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Er setzt auf die Abo-Kiste

Gondelsheimer Bio-Landwirt Günther Kohler kritisiert die Preispolitik

Dünge-Verordnungen, Preis-Dumping und Bio-Trends: Die landwirtschaftlichen Betriebe stehen unter Druck. Es geht um ihre Existenz, ihr Familienerbe und gesellschaftliche Anforderungen. Günther Kohler aus Gondelsheim setzt deswegen jetzt auf die Abo-Kiste.

Gemüse mit Beigeschmack: Günther Kohler sieht in den Preisen oft fehlende Wertschätzung für das Produkt.
Gemüse mit Beigeschmack: Günther Kohler sieht in den Preisen oft fehlende Wertschätzung für das Produkt. Foto: Rake Hora

Dünge-Verordnungen, Preis-Dumping und Bio-Trends: Die landwirtschaftlichen Betriebe stehen unter Druck. Es geht um ihre Existenz, ihr Familienerbe und gesellschaftliche Anforderungen. Landwirt Günther Kohler aus Gondelsheim setzt deswegen jetzt auf die Abo-Kiste.

Wenn Günther Kohler mit einer Spritze über das Feld fährt, landet kein Glyphosat auf dem Boden. Auf seinem Gärtnerhof in Gondelsheim arbeitet er seit über 30 Jahren nach den Richtlinien des Bio-Anbauverbands Demeter.

Dünger und Pflanzenschutzmittel gibt es nur auf ökologischer Basis. Das war ihm schon bei der Hof-Übernahme von seinem Vater und der Umstellung von Acker- auf Gemüsebau klar, erinnert sich der 64-Jährige. Die größte Kritik, die ihn heutzutage bewegt, macht er an einem Beispiel fest: „Ein Kopfsalat für 30 Cent – wie soll das wirtschaftlich sein?“

Zwei von drei Wochenmärkten hat der Landwirt aufgegeben

Er lehnt sich gegen seinen Traktor und schaut über das frisch angebaute Gemüse. Am anderen Ende des Feldes wartet jede Menge Salat darauf, geerntet zu werden. Zwölf Hektar Land bewirtschaftet Kohler in Gondelsheim. Die meisten dort wachsenden Produkte vermarktet er selbst.

Günther Kohler hat den Hof von seinem Vater übernommen.
Günther Kohler hat den Hof von seinem Vater übernommen. Foto: Rake Hora

Einmal die Woche verkauft er am Freitagabend direkt von seinem Hof aus Radieschen, Rote Beete, Rucola und zahlreiches anderes Gemüse. „Es hat sich viel getan in den vergangenen 30 Jahren“, sagt er. Zwei von drei Wochenmärkten hat er inzwischen aufgegeben: „Sie sterben nicht aus, aber es ist auch nicht der große Hype.“

Seine Töchter inspirieren ihn

Sein Gemüse wandert zudem auch in den Großhandel oder in Bio-Märkte. Aus dem kleinen Kreis aus Stammkunden ist ein ganz vielfältiger, mit wechselnden Einkäufern geworden. „Sie kaufen bei uns, aber auch konventionell oder Bio aus dem Supermarkt“, so Kohler.

Ohne neue Ideen ginge es aber nicht – Inspiration komme da von seinen Töchtern. „Wir machen jetzt eine Abo-Kiste, die wir an Kunden direkt ausliefern, und die man einfach online bestellen kann.“

Die Kunden hatten mehr Zeit, haben mehr gekocht und entsprechend vermehrt auch bei uns eingekauft.
Landwirt Günther Kohler über den Einfluss der Corona-Krise

Die Kundschaft stelle sich gesellschaftlich immer breiter auf. Die Bereitschaft, einen angemessenen Preis für die Produkte zu zahlen, sei aber nur teilweise vorhanden. Rund zehn Prozent des Einkommens gäben Menschen im Schnitt für Lebensmittel aus, zieht Kohler Studien heran. „Wie setzt man seine Prioritäten?“

Einfluss auf die Antwort darauf, habe zuletzt auch die Corona-Krise gehabt. „Die Kunden hatten mehr Zeit, haben mehr gekocht und entsprechend vermehrt auch bei uns eingekauft.“

Der Klimawandel beeinflusst die landwirtschaftliche Arbeit

Alle zwei Wochen pflanzt Kohler über den Sommer neuen Salat an. Daneben wachsen auf seinem Feld über 40 weitere Gemüsesorten – je nach Saison. Doch der Klimawandel zeigt sich bei ihm ganz deutlich: „Bis 2003 haben wir ohne Bewässerung gearbeitet. Das geht nicht mehr“, erzählt der Landwirt.

