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Krise bei SWP in Pforzheim

Bei der Belegschaft ist er beliebt – Aber der Stadtwerke-Chef hat mächtige Kritiker in Pforzheim

Er kam als Krisenmanager nach Pforzheim. Jetzt ist Stadtwerke-Geschäftsführer Herbert Marquard angeblich selbst zum Krisenfall geworden. Bei der Belegschaft ist der neue Chef beliebt, aber in der Politik hat er mächtige Kritiker. Was sind die Hintergründe?

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STEHEN HINTER IHREM CHEF: Beschäftigte der Stadtwerke Pforzheim am Donnerstag bei einer Solidaritätsaktion für ihren unter Druck geratenen Geschäftsführer Marquard. Foto: eh

Herbert Marquard kam als 64-Jähriger nach Pforzheim. Hinter ihm lag eine lange Karriere als Energie-Manager. Zuletzt wollte er es eigentlich als Unternehmensberater ruhiger angehen lassen, als ihn der Hilferuf aus Pforzheim ereilte, wo dringend ein Krisenmanager gebraucht wurde. Jetzt scheint es, dass er selbst einen Krisenmanager braucht. Seinen Urlaub auf den Kanaren musste er wegen einer Krisensitzung des Aufsichtsrates in Pforzheim abbrechen. Dort geht es an diesem Freitag um seinen Kopf.

Doch nun steht er selbst im Visier des Kontrollgremiums. Marquard soll Aufsichtsräte belogen und Beschlüsse nicht umgesetzt haben, so wird kolportiert. Inhaltlich geht es unter anderem darum, ob der neue Chef pflichtwidrig wirtschaftliche Probleme bei einem Tochterunternehmen verschwieg.

Belegschaft hält zum Chef

Auf dem Stadtwerke-Gelände am Sandweg haben am Donnerstag Führungskräfte und Beschäftigte ihre Unterstützung für den unter Beschuss geratenen Geschäftsführer bekundet. „Wir sind kein Spielball der Politik“, hieß es bei der Betriebsversammlung, was darauf hindeutet, dass man dort nicht unbedingt an eine sachlich begründete Kritik aus dem Aufsichtsrat glaubt.

Ein Gremium, das die Pflicht hat, unbequeme Fragen an die Geschäftsführung zu stellen, wenn diese notwendig sind. Ein Gremium, das zunächst aber auch der Geheimhaltung über derlei Fragen verpflichtet ist.

Konfrontation im Stadtwerke-Aufsichtsrat

Nun kommt es zur Konfrontation: Den Vorwürfen und Fragen soll sich Marquard am Freitagnachmittag auf einer Sondersitzung stellen – auch die mögliche Ablösung steht auf der Tagesordnung. Nach  Informationen dieser Redaktion wollen Beschäftigte zuvor im Foyer eine stille Solidaritätswache für Marquard abhalten.

Der neue Chef ist offenbar beliebt in dem städtischen Tochterunternehmen, wo man nach einem Skandal um womöglich verheimlichte Millionenverluste an finanzielle und emotionale Grenzen geraten war. Umso größer ist der Schock über die neuerliche Eskalation im Aufsichtsrat.

Auf der Suche nach möglichen Hintergründen finden sich in Pforzheim Beobachter, die darauf hinweisen, dass sich der bei der Belegschaft beliebte Stadtwerke-Chef nicht überall Freunde gemacht habe, etwa in höheren Kreisen.

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NEUER CHEF: Herbert Marquard wurde Ende Janaur 2019 zum Geschäftsführer der Stadtwerke Pforzheim bestellt. Foto: str

Stadtwerke-Chef verärgert  CfR-Präsident

Namentlich CfR-Präsident Markus Geiser ist erzürnt. Die Stadtwerke haben den Sponsorenvertrag mit seinem Sportclub nicht verlängert, was ein Novum in der Vereinsgeschichte sein dürfte. Seit 1. Juli bekomme man von den Stadtwerken kein Geld mehr, klagt Geiser gegenüber der Kurier-Sportredaktion (siehe auch Lokalsport).

