Das war so nicht geplant“, betonte Völlinger noch am Samstag gegenüber dieser Zeitung. „Da haben sich zu viele extreme Positionen druntergemischt“, bedauerte er.

Wurden gezielt Personen aus rechten Kreisen eingeladen?

Doch an dieser Darstellung gibt es Zweifel. Das Netzwerk Karlsruhe gegen Rechts, ein breit aufgestelltes Bündnis gegen Rechtsextremismus, wirft dem Veranstaltungsleiter vor, sehr wohl gewusst zu haben, dass sich zu der Demonstration rechte Kräfte versammeln würden. Völlinger habe schon im Vorfeld der Veranstaltung nach Kontakten in rechten Kreisen gesucht und sogar gezielt solche Personen eingeladen. Unter den Eingeladenen auf der Facebook-Veranstaltungsseite finden sich in der Tat sowohl Politiker als auch offensichtlich Rechtsextreme. So wurde etwa der AfD-Landtagsabgeordnete Stefan Räpple aus Kehl eingeladen, der im Parlament als notorischer Provokateur auffällt. Räpple hatte im Dezember im Landtag für einen Eklat gesorgt, als ihn die Polizei abführen musste. Und er war auch am Wochenende beim Treffen der AfD-Splittergruppe „Stuttgarter Aufruf“ in Burladingen dabei. Die AfD im Land will Räpple inzwischen loswerden und hat einen Antrag auf Parteiausschluss gestellt. Eingeladen zu der Karlsruher Gelbwesten-Demo waren auch der AfD-Bundestagsabgeordnete Dirk Spaniel oder der Frankfurter AfD-Politiker Daniel Hofmann. Ebenfalls auf die Einladungsliste schaffte es ein Vertreter der Partei „Aufbruch der Patrioten“, die der ehemalige AfD-Rechtsaußen André Poggenburg ins Leben gerufen hat. Hinzu kommen Personen, die in dem sozialen Netzwerk kein Geheimnis aus ihrer rechtsextremen Gesinnung machen. Weiterhin gibt es offenbar Verbindungen zwischen Völlinger und Organisatoren rechter Proteste in Kandel.

"Nähe zur AfD" gezeigt

Völlinger selbst war am Montag für eine Stellungnahme nicht zu erreichen. Unklar bleibt, ob der Veranstaltungsleiter zum Karlsruher Gelbwesten-Protest bewusst Kräfte aus rechten Kreisen rekrutieren wollte. Oder ob er am Ende selbst von den Ereignissen überrollt wurde. Norbert Göbelsmann, Zweiter Bevollmächtigter der IG Metall in Offenburg, erklärte dieser Zeitung: „Der Organisator zeigt auf Facebook eine Nähe zur AfD.“ Dass zu der Veranstaltung AfD-Politiker eingeladen wurden, obwohl sich die Karlsruher Gelbwesten als überparteilich bezeichneten, wirft Fragen auf. Für Kritik in der linken Szene sorgt auch, dass bei der Demonstration am Samstag 13 Platzverweise von der Polizei erteilt worden waren. Allesamt gegen Personen aus dem linkspolitischen Spektrum. Ein Sprecher der Polizei erklärte, wie bei solchen Kundgebungen grundsätzlich verfahren werde. Zunächst sei es Sache des Veranstaltungsleiters, Störenfriede auszuschließen. Erst nachdem die Personen der Aufforderung nicht nachgekommen waren, hatte sich der Organisator an die Einsatzkräfte gewandt, die dann die Platzverweise erteilten.

"Dumpfe rechte Parolen"

Insgesamt sprach die Polizei von einem weitestgehend friedlichen Verlauf. Die Polizei habe von sich aus nicht auf Straftaten reagieren müssen. Man werde aber durchaus ein Auge darauf haben, wie sich künftige Demonstrationen entwickelten. Bislang ist nach Angaben der Stadt noch keine weitere Gelbwesten-Demo in Karlsruhe angemeldet. Enttäuscht vom Verlauf der Demonstration zeigte sich am Montag auch Wolfgang Weber, Vorsitzender des DGB-Kreisverbands Karlsruhe-Land. Er habe vor allem „dumpfe rechte Parolen“ vernommen und von den zuvor propagierten Zielen des Veranstalters sei nicht mehr viel übrig geblieben, schreib er an diese Zeitung. Dies sei allerdings auch vorhersehbar gewesen.

Verfassungsschützer: Möglicherweise wollen Rechtsextremisten bürgerliche Kräfte instrumentalisieren

Dass rechtsextreme Kräfte die Gelbwesten-Proteste in Deutschland nutzen könnten, um gesellschaftspolitische Themen zu besetzen, darauf hatte das Landesamt für Verfassungsschutz bereits im Dezember hingewiesen. Konkret bezieht sich der Verfassungsschutz auf Mitglieder der rechtsextremen „Identitären Bewegung“, die sich im Internet mit den Gelbwesten solidarisiert hatten und sich auch an Demonstrationen in Kandel beteiligten. Grundsätzlich sei denkbar, schrieben die Verfassungsschützer, dass Rechtsextremisten in den Themen der Gelbwesten ein „geeignetes Mobilisierungsmoment“ erkennen, „um bürgerliche Kräfte für ihre Zwecke zu instrumentalisieren.“
Themen der Gelbwesten in Deutschland waren bisher etwa die Diesel-Fahrverbote oder das Tempolimit auf Autobahnen. Grundsätzlich formulieren sie Kritik an der Bundesregierung und fordern mehr soziale Gerechtigkeit. Das Ziel der Gelbwesten ist eigentlich eine Mobilisierung der gesellschaftlichen Mitte. Der Demo-Verlauf am Samstag in Karlsruhe dürfte allerdings „normale Bürger“ eher abgeschreckt haben.
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