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Momente 2019

Aktionen von Rechtsextremen lassen die Pforzheimer Stadtgesellschaft zusammenrücken

Die rechtsextreme Kleinstpartei Die Rechte hält Pforzheim für ein gutes Pflaster. Nach der schon gewohnten Fackelmahnwache anlässlich der Zerstörung der Stadt am 23. Februar 1945 suchen sich die Neonazis in diesem Jahr Pforzheim als einen Schwerpunkt für den Europawahlkampf aus.

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"Pforzheim nazifrei" mit der SPD-Bundestagsabgeordneten Katja Mast Foto: ron

Knapp 10.000 Flugblätter werden verteilt, provozierende Wahlplakate aufgehängt, eine Kundgebung beim Rathaus abgehalten. Vor einer Demo gegen angebliche Überfremdung am 11. Mai schlussfolgert die Partei: „Pforzheim ist genau der richtige Ort dafür.“

Offiziell sind es dann nicht mal hundert Rechtsextreme, die durch die Pforzheimer Innenstadt ziehen – weniger als erwartet. Die Gegenseite mobilisiert unter dem Motto „Pforzheim nazifrei“ deutlich mehr Menschen. Laut Polizei sind es 700 Teilnehmer, die Veranstalter und stichprobenhafte Zählungen deuten auf weit mehr als 1.000 Menschen hin.

Vorwurf der Volksverhetzung wird geprüft

Die Neonazis provozieren danach weiter. Sie fahren mit einem Kleintransporter mit Megafon auf dem Dach durch die Stadt und halten unter anderem vor der Synagoge. Dort wird eine Botschaft der Spitzenkandidatin Ursula Haverbeck abgespielt – eine mehrfach verurteilte Holocaust-Leugnerin. Der Vorwurf der Volksverhetzung wird geprüft, lässt sich juristisch laut Staatsanwaltschaft aber nicht bestätigen.

Die Provokationen der Kleinpartei verfangen nicht. Bei der Europawahl bekommt Die Rechte bundesweit 0,1 der Stimmen. In Pforzheim ist der prozentuale Anteil auf die Nachkommastelle gleich. Ausgedrückt in absoluten Wählerzahlen im Stadtgebiet: 48.

Was die Auftritte der Rechtsextremen indes bewirken, ist ein Zusammenrücken der Stadtgesellschaft. Taugte noch vor anderthalb Jahren das Programm des Gedenkens am 23. Februar für politischen Zank, scheint nun kein Blatt zwischen die etablierten Kräfte zu passen. Bei der Demo am 11. Mai stehen und laufen sie Seite an Seite durch die Stadt. Und im Herbst gibt das Bündnis „Pforzheim nazifrei“ bekannt, dass es keine Eintagsfliege sein will.

Maßnahmen in Planung

Die Gemeinschaft aus Vertretern von Politik, Kirchen, Organisationen und Privatleuten, will sich weiter übergreifend gegen Antisemitismus und für Demokratie einsetzen. Alle Gemeinderatsfraktionen außer der AfD sind bei der Vorstellung dabei. Initiator Gerhard Baral nennt es eine „gesellschaftliche Aufgabe“, das Bündnis weiterzubetreiben.

Konkrete Maßnahmen des Bündnisses sind bereits in Planung. Neben einer Veranstaltung am 23. Februar 2020 zur Erinnerung an die Pforzheimer Zerstörung vor 75 Jahren plant das Bündnis die Vergabe eines Friedenspreises der Stadt Pforzheim. Nach anfänglichen Vorbehalten in der Verwaltung macht der Gemeinderat den Weg frei für eine erste Verleihung bereits im Sommer 2020.

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