Eine Sprecherin sagte dazu auf Anfrage: Die SWP befanden sich zu Jahresbeginn in einer hinlänglich bekannten schwierigen wirtschaftlichen Situation. Vor diesem Hintergrund unterlagen sämtliche unternehmerische Maßnahmen einer genauen Prüfung.“ Konkret zum CfR hieß es bei den Stadtwerken, dass der Sponsorenvertrag regulär ausgelaufen sei und es am Verein gewesen wäre, eine weitere Förderung zu beantragen.

Uwe Hück führt Revolte im Aufsichtsrat an

CfR-Präident Geiser sagte dazu sinngemäß, unter Marquards Vorgängern hätte es so etwas nicht gegeben.

Auch bei Uwe Hück dürfte diese CfR-Episode nicht gut angekommen sein. Der SPD-Stadtrat und Vorstand des FSV Buckenberg setzt sich bekanntlich stark für die Vereinsförderung ein. Mit Geiser ist er befreundet, unlängst bei Hücks Benefiz-Boxspektakel wurde der CfR-Mann im Ring als Vorsitzender des flankierenden Charity-Vereins („Blaue Flecke für soziale Zwecke“) präsentiert.

Manche Beobachter, die sich über die Vehemenz wundern, mit der Marquard torpediert wird, wollen diesbezüglich Zusammenhänge hineindeuten. Nach Aussagen von mehreren mit den Vorgängen vertrauten Personen soll es der ehemalige Porsche-Aufsichtsrat und neue Stadtwerke-Kontrolleur Hück sein, der die Räte-Revolte gegen Marquard anführt. Engagierte Unterstützung soll Hück dabei vom Aufsichtsratskollegen Hans-Ulrich Rülke (FDP) erhalten haben.

Unterstützung von Rülke

Rülke, Chef der größten Ratsfraktion aus FDP, FW, UB und LED, die zuweilen auch „Bäderfraktion“ genannt wird, weil sie der Kampf um Pforzheims marode Schwimmbäder eint. Rülke gilt als mächtiger Kritiker des (derzeit krankgeschriebenen) Bürgermeisters Dirk Büscher (CDU), der nicht nur Aufsichtsratschef der Stadtwerke ist, sondern auch für die Bäder verantwortlich zeichnet. Büscher weigerte sich bislang tapfer, einen Bäderkurs mitzutragen, der die Finanzierungsfrage offen lässt.

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SCHLAGKRÄFTIGER GEGNER: SPD-Stadtrat Uwe Hück im Boxring. Foto: Roth

Welche Rolle spielen Hück und Rülke?

Welche Rolle spielen Hück und Rülke bei der Stadtwerke-Eskalation? Auf Kurier-Anfrage wollten die beiden gegenüber dem Kurier überhaupt nichts sagen und verwiesen auf ihre Verschwiegenheitsplicht als Aufsichtsräte.

Diese Verschwiegenheitsplicht ist, soweit sie „Geschäftsgeheimnisse“ betrifft, strafbewehrt und kann für einen Täter bis zu drei Jahren Gefängnis bedeuten. Wer aber die Vorwürfe und einseitige Details über Marquards angebliches Fehlverhalten lancierte - und warum – ist unklar.

Betriebsrat will Strafanzeige stellen

Weil es nicht zum ersten Mal der Fall ist und die Indiskretion diesmal klar als geschäftsschädigend eingestuft wird, will der Betriebsrat der Stadtwerke Pforzheim am Strafanzeige gegen unbekannt erstatten, wie Betriebsratschef Henry Wiedemann erklärte. „Egal wie die Sache ausgeht, es wird viel verbrannte Erde zurückbleiben“, so Wiedemann.

Ob die SWP-Spitze ebenfalls strafrechtliche Schritte einleiten will, sei noch nicht entschieden, hieß es am Donnerstag.

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