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Schmuckfirma

Pforzheimer Cobra-Fall um verschwundenes Gold und Silber endet mit Freisprüchen

Fast neun Jahre ist es her, dass die Pforzheimer Schmuckfirma Cobra Gold und Silber von Millionenwert verlor und Insolvenz anmeldete. Nun endete der Prozess gegen den angeklagten Geschäftsführer. Und zwar mit Freisprüchen in den zentralen Anklagepunkten.

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Spektakuläres Ende: Richterin Claudia Kreis-Stephan Mitte und das Schöffengericht sprachen den Angeklagten, links, frei im Hauptverfahren. Der Rest wird gegen Zahlung von 2.000 Euro eingestellt. Foto: Kapp

„Dass es so ausgeht, ist eine Sensation. Das ist irre.“ Diese Worte formulierte Joachim Brückner, Chef-Verteidiger im Justizkrimi um verschwundenes Gold und Silber sowie zwölffachen Betrug, dreifache Untreue und Insolvenzverschleppung bei der einstigen Pforzheimer Schmuckfirma Cobra. Deren angeklagter Geschäftsführer wurde am Freitag in den Haupt-Anklagepunkten von der Wirtschaftskammer des Landgerichts Mannheim freigesprochen – nach fast neun Jahren Ermittlung und Prozess.

Zudem wird das Verfahren in zwei weiteren Punkten – Fehler in der Buchführung und falscher Anruf bei der Polizei – gegen eine Zahlung von 2.000 Euro eingestellt. Sein Prokurist war zuvor bereits freigesprochen, das Verfahren gegen seinen Sohn gegen 1.500 Euro Zahlung eingestellt worden.

Staatsanwältin und Verteidiger plädieren auf Freispruch bei Hauptanklagepunkten

Damit folgte das Schöffengericht um die Vorsitzende Richterin Claudia Kreis-Stephan den Anträgen von Staatsanwältin Isa Böhmer sowie Verteidiger Brückner. Der Fall habe „eine ungewöhnliche Wende genommen“, so Böhmer in ihrem Plädoyer. Sie verteidigte dennoch die Anklageschrift: „Sie enthält keine haltlosen Vorwürfe.“ Allerdings lasse sich der Betrug, zumindest beim angeklagten Verschwinden von 1,8 Tonnen Silber, nicht bestätigen. Grund dafür waren Aussagen der geschädigten Hauptkunden, sie hätten „ihr Silber“ im Tag der Insolvenz bei Cobra gesehen. Allerdings habe es nur mündliche Absprachen über einen Eigentumsvorbehalt gegeben. „Völlig diffus“ nannte das Böhmer, die betonte, die Staatsanwaltschaft sei von einer schriftlichen Vereinbarung ausgegangen.

Edelmetall im Wert von 11,86 Millionen Euro verschwunden

Auch habe man nicht nachweisen können, wann Silber und Gold wirklich aus dem Tresor von Cobra verschwanden. Immerhin hatte die Fehlmenge, so zitierte Richterin Kreis-Stephan den Insolvenzverwalter, einen Wert von 11,86 Millionen Euro. Nur: Vieles lief über virtuelle Konten. „Welche Mengen der Firma Cobra abhanden gekommen sind, das weiß kein Mensch“, bilanzierte sie. Entsprechend könne sie „subjektiv und objektiv keine Schuld nachweisen“.

Verteidiger übt scharfe Kritik an Pforzheimer Ermittlern

Das sei „ein Freispruch erster Klasse“, bewertete Verteidiger Brückner. Er bescheinigte zwar Böhmer „Augenmaß“. Die ermittelnden Polizeibeamten in Pforzheim kritisierte er aber scharf. Die hätten „völlig einseitig ermittelt“. Der geschädigte Silber-Kunde etwa sei von der Polizei nie nach einer entsprechenden Vereinbarung gefragt worden, sagte Nebenverteidiger Jan Lendle dieser Redaktion. „Man hat sich in keinster Weise mit Alternativen beschäftigt“, so Brückner. Das Gold aber bleib verschwunden (siehe Stadtgespräch). Brückner und auch Böhmer spekulierten offen, die geschädigte Scheideanstalt könne sich dies teils zurückgeholt haben.

Angeklagter hofft auf Ende der Hetzjagd

Der Angeklagte nutzte sein letztes Wort zu seinem ersten offiziellen Statement in diesem Fall: „Ich hoffe, dass die Hetzjagd vorbei ist, die mich und meine Familie neun Jahre begleitet hat. Und ich möchte mich entschuldigen, wenn durch mein Verhalten jemand zu schaden gekommen ist. Aber ich habe mir nicht so viel vorzuwerfen.“ Der 66-Jährige lebt heute bei seinem Sohn in einer Wohnung und ist bei ihm angestellt. Ein Unternehmen darf der Privatinsolvente nicht führen.

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