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US-Konzern in der Krise

Tupperware-Verkäuferin aus Baden: "Die Produkte sind zu teuer"

Von Frau zu Frau: Mit einer genialen Vertriebsidee ist der Haushaltswaren-Hersteller Tupperware groß geworden. Doch nun steckt der US-Konzern in der Krise. Die Tupperparty zieht nicht mehr. Eine Tupperware-Verkäuferin aus Baden sagt, die wahren Probleme des Unternehmens seien ganz andere.

Tupperware-Party
Die bunten Schüsseln und Boxen von Tupperware haben Haushalte fast rund um den Globus geprägt. Foto: Bernd Thissen/dpa

Vom Vertriebsmodell, den berühmten Tupperparties, ist die Partymanagerin aus Baden nach wie vor überzeugt. „Es ist eine tolle Möglichkeit, sich etwas dazuzuverdienen, außerdem kommt man so selbst viel günstiger an die Produkte“, sagt sie. Seit einigen Jahren arbeitet die zweifache Mutter als selbstständige Tupperware-Verkäuferin – im Jargon des US-Konzerns „Partymanager“ genannt. Denn mit dieser Idee des Direktvertriebs ist das Unternehmen groß geworden. Die Plastikdosen, längst Design- und Haushaltsklassiker, konnten lange Zeit nur auf privaten Verkaufsveranstaltungen bestellt werden.

Das war ein Erfolgsmodell. Doch inzwischen steckt das Unternehmen aus Orlando im sonnigen Florida tief in der Krise. Verschärfte Konkurrenz im Markt für Haushaltsartikel und der boomende Online-Handel setzen dem Tupperware-Konzern zu. Die Geschäfte laufen schon lange schlecht, dafür sind die Schulden hoch. Anleger scheinen Tupperware schon fast abgeschrieben zu haben.

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Damals war die Welt des US-Konzerns noch in Ordnung: Titelseite des Tupperware-Katalogs 1963.
Damals war die Welt des US-Konzerns noch in Ordnung: Titelseite des Tupperware-Katalogs 1963. Foto: obs/Tupperware

Aktienkurs ist eingebrochen

Vergangene Woche brach die Aktie zeitweise um rund 50 Prozent ein, was den Kurs auf ein Rekordtief von unter drei Dollar drückte. Ende 2013 hatten die Papiere noch mehr als 90 Dollar gekostet. Hinter dem Börsenabsturz der einstigen Kultfirma verbergen sich handfeste operative Probleme. Seit acht Quartalen sinken die Erlöse. Im November schmiss Chefin Tricia Stitzel nach 18 Monaten hin. Ihr Nachfolger Chris O’Leary wurde nur als Übergangslösung verpflichtet, die Suche nach einem dauerhaften Chef war bislang erfolglos.

Das fast 75 Jahre alte Unternehmen, dessen Gründer Earl Tupper 1946 die Küchenwelt mit seinen bunten „Wunderschüsseln“ aufmischte, steht mit dem Rücken zur Wand. Der Geschäftsbericht für 2019 musste wegen Ungereimtheiten bei der Bilanzierung des Beauty-Geschäfts Fuller in Mexiko verschoben werden, was zu millionenschweren Sonderbelastungen führen könnte und den Aktionären zuletzt endgültig die Laune verdarb. Es war nicht die einzige Hiobsbotschaft: Tupperware gab wegen Problemen in Brasilien, China, den USA und Kanada eine Gewinnwarnung ab und räumte Verschuldungsprobleme ein.

Wie konnte es so weit kommen? Die bunten Schüsseln und Boxen von Tupperware haben Haushalte fast rund um den Globus geprägt. Auch in Deutschland verbreiteten sich die luftdicht verschließbaren Behältnisse seit den frühen 1960er Jahren rasant. Als Erfolgskonzept erwiesen sich Gründer Tuppers Haushaltsprodukte vor allem in Kombination mit Marketing-Genie Brownie Wises Idee der Tupper-Party. Aber ist dieser Ansatz noch zeitgemäß?

