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2019 lief es noch prima

Sind die Fitnessstudios rund um Karlsruhe fit genug, um Corona zu überstehen?

Es hätte so schön weitergehen können: 2019 haben die deutschen Fitnessstudios mit 5,51 (2018: 5,33) Milliarden Euro einen neuen Umsatzrekord erzielt. Auch die Mitgliederzahl ist noch einmal nach oben geschnellt. Dann kam die Corona-Pandemie.

Es müssen nicht immer Hanteln sein: Functional fitness, bei dem mehrere Muskelgruppen gleichzeitig beansprucht werden, ist ein Trend in den Fitnessstudios. Die haben dafür große freie Flächen geschaffen.
Es müssen nicht immer Hanteln sein: Functional fitness, bei dem mehrere Muskelgruppen gleichzeitig beansprucht werden, ist ein Trend in den Fitnessstudios. Die haben dafür große freie Flächen geschaffen. Foto: dpa/obs/Mrs.Sporty

11,66 Millionen Menschen sind hierzulande Mitglied in einem Fitness- und Gesundheitsstudio – ein Plus von 5,1 Prozent. Schon lange sind die deutschen Fußballklubs (7,1 Millionen Mitglieder) und Turnvereine (5,0 Millionen) abgehängt.

Verband befürchtet: 25 bis 30 Prozent der Fitnessstudios könnten Pleite gehen

Doch das Coronavirus trifft auch diese Branche, weil die Studios ebenfalls geschlossen werden mussten. Die BNN haben Fitnessstudios in der gesamten Region kontaktiert, um über die aktuelle Situation und Aussichten zu recherchieren. Eine Rückmeldung kam nur von Steffen Werner, Geschäftsführer der fünf Fit-in-Fitness-Clubs mit 120 hauptamtlichen und 70 freien Mitarbeitern in Karlsruhe und in Stutensee.

Alle aktuellen Entwicklungen zum Coronavirus im Überblick

Der Bundesverband Gesundheitsstudios (Bonn) befürchtet, dass „25 bis 30 Prozent“ der bundesweit 9.669 (2018: 9.343) Studios Pleite gehen könnten. Diese sind geschlossen, Kosten für Miete, Personal, Energie und Leasing – etwa für die Geräte – liefen aber weiter.

Mitglieder zahlen weiter Beiträge und sollen Ausgleich bekommen

Für Fit-in stelle sich „nicht direkt die fundamentale Existenzfrage“, so Steffen Werner. Die Kunden bezahlten weiter Beiträge. Zu einem späteren Zeitpunkt solle mit jedem Einzelnen ein Ausgleich geschaffen werden. Werner hält – beispielsweise – Gutschriften für denkbar. Andere Betreiber verlängern die Mitgliedschaft kostenfrei um die Zeitspanne der behördlich verordneten Schließung.

Nach Angaben des DSSV (Hamburg), einem weiteren Branchenverband, erzielten die kleinen Fitnessstudios mit 8,5 Prozent das höchste Umsatzplus. Am meisten setzen die Kettenbetriebe um. Sie erlösten auf ihren Anlagen im Durchschnitt jeweils 1,038 Millionen Euro. Die Filialisten legten auch beim Mitgliederzuwachs mit 8,8 Prozent vorne.

Vor Corona waren kräftige Investitionen geplant

Vor Corona wollten die Betreiber in diesem Jahr durchschnittlich 127.000 Euro pro Studio investieren. Mehr als 90 Prozent erklärten sich hierzu bereit, verweist der DSSV auf seine Studie. Diese dürfte allerdings durch die Pandemie obsolet sein. Überleben statt investieren, so heißt die Herausforderung, wenn die Corona-Krise erst einmal vorbei ist.

Fitnessstudios sind bekanntlich in den allermeisten Fällen keine Mucki-Buden mehr, in denen es vor allem ums Stemmen von Hanteln geht. Dort tummeln sich auch nicht nur die Jungen und Schönen der Nation. Der DSSV nennt als Durchschnittsalter 41 Jahre. In vielen Clubs halten sich aber auch Mitglieder jenseits von 70 Jahren fit.

Gerätetrainings stehen nicht mehr im Vordergrund.
Steffen Werner, Geschäftsführer der fünf Fit-in-Fitness-Clubs

„Gerätetrainings stehen nicht mehr im Vordergrund“, bestätigt auch Werner. Viele Clubs bieten freie Flächen für Yoga und andere Entspannungskurse an. Aber auch das sogenannte „Functional fitness“ ist ein Trend, bei dem mehrere Muskelgruppen gleichzeitig beansprucht werden. Auch Schlingentraining ist sehr populär.


Kurzinterview mit Steffen Werner

Steffen Werner ist Chef von fünf Fit-in Fitness-Clubs. Er äußert sich, wie sein Unternehmen in der Corona-Krise überleben will – und welche Rolle die Mitglieder spielen.

Wie lange hält Ihr Unternehmen den Shutdown durch?

Werner: Wir von Fit-in gehen davon aus, dass wir die Krisenzeit auch bei einer Verlängerung überstehen werden. Bedingt durch die Schließung stellte sich für uns nicht direkt die fundamentale Existenzfrage. Für uns ist die Loyalität zu unseren freien Kurstrainern, unserer Putzmannschaft sowie anderen Dienstleistern, die selbstständig sind, sehr wichtig. Hier ist es unser Ziel, diese „Mitarbeiter“ an uns zu binden und sie finanziell zu unterstützen. Unsere Abos laufen weiter. Durch unsere Kunden haben wir großen Zuspruch und Zustimmung zur weiteren Zahlung erhalten. Auch hier bleibt natürlich die Frage, wie lange das funktioniert beziehungsweise wie lange der Kunde dazu bereit ist.

Wie verfahren Sie mit Ihren Mitgliedern?

Werner: Unser Ziel ist es, im Nachgang mit jedem einzelnen Kunden einen Ausgleich zu schaffen. Gemeinsam mit dem Kunden. Da sind wir auch für Kundenwünsche offen. Von kostenlosen Zusätzen wie Getränkeflat bis hin zu Gutschriften ist alles denkbar. Wir müssen es halt strecken, um liquide zu bleiben.

Könnten Sie sich vorstellen, dass Sie nach dem Shutdown auch im Sommer regen Zulauf haben?

Werner: Fitness ist schon seit einigen Jahren kein Saisongeschäft mehr. In der Zeit nach Corona wird sich aus meiner Einschätzung vieles im Verbraucherverhalten verändern. Das jetzt war eine tiefe Zäsur, mit der niemand in dieser Form und vor allem Tiefe gerechnet hat. Wie da die Fitnessbranche insgesamt rauskommt wird sich zeigen. Bewegung und Gesundheitstraining wird wichtiger Bestandteil bleiben. Der Kunde wird wahrscheinlich preissensibler. Vor allem hoffe ich, dass die älteren Menschen wieder am gesellschaftlichen Leben teil haben können, ohne Angst haben zu müssen.

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