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Eine unendliche Geschichte

Verhältnis von Auto und Fahrrad bleibt in Karlsruhe problematisch

Dominierte zu Zeiten der autogerechten Stadt in den 60er-Jahren noch das Automobil als Verkehrsträger der Zukunft, so hat sich das Blatt spätestens mit der Klimakrise gewendet: Die Politik - zumal die kommunale von Karlsruhe - setzt auf das Fahrrad als urbanen Verkehrsträger der Zukunft. Mancher Autofahrer fühlt sich dadurch in den Schatten gedrängt.

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© Jodo-Foto / Joerg Donecker// 30.04.2020 Autofahrt durch Karlsruhe, FOTO: Kreuzung Ettlinger Tor, -Copyright - Jodo-Foto / Joerg Donecker Sonnenbergstr.4 D-76228 KARLSRUHE TEL: 0049 (0) 721-9473285 FAX: 0049 (0) 721 4903368 Mobil: 0049 (0) 172 7238737 E-Mail: joerg.donecker@t-online.de Sparkasse Karlsruhe IBAN: DE12 6605 0101 0010 0395 50, BIC: KARSDE66XX Steuernummer 34140/28360 Veroeffentlichung nur gegen Honorar nach MFM zzgl. ges. Mwst. , Belegexemplar und Namensnennung. Es gelten meine AGB. Foto: None

Das Verhältnis von Auto- und Fahrradfahrern ist in der Geburtsstadt des Fahrrads eine unendliche Geschichte. Beide Seiten klagen traditionell über die jeweils andere - wobei der Zeitgeist seit Jahren zugunsten der Radler wirkt. Die Stadtverwaltung ebnet Radfahrern den Weg und schafft neue Trassen. Darüber sind viele Autofahrer nicht glücklich.

Luft einziehen nützt nichts – das Auto wird dadurch nicht schmaler. Die Begegnung in der Marienstraße ist symptomatisch: Man schiebt sich als Autofahrer mit aller Vorsicht durch die Südstadt und sieht sich zwei Radlern in Gegenrichtung gegenüber. Kein Problem, denn die Straße ist für sie ganz legal in beide Richtungen befahrbar. Nur dass diese beiden Herrschaften nebeneinander unterwegs sind und keine Anstalten machen, das für die Dauer der Begegnung mit dem Auto zu ändern.

Man lenkt also den Wagen rasch in die Ausbuchtung einer Hofeinfahrt, um Gefahren zu vermeiden. Und erntet zum Dank einen Kommentar, der mit den Worten „...blöde Autofahrer“ endet. Sodann schweben die Radfahrer vorbei. Nebeneinander.

Autofahrer sind in der Defensive

Als Autofahrer ist man in Karlsruhe gefühlt stets in der Defensive. Einerseits, weil man niemanden gefährden will. Zum anderen aber auch, weil das zweispurige Verkehrsmittel – zumindest aus Sicht seiner Kritiker – den Zenit überschritten hat.

Die Drais-Stadt profiliert sich seit Jahren als Fahrrad-Metropole, weist City-Routen aus, verbreitert die Trassen, gibt Einbahnstraßen für Radler in beide Richtungen frei, legt Förderprogramme für Lastenräder auf und heimst den Deutschen Fahrradpreis ein.

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Das Fahrrad ist die Zukunft urbanen Mobilität, sagt der Allgemeine Deutsche Fahrradclub (ADFC). Legt man den auf 76 Millionen Stück geschätzten Fahrradbestand von Deutschland bei 83 Millionen Einwohnern zugrunde, müsste es in Karlsruhe – zumal es Studenten- und Großstadt ist – annähernd 300.000 Drahtesel geben.

Die Zahl der hier zugelassenen Personenwagen beläuft sich hingegen nur auf knapp 141.000 Stück; hinzu kommen gut 12.000 Motorräder. Wer in der Stadt Auto oder Motorrad fährt, reitet aus Sicht vieler anderer ein totes Pferd. Es sei denn, das Auto hat E-Antrieb.

In manchen Situationen hat man schlechte Karten

Da heißt es also Obacht geben. Zum Beispiel beim Abbiegen von der Karl-Wilhelm- in die Rudolfstraße. Dort, in Fahrtrichtung Norden, sind die einstigen Anwohner-Parkplätze zugunsten eines breiten Fahrradstreifens verschwunden. Abbiegende Autofahrer müssen also per Rückspiegel und Schulterblick sondieren, ob sie nicht einem hurtigen Radler in die Quere kommen.

Das dadurch nötige Bremsmanöver quittiert die ebenfalls von hinten herannahende Straßenbahn mit lang anhaltendem Klingeln. „In so einer Situation hast du schlechte Karten“, fasst Ralf Müller zusammen. Er ist nicht nur Vorsitzender des Motorsportclubs (MSC) Grötzingen sondern verbringt auch einen Teil seiner Arbeitszeit am Steuer. Die Entwicklung des Verkehrsgeschehens kann er deshalb gut beurteilen.

Die Autofahrer sind auch nicht besser

„In Karlsruhe“, sagt er, „muss man sich als Autofahrer fast jeden Tag neu orientieren.“ Angesichts der Baustellen veränderten sich häufig Fahrtrichtungen und Verkehrsbeziehungen, hinzu kämen oft komplexe Situationen mit vielen Fußgängern und Radlern.

Unter diesen stellt er eine nicht immer einwandfreie Verkehrsmoral fest: Da werde quer über Kreuzungen gesegelt, Rotlicht ignoriert und bei Dunkelheit gern ohne Beleuchtung gefahren. „Ich finde das traurig“, sagt Ralf Müller. Als Radler hätten viele die Fahrradbrille auf und kümmerten sich nicht um die Belange der anderen.

Bei vielen Fußgängern und Autofahrern sei es allerdings auch nicht grundlegend anders. Und das, obschon die Wenigsten ausschließlich Fahrradfahrer, Fußgänger oder Autofahrer sind. Das momentane Sein bestimmt eben auch das momentane Bewusstsein.

Alexa Sinz, die Sprecherin des ADAC Nordbaden, kehrt das Positive am Miteinander auf den Karlsruher Straßen hervor. Im Wesentlichen klappe das Zusammenspiel ja nicht schlecht, betont sie. Und dass die Städte von mehr Radverkehr profitierten, sei auch kein Geheimnis.

Auch Radler riskieren Führerschein

„Nach meiner Beobachtung fahren die Menschen aufmerksamer“, sagt sie mit Blick auf Karlsruhe. Und rät zu Gelassenheit, auch in Nach-Corona-Zeiten, wenn die Verkehrsdichte wieder zunimmt. „Die meisten sind doch irgendwann mal Fahrradfahrer, Autofahrer und auch Fußgänger.

Nicht unbedingt, wirft MSC-Chef Müller ein. Gerade in der Stadt verzichteten nicht wenige junge Leute auf den Erwerb des Autoführerscheins. Er erinnert daran, dass radfahrende Führerscheinbesitzer bei Verkehrsverstößen mit Strafpunkten oder gar dem Führerscheinentzug rechnen müssten, Radler ohne Führerschein hingegen kämen glimpflicher davon.

„Der Autofahrer ist meistens der Gelackmeierte“, fasst der Vorsitzende zusammen, dessen Club sich die „Wahrnehmung und Förderung der Interessen des Kraftfahrwesens, des Motorsports und des Tourismus“ auf die Fahnen geschrieben hat.

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