Die Partymanagerin aus der Region Karlsruhe sagt: „Ja, das System ist toll.“ Für junge Frauen sei es die beste Möglichkeit, ihren Haushalt auszustatten. „Man tuppert Freunde und Verwandte ab, bekommt dafür 24 Prozent des Umsatzes als Provision und kann selbst mit 40 Prozent Rabatt einkaufen“, erklärt sie. Nicht das Vertriebssystem sei die Ursache des Absatzrückgangs, sondern die Produkt- und Preispolitik des Konzerns, sagt die Tupperware-Verkäuferin. „Viele Produkte sind inzwischen einfach zu teuer. Es gibt Leute, die sich das nicht mehr leisten können.“

Inzwischen gibt es auch einen Online-Shop

Zwar bietet Tupperware seine Produkte mittlerweile auch stärker im Netz an, in Deutschland startete der Online-Shop Mitte 2018. Doch dort gibt es nicht die gesamte Palette und der Vertrieb über selbstständige Partymanager ist nach wie vor der Hauptabsatzkanal. Sie sind jeweils einer Bezirkshandlung zugeordnet, über die sie ihre Bestellungen und Reklamationen abwickeln. Nach mehreren Strukturreformen gibt es in Mittel- und Nordbaden nur noch zwei: eine in Kuppenheim und eine in Ubstadt-Weiher. Auch diese Bezirkshandlungen werden von selbstständigen Verkäuferinnen geführt. Fest angestellt sind bei Tupperware Deutschland nur rund 140 Mitarbeiter.

Das Produktportfolio hat sich über die Jahre stark verändert. Aufbewahrungsschüsseln für Lebensmittel sind schon länger nicht mehr der Hauptgeschäftstreiber. Einen Großteil seines Umsatzes macht das Unternehmen inzwischen etwa mit Wasserfiltern oder Mikrowellenprodukten. Asien hat den Heimatmarkt Nordamerika als größte Umsatzstütze überholt. Doch in China, wo der Konzern Tausende Filialen hat, laufen die Geschäfte schlecht – und daran dürfte sich wegen des Coronavirus so rasch auch nicht viel ändern.

In Deutschland versucht Geschäftsführer Hauke Grotevent optimistisch in die Zukunft zu blicken. „Für Europa und allen voran Deutschland sehen wir bereits im dritten und vierten Quartal 2019 einen eindeutigen positiven Trend, den wir im ersten Quartal 2020 und darüber hinaus fortsetzen werden“, sagt Grotevent. Das Onlinegeschäft verzeichne wachsende Umsätze. Zugleich sollen auch hierzulande Vorführläden zusätzlich Kunden locken.

Auch Männer veranstalten Tupperparties

Zuletzt schrieb die Tupperware Deutschland GmbH allerdings rote Zahlen. Laut jüngster Veröffentlichung im Bundesanzeiger wies das Unternehmen für 2018 unter dem Strich einen Jahresfehlbetrag von 2,3 Millionen Euro aus (2017: minus 0,3 Millionen) aus. In dem Bericht benennt das deutsche Tochterunternehmen des US-Konzerns auch eines seiner Probleme: Die anhaltend gute Lage auf dem Arbeitsmarkt verlange „einen verstärkten Fokus und erhöhte Anstrengung auf den Ausbau unserer selbstständigen Vertriebsmannschaft“. Tupperware hat Mühe, in Deutschland genug Partymanager zu finden.

Das bestätigt auch die badische Tupperware-Verkäuferin. „Es ist schwieriger geworden, neue Partymanager zu finden. Junge Menschen sind oft zu bequem und wollen nicht mehr viel tun.“ Eines habe sich allerdings zum Positiven gewendet. „Es gibt inzwischen auch Männer, die Tupperparties veranstalten“, sagt sie.

Mit Material der Nachrichtenagentur dpa
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