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Landkreis Karlsruhe hilft

Zur Rückkehr in die Heimat brauchen Flüchtlinge viel Mut

Innerhalb eines Jahres machten 38 Flüchtlinge, die im Landkreis Karlsruhe untergebracht waren, von dem Angebot Gebrauch, freiwillig in ihr Heimatland zurückzukehren. Dieser Zahl stehen allerdings 300 Beratungsgespräche gegenüber.

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Was erwartet mich zuhause? Anastassia Romanenko hilft Flüchtlingen, die nach Hause zurückkehren wollen. 300 Beratungen hat es bislang gegeben, aber nur 38 Rückkehrer. Foto: Klaus Müller

Die Zahl mag sich niedrig anhören: Innerhalb eines Jahres machten 38 Flüchtlinge, bislang im Landkreis Karlsruhe untergebracht, vom Angebot Gebrauch, freiwillig die Reise in ihr jeweiliges Heimatland anzutreten; verteilt auf sechs Familien und zwölf männliche Einzelpersonen. Grundlage dafür bildeten umfangreiche Beratungsgespräche, zusammengefasst unter dem Arbeitstitel „Perspektiv- und Rückkehrberatung“.

Von Klaus Müller

Seit etwa einem Jahr gibt es das Angebot im Landkreis. Zwei Mitarbeiterinnen der Kreisbehörde führen diese Beratungsgespräche – für den südlichen Landkreis in Waldbronn-Neurod, für den nördlichen in Bruchsal.

Es geht um viele Länder

Die Gründe, warum die Betroffenen heimreisen wollen, ähneln sich nach Auskunft von Anastassia Romanenko, zuständig für den südlichen Landkreis: Heimweh, das Gefühl in Deutschland keine Perspektive (mehr) zu haben, wichtige Familienangelegenheiten in der angestammten Heimat. Es geht nicht nur um die Rückkehrländer, die man vermuten mag, sondern unter anderem um Länder wie Indien, Georgien, Pakistan, Iran, Serbien oder Nigeria. Ein geringer Teil bezieht sich auf Syrien

Anreize für die Rückkehr

Für die Entscheidung Rückkehr gibt es Anreize – wohlgemerkt nicht verstanden als Bestechungsgeld. Einer der Hauptträger der finanziellen Anreize ist laut Romanenko und Ingo Gießmann vom Amt für Integration die Internationale Organisation für Migration (IOM). Die Organisation arbeitet unabhängig und legt in regelmäßigen Abständen fest, für welche Rückreiseziele sie Unterstützung gewährt. Nicht dabei ist aktuell Syrien – für die IOM gilt das von Krieg gebeutelte Land nicht als sicheres Herkunftsland. Bezahlt werden Flug, ein finanzieller Grundstock von 1 000 Euro, der später noch einmal um den gleichen Betrag aufgestockt werden kann. Hinzu kommen 2 000 Euro an Sachleistungen, zum Beispiel Kleinwaren, mit deren Hilfe (Verkauf/Handel) sich der Rückkehrer eine Existenz aufbauen kann. Geschieht die Rückreise in ein Land, das nicht zu einem Rückreiseziel der IOM gehört, tritt nach Auskunft von Lisa Martus, Teamleiter in der Kreisbehörde, der Landkreis für die anfallenden Kosten in Vorleistung. Einen Teil des Betrags kann der Landkreis beim Bundesamt für Migration geltend machen.

Nachhaltigkeit ist das Ziel

Das Angebot ist absolut freiwillig. Zu jedem Zeitpunkt, unabhängig davon wie viele Beratungsgespräche es gegeben habe, könne der bislang Rückreisewillige von seinem Vorhaben Abstand nehmen, betonen die Landkreismitarbeiter. Ziel sei die selbstbestimmte Rückkehr, sagt Martus. Und es soll eine nachhaltige Rückkehr sein: Der Heimkehrer soll nicht einige Monate später wieder auf der (deutschen) Matte erscheinen. In dem Fall, das will auch die IOM, müsste er/sie die erhaltenen Unterstützungen zurückzahlen.

Kurse für die Reintegration

In mehrwöchigen Kursen geht es auch um die künftige Integration des Rückreisewilligen. Vereinfacht ausgedrückt wird ihm dabei vermittelt, wie er sich nach dem Aufenthalt in Deutschland in seinem Heimatland wieder integrieren kann. In den Kursen sollen auch Qualifikationen zur Selbstständigkeit vermittelt werden. Und es gibt spezifische Angebote für Frauen.

Eine große Herausforderung

Einmal abgesehen von allen Anreizen oder Notwendigkeiten gehört zumeist viel Mut und Entschlossenheit dazu, als Flüchtling wieder ins Heimatland zurückzureisen. Nicht selten, so die Erfahrungen aus den Beratungsgesprächen, müssten sich die Rückkehrer daheim verantworten, warum sie in Deutschland gescheitert seien – warum sie die Hoffnung vieler Daheimgebliebener nicht erfüllen konnten; beileibe kein einfaches Unterfangen.

Auch die Bürokratie ist beträchtlich

Zig Unterlagen müssen für das Verfahren geprüft, Daten erfasst und überprüft werden. Es geht um Pässe, Identifikationen, Nachweise der Bedürftigkeit. Das könne sehr aufwendig werden, räumt Romanenko ein. Ob all das am Ende abschreckt? Die Frage ist schwer zu beantworten. Fest steht jedenfalls, dass es bislang 300 Beratungen gegeben hat – demgegenüber stehen 38 Rückkehrer. Die können auch von ihrer Heimat aus den Kontakt in den Landkreis halten: Eine Nachberatung sei jederzeit möglich, so Romanenko. Das gehöre zur Vorgabe der nachhaltigen und damit dauerhaften Rückkehr.

Trotz Gegenrechnung geht es um Menschen

Dass eine Gegenrechnung aufgemacht werden kann, ändert nichts an der Tatsache, dass es immer um Menschen – um Menschenleben – geht. Die Gegenrechnung des Landkreises sieht wie folgt aus: Eine Einzelperson (Flüchtling), die Sozialleistungen erhält, würde im Halbjahr den Steuerzahler 4 248 Euro kosten; eine fünfköpfige Flüchtlings-Familie im selben Zeitraum 15 762 Euro.

Kontakt: rueckkehrberatung@landratsamt-karlsruhe.de

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