Extreme ändern den Anbau: Ausreichend Wasser gibt es für Zucchini im Sommer nur noch dank Bewässerung.
Extreme ändern den Anbau: Ausreichend Wasser gibt es für Zucchini im Sommer nur noch dank Bewässerung. Foto: Rake Hora

Subventionen erhält Kohler eigenen Angaben zufolge keine. Seinen Betrieb nach Demeter-Richtlinien aufzustellen, das sei eine Frage innerer Einstellung gewesen: „Ich habe schon immer die Meinung vertreten, ökologische Produkte selbst zu mir zu nehmen und sie deshalb auch so anzubauen.“

Nur natürliche Stoffe

Pflanzenschutzmittel und Dünger bestünden bei ihm aus natürlichen Stoffen. „Ich erkenne jeden Tag, dass ich genau den richtigen Weg gegangen bin.“ Verbote von chemischen Substanzen bereiten ihm daher keine Sorgen. „Ich akzeptiere jeden konventionellen Kollegen“, fügt Kohler hinzu. „Ich würde nie jemanden drängen, umzustellen. Es ist ein Trugschluss zu sagen, das wäre leicht.“

Seine Entscheidung rührte aus der inneren Einstellung heraus, wie der Umgang mit Boden und Pflanzen in seinem Betrieb aussehen soll: Eine Verbundenheit zu dem, was man isst, und das Zurückbesinnen auf alte Methoden.

Es ist ein harter Kampf um Preise entstanden.

Seine Kritik betrifft daher vor allem die Preispolitik. „Im konventionellen Bereich wird man voll von der Globalisierung beherrscht“, sagt Kohler. „Es ist ein harter Kampf um Preise entstanden.“ Er kommt zurück auf seine Rechnung mit einem Kopfsalat: Der Setzling alleine koste schon zehn Cent. Wie also solle der Verkauf dann für 30 Cent wirtschaftlich sein und unter welchen Bedingungen würde der Salat angebaut und geerntet?

Häufig müsse auch er seine Erzeugnisse unter Wert abgeben. „Die Preise sind nicht die, die wir als Betriebe brauchen“, sagt Kohler. Ein Euro für einen Kopfsalat, das sei das Mindeste. „In der Corona-Krise sind die Gemüsepreise zum Teil angestiegen, auf das Niveau, das wir gerne hätten“, ergänzt er.

Kohler fordert, dass Ware aus dem Ausland teurer wird

Für ihn ist an dieser Situation aber nicht nur einer schuld. „Die Discounter schauen auf die Verbraucher, die wiederum oft zum Niedrigangebot greifen“, vermutet Kohler. „Doch die Discounter bekommen den Rahmen von der Politik.“ Auf dieser Ebene sieht er eine Chance: „Saisonale Produkte, die bei uns angebaut werden, müssen die günstigeren sein, nicht solche, die ganzjährig aus dem Ausland kommen. Das könnte die Politik regeln.“

Auf dem Acker ist vor dem Verkauf: Kunden für Demeter-Salat zu begeistern, erfordert neue Ideen.
Auf dem Acker ist vor dem Verkauf: Kunden für Demeter-Salat zu begeistern, erfordert neue Ideen. Foto: Rake Hora

Besonders im Gemüse-Bereich lasse sich viel ändern, kritisiert Kohler. „Wenn man den Import von nicht-saisonaler Ware einschränkt, dann ist da viel Platz für eigene Produktion und der Gemüse-Bedarf riesig.“

Hieraus erhofft er sich am Ende vernünftige Preise für die Landwirte. Aber auch Knebelverträge, die gemacht würden, bevor überhaupt klar sei, wie die Ernte ausgehe, setzten diese unter Druck. „Wir müssen mit der Natur leben“, sagt Kohler.

Existenzgrundlage wird immer dünner

Gemüse, Getreide und Co hätten ihren Wert verloren, extreme Wetterverhältnisse erschwerten die Arbeit, die Existenzgrundlage der Landwirte werde immer dünner. Das mache sich auch bei der Frage der Hof-Nachfolge bemerkbar. „Die Empfehlung an die junge Generation ist nicht mehr da. Viele halten ihre Kinder nicht in der Landwirtschaft“, sagt Kohler.

Er selbst habe seine Töchter ebenfalls nicht ins Geschäft gedrängt, eine von ihnen sei dennoch eingestiegen. Auch die anderen engagierten sich – wie das Beispiel der Abo-Kiste zeigt. „Das ist total wichtig“, sagt er.

Neben der Familie helfen drei feste Mitarbeiter und zwei Saisonarbeiter mit bei Anbau, Ernte und Verkauf. Mit entsprechenden Maschine habe man die Produktion heutzutage voll im Griff, vergleicht Kohler die Situation mit der vor rund 30 Jahren. „Über den Erfolg entscheidet am Ende jedoch die Vermarktung.“

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